Der perfekte Tag

Datum: 29. November 2017
Position: 18°10,0’N, 027°45,9’W
Etmal: 100 NM
Wetter: Wasser 26°C, Luft 27°C, Wind 4 Bft.
von Eike

Aufstehen: „Du hast in einer halben Stunde Wache. Es sind 26 Grad warm und es ist trocken – perfektes Wetter für kurze Hose und T-Shirt.“ Ich stehe auf und mache mich fertig. Einige Minuten später stehe ich in der Messe und trinke eine Mug Kaffee, um wach zu werden. Als ich auf die Uhr schaue, merke ich, dass ich in fünf Minuten fertig angezogen mit Gurt an Deck stehen muss. Ich schaffe es pünktlich zum Wachwechsel, mein Toppsgast sagt mir, ich solle bitte den Rudergänger ablösen. Daraufhin melde ich mich bei meinem Steuermann mit dem Kurs 270 Grad in Richtung Martinique und übernehme das Ruder.

Der Kurs ist nicht schwer zu halten, alle 5 Min. 2 Grad Ruderlage Backbord und wieder 2 Grad Steuerbord. Durch ein bisschen Seegang gerät in der Kombüse einiges durcheinander und man hört Töpfe und Deckel scheppern… ich verfalle ins Träumen und denke es sei ein sonniger Tag mit 26 Grad und einer leichten Windbriese, die durch alle Kammern fegt. An solchen Tagen würde ich ungern zurück in die Kälte nach Deutschland. Ich habe zwar 0-4-Wache, lasse mich aber am Morgen um 6:30 Uhr wecken, um den Sonnenaufgang und das Frühstück genießen zu können. Zur Morgenwäsche gehe ich mit meinem Handtuch und einer Pütz zum Achterschiff, um mich mit einer Pütz tiefblauem Atlantik-Wasser abzuduschen und frisch zu machen.

Nach dem Duschen setze ich mich in die Messe, um das Frühstück am „Seemanns-Sonntag“ (=Donnerstag) zu genießen: Es gibt Pfannkuchen, Rührei und Obstsalat. Nach dem Frühstück setze ich mich an Deck, um die Morgensonne zu genießen und etwas Sonne zu tanken. Am Frühstückstisch wurde schon vom Kapitän Friedrich bekannt gegeben, dass wir am Mittag einen Badestopp zur Abkühlung einlegen werden. Auf einmal sagt TomL aus dem Rigg: „Wale an Steuerbord querab.“ Kurzerhand stehe ich auf und wende meinen Blick nach Steuerbord, als prompt in diesem Moment ein Wal auftaucht und eine riesen Wasser-Fontäne ausbläst. Ein Moment, der mir jedes Mal Gänsehaut verschafft. Kurz darauf taucht der Wal wieder ab.

Um mir etwas Ablenkung und Ruhe zu bescheren, gehe ich unter Deck und hole mein Buch, da ich Lust dazu habe, meine Nase in mein Buch zu stecken und etwas zu verweilen. Nach einer Weile des Lesens höre ich die Schiffsglocke läuten, gehe zur „Futterluke“, um mir ein Stück des gestern gefangenen Fisches zu holen und es auf der Brücke zu genießen. Nach dem Wachwechsel sagt unser Toppsi: „Klar zum Bergen der Segel und Klar zum Ausbringen der Lotsenleiter an Lee.“ Ich helfe die Lotsenleiter auszubringen, während die anderen die Segel bergen. Dann war es soweit: Friedrich eröffnet das „große Planschbecken“ und die ersten springen ins Wasser. Nach fünf Minuten kommen dann auch noch Delfine vorbei und wir genießen den Rest des Mittags. Nach unserem Badestopp setzen wir wieder alle Segel und gehen wieder auf Kurs. Am Ende des Tages bergen wir die Royals und den Außenklüver, um die Nachtbesegelung herzustellen und ich freue mich auf den nächsten Programmpunkt des Abends, denn wir schauen „Titanic“ auf dem Großstengestagsegel. Über uns der Himmel mit funkelnden Sternen und Sternschnuppen.

Auf einmal spüre ich ein starkes Schaukeln im Schiff und höre eine Stimme: „Neuer Kurs 275 Grad.“ Ich erwache aus meinem Traum, wiederhole schnell das Ruderkommando und ich merke, dass ich diesen perfekten Tag auf der Roald „nur“ geträumt habe. Schade! Wir können den Wind nach Martinique nicht ändern, aber die Segel richtig brassen und trimmen und hoffen, dass wir es planmäßig schaffen in unseren nächsten Zielhafen einzulaufen.
Eike

P.S.
1. Eike grüßt seine Eltern, die ganze Familie und alle an Land und drückt alle ganz lieb. ; )
2. Ganz liebe Grüße an meine Familie und Freunde in Hamburg (und auch sonst überall), mir geht“s
immer noch bestens – ich genieße die Sonne. An meine Klasse: Mathe kann auch schwerer
sein! (Anouk)
3. Liebe Mamita, herzlichste Glückwünsche zum Geburtstag und eine imaginäre Buddel prall gefüllt
mit Hochsommer mitten vom Atlantik. Nine
4. Ich wünsche meiner kompletten Familie eine schöne Adventszeit, macht es euch gemütlich im
heimischen Winter. (Greta)