Helden wie wir – Wache 0-4

Datum: 14. März 2016
Position: 32°05,5’N, 070°20,8’W
Etmal: 83 nm
Wetter: Wasser 21°C, Luft 23°C, Wind 4 Bft.
von Robert & Karo

Ungewohnter Weckstil sorgt für Gesprächsstoff. So aufgeweckt die Diskussion allerdings weniger. Allgemeine müde Partie, Motivation lässt grüßen… Erster Versuch, Stimmung in die Wache zu bekommen – wir nehmen mal Vor- und Grosstengestag weg. Aus delegierter Sicht des Toppsis („Tobi, machst du das..?*“) in schleppender Manier. Hast du deine Leute beisammen, wo sind denn die Leute… Also Schot, Fall, Niederholer… Wer geht denn beifangen… Also, wer geht jetzt befangen…? So viel Wind ist ja nicht, wir haben Zeit. Die Wache lässt sich dann auch „motivieren“, das Grosstengestag beizufangen, Ana (Ausguck) steht daneben und meint „He Leute, das macht ihr aber gut.“ Segelmanöver getan, Tobi geht sich mal ’nen Kaffee holen…

Deckhand-Karo ergreift sich derweil einen Motivierungsschub und fasst die Wache zusammen, um die Brassen durchzuholen – erweitert um eine umfangreiche Entschlackungskur (Lose aus den Tampen, damit die Blöcke nicht gegen Mast oder Wanten pempern – äh schlagen). Toppsi an Steuerfrau: „Vielleicht doch brassen? Das wär jetzt fies…“ Tobi, dessen Kaffee in Jakobs Obsorge auf dem Ruderstand weilt, ergänzt Karos Aktivfrage – „Können wir noch etwas kontrollieren?“ mit „Ja, die Temperatur meines Kaffees.“

Ein altchinesisches Sprichwort besagt: „Eine halbe Wache ist besser zu führen als eine ganze.“ Die nüchterne Erkenntnis des diensthabenden Toppsis. So, aber jetzt. Wir fassen die Wache zusammen für die nächtlichen Theorieeinheiten. Tobi: „Ich muss mal meine Tasse wegtragen“. Verschlusszustand – „Erst dem Schiff eine Kapuze aufsetzen, dann sich selbst“ (Tobis Ergänzung mithilfe von Konfuzius“), dann Thema Feuer und Brandvermeidung. Weitere Sprücheschmettereien: „Wenn Markus in der Pubertät hängengeblieben ist, dann steckt Robin im Kindergarten.“

Langsam schleicht die Roald durch die Nacht, ein wenig zu langsam, Steuerfrau Birgit an Anton, den diensthabenden Rudergänger: „Hey Anton du weißt schon, dass der Rudergänger für die Geschwindigkeit verantwortlich ist?“ Daraufhin Anton „Ja, ihr seid alle zu fett, macht euch mal windschnittiger“ Annähernde Kombüsenparty. Stimmung also doch. „He, Leute – Erik schläft im Hospital“ (die so genannte Kammer im Quergang). Währenddessen draußen auf der Brücke: Karo: „Hey woll’n wir mal versuchen was zu singen? Ich kenne ein sehr schönes afrikanisches Lied…“ Stella, nach den ersten Versuchen: „Eigentlich müssten wir dazu auch ums Spill tanzen…“ Tobi derweil am Ruder: „Ich sag es euch, das sind die letzten Töne. die wir hören werden bevor wir im Bermuda-Dreieck verschwinden, hört endlich auf Aliens zu beschwören!“

Birgit möchte das Vorstenge wieder setzen, Robert verlässt die Tastatur und findet eine tanzende Truppe ums Spill tappsend unverständliche Phonetik singen… Kann’s nicht lassen und meint „Kno mah. Pata mah du. Maht denn der Pata? Kno mah du!). Schnappt sich Ana – setz du! Nach erfolgreichem Setzen wieder auf der Brücke: Nachdem alle ein wenig aufgedreht waren kehrt langsam wieder Ruhe ein, Jona versucht herauszufinden wie seine Jacke in den Br..er (Bakkalutenbande!) gekommen ist, leisere Gespräche und Sternengucker… Es ist halt doch immer wieder etwas besonderes, das Schiff durch die Nacht zu segeln.

