Aufhören, wenn’s am schönsten ist

Datum: 2. Mai 2016
Position: 53°25,7’N, 004°53,5’E
Etmal: 153 nm
Wetter: Wasser 10°C, Luft 12°C, Wind 5 Bft.
von Julian

Jaja, ich glaube jede Person an Land und auf See hat in den letzten 20 Tagesmeldungen selber lesen können, dass es jetzt langsam mit unserer Reise zu Ende geht. Dies ist auch der Grund, warum ich mich jetzt bei den ganzen melancholisch werdenden Schülern entschuldigen muss, denn ich will nicht, dass so viele Tage einfach nur durch diese Trauer in den Tagesmeldungen geprägt sind. Ich will nicht, dass wir uns weinend voneinander verabschieden, sondern mit einem Lächeln im Gesicht. Deshalb schreibe ich auch nicht dasselbe wie die ganzen vorherigen Schreiber. Nicht über den Abschied, sondern über einen verdammt guten Tag….

Es fing alles damit an, dass ich von Stella zur Backschaft geweckt wurde. Jedoch war irgendetwas anders. Irgendetwas war nicht wie sonst. Ich hatte nicht diese „oh nein, ich habe Backschaft Laune“. Ich war selten so gut gelaunt gewesen und habe noch nie mit so einer Laune Backschaft gehabt. Deshalb blieb ich auch noch kurz in meiner Hängematte liegen und habe mir darüber Gedanken gemacht, was es am 08.05. zum Frühstück geben soll (Ich übernehme eine zusätzliche Backschaft, da ich unbedingt am letzten Morgen in der Kombüse stehen wollte). Mit einer Verspätung von ca. 5 Minuten kam ich dann auch in die Messe, die aufgeräumt war und wo Saskia bereits die Teller gedeckt hatte (was bei 5 min. nach Backschaftsbeginn nicht üblich ist). Der Postkasten, in welchem das dreckige Geschirr landet, war fast ganz leer, was ich bei den letzten beiden Vormittagsbackschaften auch nicht erlebt hatte (hier nochmal ein kleiner Dank an die Nachtwachen). Somit ging es dann auch daran, den Grießbrei für das Frühstück zu machen, also habe ich schnell Milch aus der Dosenlast geholt. Zum Glück genug, damit wir für uns auch noch ein bisschen warmen Kakao machen konnten. Dann habe ich mich in die Messe gehockt und nicht, wie sonst meistens, mit dem Essen beeilt, sondern blieb ganz ruhig sitzen und habe keinen Finger gerührt, bis das nächste Brot aus dem Ofen musste.

Während des Frühstücks hat unser Kapitän Michael uns dann noch ein paar Informationen zum Einklarieren gegeben. Als wir mit dem Abräumen der Messe fertig waren fiel mir ein, dass ich gar nicht wusste, was es zum Mittag geben sollte. Sabine sagte mit, dass es Nudelsalat gibt. Also haben wir uns gleich daran begeben, die Nudeln zu kochen und die ganzen Sachen zu schneiden. Um 11:15 Uhr waren wir dann komplett fertig. Weil es keine Essensausgabe oben gab, hatten wir also mehr oder weniger frei. Deshalb habe ich , während Saskia und Sabine sich um den Abwasch gekümmert haben, dafür gesorgt, dass die Kombüse auf Hochglanz poliert war. Nachdem wir die Kombüse an Melli, Niko und Jorge übergeben hatten, konnten wir auch selber was essen und waren fertig mit unserer Backschaft.

Um 12:15 Uhr ging ich dann schon gut gelaunt in die Wache, wo ich zusammen mit Vitus sofort den Innenklüver ausgepackt habe. Nach dem Setzen war ich ziemlich erstaunt. Wir fuhren ohne Maschine 8,5 Knoten und hatten fast alle Segel gesetzt. Während meiner häufigen Gänge zur Navi ist mir aufgefallen, dass unser Kapitän in der Messe Unterricht gab. Nach einem kurzen Blick auf den heutigen Stundenplan habe ich gemerkt, dass er uns etwas über Krisenkommunikation beibringen will. Leider hatte ich heute keinen Unterricht, aber Leo hat mir bereits gesagt, worum es so ging.

Der Begriff Krisenkommunikation ist ja an sich ziemlich selbsterklärend. Genau, es ging um Kommunikation während einer Krise. So wurden während dieser Unterrichtseinheit mehrere reale Beispiele behandelt. Zum Beispiel die Pressekonferenzen nach dem Unglück eines Germanwings Flugzeuges oder nach der Loveparade 2010. Dabei traten ziemliche Unterschiede zu Tage, die zeigen, womit sich die Unternehmen eher beschäftigt haben. Die Schüler haben also gelernt, worauf es bei einer erfolgreichen Pressekonferenz ankommt. Den restlichen Tag ist nicht viel Interessantes passiert. Deshalb lasse ich die langweiligen/melancholische Sachen aus.
Julian

Grüße: Ich grüße meine ganze Familie und alle, die in ein paar Tagen in Kiel dabei sein werden.

