Erster Schultag

Datum: 9. November 2015
Position: 31°57,1’N, 014°19,6’W
Etmal: 126 NM
Wetter: Wasser 22°C, Luft 25°C, Wind 2 Bft.
von Jakob

Anders als seit Vigo üblich, wurde ich nicht um 4 Uhr morgens zur Wache geweckt, sondern erst um 7 Uhr zum Frühstück. Das lag daran, dass wir die nächsten vier Tage schon mal ausprobieren wollen, wie es auf dem Atlantik mit dem Unterricht laufen wird. Das Prinzip ist, dass aus jeder Wache immer die Hälfte der Schüler für den Tag Unterricht hat, während die andere Wache schiebt. Am nächsten Tag hat dann der Teil, der Unterricht hatte, Wache, und umgekehrt. Um 7:30 Uhr gab es dann also Frühstück, wonach die Unterrichtsgruppe noch Reinschiff machte, um den Wachen die Arbeit zu erleichtern.

Um 8:45 ging es dann mit dem Unterricht los: zwei Stunden á 45 Minuten Deutsch bei Robin. Wir mussten uns eine Geschichte ausdenken und dann dazu den ersten Satz schreiben. Dann mussten wir das Blatt so falten, dass nur noch die letzte Zeile sichtbar war, und das Ganze dann an den Nachbar übergeben. Dieser sollte zu der Zeile, die er sehen konnte, einen Satz als Fortsetzung der Geschichte schreiben, das Blatt wieder falten und weitergeben. Das taten wir so lange, bis wir unser eigenes Blatt wieder in den Händen hielten. Ungeachtet des Nonsens, der dabei herauskam, erklärte Robin die Stunde für erfolgreich und beendete selbige. 15 Minuten Pause waren uns vergönnt, bis es wieder in die stickige Messe zum Spanischunterricht ging. Wir Schüler überlegten uns Sätze und Vokabeln, die wir für unseren Aufenthalt auf Teneriffa gebrauchen könnten, und Svenja übersetzte sie. 45 Minuten später war die Stunde vorbei, Zeit fürs Mittagessen. Danach noch zwei Stunden Mathe an Deck, bei der wir hauptsächlich lineare Funktionen wiederholten, Pause, Englisch bei Markus, Ende.

Ab 15:30 Uhr waren die Schüler freigestellt, was mir die Gelegenheit gab, an Deck die stehende Wache beim Segelsetzen zu unterstützen. Nach dem Wachwechsel um 16:00 Uhr kam Ulli, unser Kapitän, an Deck und fragte alle Freiwächter und die Wache, ob sie Lust hätten, „etwas auszuprobieren“. Natürlich wollten alle. Es stellte sich heraus, dass Ulli ein Wende fahren wollte, ein auf einem Rahsegler durchaus schwieriges Manöver bei dem es darum geht, mit dem Bug durch den Wind zu fahren. Bei der Wende hängt alles von sekundengenauem Timing ab. Man könnte jetzt ewig darüber schwadronieren, was alles zu beachten ist und welche Tricks es gibt und so weiter und so fort. Um dem Leser solch wichtiges, aber für Nicht-Mitsegler etwas uninteressantes Zeug zu ersparen, will ich nur kurz die Grundzüge erläutern. Zuerst holt man Schwung, indem man etwa 70° zum Wind fährt (hoch am Wind). Dann werden schlagartig die Klüversegel heruntergenommen, während das Ruder beständig immer weiter gedreht wird, um das Schiff in den Wind zu steuern. Bis dahin müssen die Rahen an beiden Masten so weit wie möglich vom Wind weggedreht werden.

Dann kommt der entscheidende Moment, bei dem die Rahsegel zum Teil flattern, zum anderen Teil schon in die falsche Richtung gebläht sind (back stehen). Ist dieser Punkt erreicht, werden blitzartig die Rahen am hinteren Mast komplett in die andere Richtung gedreht (umgebrasst). Wenn alles gut geht, dreht das Schiff weiter rum und die Wende ist erfolgreich. Genau das war bei uns der Fall. Es ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit, dass so ein Manöver klappt, und schon gar nicht beim ersten Mal. Wenn man den entscheidenden Moment auch nur um ein paar Sekunden verpasst, ist es schon vorbei. Wir mögen zwar viele Fehler haben, aber für so eine gelungene Wende — finde ich — haben wir schon Anerkennung verdient. Damit endet ein weiterer Tag auf der Roald… Gute Ruh! 
Jakob

P.S.: Viele Grüße an meine Familie und auch sonst alle, die diesen Blog lesen!
Viel Spass, Phiechen und Conchi am TraditionsMittwoch. Tq D
Olivia schickt liebe Grüße nach Hause 🙂
und k(n)uddel daddel du schickt bei nächtlichen 22 Grad unterm Sternenhimmel ne laaange Umarmung an die Schwentine Biene !o)

LG an Laura

Die Seeseilschaft grüßt nach Zuhause