Auf der Brücke, Ana: „Ich hab heute im Ausguck schon 2 Sternschnuppen gesehen.“ Daraufhin Saskia: „bei mir waren es 3!“ Stella:“ Ich hab keine gesehen, aber ich hab auch nach vorn geguckt und nicht nach oben.“ Der Innenklüver soll gesetzt werden…wir wollen schließlich Geschwindigkeit machen. Leider weiß das der Wind noch nicht“ (Birgit). Tobi: „So Wache 1 klar zum Manöver äh ich bring mal meine Tasse weg“ er versucht aufzustehen „f**k ich häng fest“

Zwischendurch auf dem Vorschiff: Robert: „Josha warum liegst du da?“ Josha: „Ah ich kann mich auch gern woanders hinlegen.“ Die Wache verroht… Das Malerkreppband, das den in den letzten Tagen liebevoll gestrichenen Poller abgesperrt hat (Markus“ letzte Konsequenz, seinen Poller zu hüten), hat fast überlebt. Geflickt mittels Schotstek auf Zeiser. Das hält. (Robert:) Wenn das so weitergeht, geb ich die Wache nicht so gern ab und bleib bis zu den Azoren. Die sind ja alle so verzückend. Oder freu ich mich doch wieder auf die Halbwache ;-)?
Robert & Karo

  • versteckter Konjunktiv als gebräuchlicher Imperativ an Bord ist implizite Anweisung bzw. Auftrag.
    (Die erwähnten Protagonisten sind beispielhaft erwähnt und sollen die allgemeine Gemütslage spiegeln, vermeintlich individuelle Denunziationen waren nicht beabsichtigt, sondern sind einfach nur liebenswürdig)

Eine Runde übers Schiff

Datum: 8. Dezember 2015
Position: 16°51,7’N, 052°05,9’W
Etmal: 119,5 NM
Wetter: Wasser 26,5 C, Luft 30,5 C, Wind 5 Bft.
von Karo Wewerke

Abendstimmung an Bord. Ich sitze in der Navi am Rechner und schreibe die Tagesmeldung. In der Kombüse ist immer noch Betrieb. Geschirrgeklapper, Stimmen und der etwas eigenwillige Musikgeschmack der Backschaft. Von draußen ertönt das Rauschen des Meeres, ein immerwährender Begleiter auf unserer Reise. An Deck ist es dunkel geworden. Wenn ich aus der Navi trete, steigt mir die frische Seeluft in die Nase und ich spüre den kühlen Wind. Eine angenehme Abwechslung zu den 30° Celsius, die inzwischen durchgehend im Schiffsrumpf, also unter Deck, in allen Kammern und Lasten herrschen. Ich gehe den schmalen Wassergraben am Deckshaus entlang, an der Brücke vorbei auf der die fahrende Wache sitzt, lacht und sich unterhält, passiere den Großtopp und stehe auf dem leeren Deck am Spill. Langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit. Der Himmel ist so unglaublich schwarz und die Sterne leuchten golden in der Nacht. Im Osten steht Orion über dem Horizont, seinen Bogen auf den Stier gerichtet. Etwas weiter oben die Plejaden, Perseus und Kassiopeia. Im Nordwesten: der Schwan noch dicht über dem Horizont.

Ich gehe am Vortopp vorbei und streiche mit der rechten Hand sanft über die Geitaue und Gordinge, die an der Nagelbank belegt sind und bin schon unter der Fock durch nach vorne gelangt. Pegasus mit seinen vier Markanten strahlt mich an und die Milchstraße fängt an zu glitzern und zu funkeln. „Palim Palim, ich hätte gerne eine Flasche Pommes“, das ist Daniel, der dem Ausguck Gesellschaft leistet. Ich lache leise und gehe weiter nach vorne, neben den vorderen Backskisten bleibe ich stehen und halte mich an dem kleinen vorderen Deckshaus fest. Im schwarzen Wasser taucht immer noch ab und zu ein Leuchtplankton auf und Luisa, die wahrscheinlich gerade Ausguck ist, singt irgendwo hinter mir leise „Halleluja“. Die Roald segelt majestätisch durch die Nacht und rollt bedächtig von der einen Seite auf die andere. Wenn ich so den Seegang und Wind spüre, der an meinen Armen vorbeistreicht und in den tiefblauen, beinahe schwarzen Horizont blicke, der mit dem Himmel verschwimmt, dann weiß ich wieder warum ich hier bin und dieses Leben so liebe…

Tja ein bisschen Kitsch ab und zu muss auch mal sein, ihr da draußen müsst schließlich wissen was ihr so verpasst 🙂 außerdem ist Kitsch schließlich nur Kitsch, wenn man ihn nicht gerade erlebt… Tja liebe Leser und liebe Leserinnen. Heute schreibt ausnahmsweise mal kein Schüler die Tagesmeldung, sondern ich, Karo. Ich bin Teil der Stammcrew, wie die meisten hier an Bord auch im November in Kiel gestartet, und liebe Eltern, eines weiß ich inzwischen mit ziemlicher Sicherheit: Eure Kinder sind ganz schön toll!!! Wir haben viel Spaß miteinander und uns inzwischen in die Routine einer Atlantiküberquerung hineingefunden…