Der „beste“ Tag meines Lebens

Datum: 9. April 2016
Position: 37°48,0’N, 026°26,2’W (Azoren)
Etmal: 117 nm
Wetter: Wasser 15°C, Luft 16°C, Wind NNE, 4 Bft.
von Julian

Es gibt verschiedene Wege, wie Leute am liebsten aufstehen. Manche machen gerne Sport und andere hätten am liebsten ein Frühstück am Bett. Meistens kommt es jedoch auf den Weckenden an, als ich von Robin aus meinen Träumen gezerrt wurde, verkündete er die frohe Botschaft, dass ich heute eine Klausur schreiben werde. Als ich dann aus meiner Koje gehüpft bin (nachdem ich mir mal wieder den Kopf am Bullauge geschlagen habe) und etwas ungelenk aufgekommen bin, musste ich erst mal die Toilette aufsuchen. Da alle besetzt waren, stand ich im Gang und hab meinen Gedanken freien Lauf gelassen. 10 Minuten später war endlich ein Klo frei geworden, doch es roch, als hätte dort jemand einen Gasangriff verübt. Damit fertig spürte ich, wie mein Magen sich meldete und ich bin zum Frühstück gegangen. Nachdem ich durch den Tiegergang „gestolpert“ war, hoffte ich in Ruhe essen zu können, aber dem war nicht so. Ich habe schnell ein Brötchen und etwas Obstsalat vertilgt, bevor ich mich dem Reinschiff widmete.

„Endlich fertig“ dachte ich, „so jetzt noch ein bisschen für die Arbeit lernen“. Deshalb setzte ich mich bei laufendem Motor in meine Koje und habe versucht, Englisch zu lernen. Für jene, die noch nie mit einem Schiff unterwegs waren, stellt euch vor ein Fernseher ist auf die lauteste Lautstärke gestellt und es kommt ein durchgängiges Störgeräusch, dazu werdet ihr noch von einer Wand zu der anderen geworfen und ihr versucht euch zu konzentrieren. Als ich den von Anfang an zum Scheitern verurteilten Versuch zu lernen aufgab, musste ich schon in die Messe, um mich der Klausur zu stellen. Als ich kurz vor der Vollendung der Arbeit war und mir schon vorstellte, wie ich mit einem Lächeln aus der Messe rausgehe, schoss mir auf einmal etwas durch den Kopf, was ich seit ungefähr 5 Wochen verdrängt hatte. Meine nächste Tagesmeldung.

„Und das ausgerechnet heute“ dachte ich, als ich mir in der nächsten Unterrichtsstunde den Kopf zermarterte, weil mir nicht einfiel worüber ich schreiben sollte. Nach dem Mittag kam die nächste Hiobsbotschaft. Ich habe morgen fast den ganzen Tag Backschaft. Vormittags laut Plan und Nachmittags ab 15:00, weil ich ab da Luisas Backschaft übernehmen muss. Und als wäre das alles nicht genug, ist morgen auch noch viel zu tun, da Leo Geburtstag hat und ein Großreinschiff ansteht. Mit diesen freudigen Nachrichten startete ich in den Nachmittag. Als ich Geschichte und Politik überlebt hatte und ich Deutsch auch fast geschafft hatte, freute ich mich schon darauf, dass es um 16:00 Uhr ein All Hands gibt um alles fürs Anlegen in Ponta Delgada (Azoren) fertig zu machen. Nach Stundenende hieß es also erst mal Gurt und Jacke an, schnell das Kuchenstück essen und dann ab zum Segel packen.

Dann kurzes Einteilen für die Stationen, ich wollte mich für das Landkommando melden, doch kam ich leider zu spät, also nahm ich einen Fender. Wir kamen immer näher und wir hatten vor dem Einlaufen ein gutes Gefühl, da wir neben einer Aida anlegen sollten und die Anlegestelle sehr nah an der Stadt war. Doch als wir gerade die Hafenmauer passiert hatten kam die Nachricht, dass uns ein anderer Platz zugewiesen wurde. Uns wurde schnell klar, dass es von dort ein sehr viel weiterer Weg in die Stadt ist. Trotzdem ließen wir es uns nicht nehmen, nach dem Anlegen (es war bereits 19:30) noc hmal an Land zu gehen, deshalb haben wir schnell die Hafenwachen eingeteilt. Ich hatte 22-23 und da Landgang sowieso nur bis 22 Uhr war, hatte ich auch nichts dagegen. Als ich dann mit Bene und Luisa losgegangen war, um die Stadt zu sehen, fiel mir ein, dass wir in unserer Wache Brötchenteig machen mussten. Am Schiff angekommen haben wir darum gespielt und ich habe natürlich, wie könnte es auch anders sein, verloren.

Also stand ich eine ganze Stunde in der Kombüse, bis ich endlich mit den 6 kg Brötchenteig fertig war. So, Brötchenteig fertig, Wache vorbei und jetzt nur noch schlafen gehen, aber mein Unterbewusstsein hatte noch ein Ass im Ärmel. Ich musste noch meine Sachen für den Kammerwechsel packen. Um 23:45 Uhr konnte ich dann aber auch meine 6 verdienten Stunden Schlaf ausnutzen. Das Schreiben der Tagesmeldung habe ich einfach (zu Robins Leidwesen) um einen Tag nach hinten verschoben .
Julian

Grüße: Karo grüßt Ella