Als die Wache 2 heute Morgen um viertel vor vier in die Messe kam, trafen wir dort einen tropfenden Lukas an, die nächtlichen Schauer hatten ihn wohl ein bisschen überrascht, aber nach einem morgendlichem Müsli durfte er ja wieder in die Koje. Der gestrige Abend war dank der von Olli ins Leben gerufenen und sehr beliebten Improtheatergruppe zwar ziemlich lustig, aber auch etwas länger. Trotzdem ging es recht frisch in unsere Morgenwache. Auch die Zeitumstellung meisterten wir recht problemlos. Wir haben keine Risse in Zeitfalten geschaffen und das Raum-Zeit-Kontinuum, soweit ich weiß, nicht gestört. Also sollte keiner von uns versehentlich doppelt weiter existieren, keine Sorge, wir sind einfach eine Stunde länger Wache gegangen und alle anderen haben sich über die zusätzliche Stunde Schlaf gefreut. Nur der Morgensport musste wieder einmal verschoben werden, da pünktlich um sechs Uhr (neue Zeit) und mit dem ersten Licht auch wieder ein bisschen Regen über uns hinweg zog. Zwar war der schnell wieder vorbei und wir oben im Rigg, um die Royal auszupacken, aber das Deck war nass. Vielleicht klappt es morgen wieder‚… Zum Mittagessen gab es Hühnerfrikassee, sehr lecker, und vom Schiffserhalt am Nachmittag konnten uns auch ein, zwei leichte Schauer nicht abhalten. Sobald die vorbei waren, kam die Sonne ja wieder raus. So wurden fleißig Nockzeiser ausgemessen, Grätings von der Brücke geschliffen und neue Zeiser gespleißt. Ab vier stand für meine Wache dann wieder einmal das Thema Sicherheit im Vordergrund. Wir haben uns mit Seenotsignalen auseinandergesetzt. Auch wenn wir sie hoffentlich nie anwenden müssen. Vor dem Abendessen hieß es dann wieder: Klar zum Bergen von Vorroyal und Großroyal und inzwischen gehen ja auch alle, die heute Wache hatten, zum Packen der Segel bis ganz nach oben. Wir waren ziemlich stolz auf euch. Na gut und vom Abend habe ich euch ja schon erzählt, es wird langsam spät und es geht morgen ja wieder früh raus. Ich wünsche euch allen also eine schöne Adventszeit und eine „goude Ruh“.

Ganz liebe Grüße an alle, die die letzten Törns auch mitgefahren sind, vor allem an Heike und Lara, liebe Grüße an alle, mit denen ich schon so gesegelt bin und liebe Grüße an meine liebe Familie, bis bald und macht es gut, eure
Karo

Grüße: Einen lieben Gruß von Kurt an Stefanie&Reinhard und Sabine. Der Wunsch scheint in Erfüllung zu gehen mit den 5 Windstärken es wird immer wahrscheinlicher das wir den „Teich“ komplett segelnd überqueren ohne Motor mit Wind von 3-6 bft und Geschwindigkeiten von 2,5 – 8 Knoten und wenn alles gut geht nach ein sehr guten Zeit von 23 Tagen am Sontag vielleicht den „Haken“ vor einer netten Insel schmeißen und schnorcheln/baden gehn. Euch eine schöne Zeit im Advent.
Hey Ennes, ich vermiss dich echt mega doll und freu mich schon wenn ich in Martinique wieder Netz hab. Hab dich liieeeeb <3 Ach ja das Wasser hier ist sooooooo blau (blauer als on Dormagen!!!)
Cherie alweer een dagske voorbij, vannacht hevige onweersbuien maar vanavond is het rustig met een goed vierke en temperatuur van water en lucht 27° C. Tel af, veel liefs Marc.
Anton schickt Lena und Sarah ein bisschen pre-karibische Vorfreude.
Johannes denkt an Wawa: die Sonne geht auf und tschieeeeht über uns hinweg. Der Mond und die Sterne gehen auf und tschieeeeeehen über uns hinweg‚….. und bald sind wir in Martinique und ich freu mich schon mit euch zu telefonieren.
Der Seebär grüßt seinen Kuschelzwerg, ich vermiss dich.