Datum: 24. März 2018
Position: 38°31,8’N, 028°37,5’W
Etmal: 0 NM
Wetter: Wasser 17°C, Luft 18°C, Windstärke 1
von Greta
Da wir jetzt doch wieder einige Zeit auf dem Meer waren und ein Schiff viele Verschleißgegenstände hat, bedeutet das für uns hier im Hafen erst einmal Schiffserhalt. Wir sind jetzt schon über 5 Monate mit der Roald unterwegs, da geht so einiges kaputt und es gibt viele Sachen, an denen man nur im Hafen arbeiten kann. Also haben wir uns alle morgens zum All-Hands an Deck versammelt und besprochen, welche Arbeiten anstehen. Alle haben einen Zettel mit ihren Aufgaben bekommen und dann ging das große Gewusel los. Alle haben sich ihr Werkzeug zusammen gesucht und die Stammcrew, von der nicht selten mehrere Schüler gleichzeitig etwas wollten, ziemlich auf Trab gehalten. Dann ging es los: Es wurde ins Rigg aufgeentert, geölt, gefettet, gestrichen, es wurden Stahlseile zum „Labsalen“ abgelassen, Segel genäht und noch einiges mehr. Das ganze Deck lag voll mit Planen und Werkzeug, dazwischen saßen Leute in ihre Arbeit vertieft und von oben hört man die Rufe, von den Leuten, die übers ganze Rigg verteilt arbeiteten.
Meine Aufgabe war es, die Holzblöcke am Vortopp zu ölen. Also band ich mir mein Ölkännchen an den Gurt und enterte auf. Als ich so bei der Arbeit war, schaute ich mich um und musste daran denken, dass ich all diese Leute bald nicht mehr jeden Tag sehen werde. Janis, der eine Rah über mir fluchend mit seiner Fettpresse stand, weil er den falschen Aufsatz hatte; Max, der zum ersten Mal bis zur Toppflagge geklettert war und sich darüber freute; Anouk, die – als wäre es ganz selbstverständlich – in ihrem Bootsmannsstuhl saß und Fotos als Erinnerung für ihre Mutter machen ließ, während sie fleißig weiter arbeitete; genauso wie Ly, unser kleiner verpeilter, sehr liebenswerter „Waldorf-Hippie“ hier an Bord; Milena, die unten an Deck arbeitete, weil ihr die Höhe nicht so liegt … – wie soll ich mich bald einfach von all diesen Menschen um mich herum verabschieden? Wir haben heute genau noch 4 Wochen miteinander, die wir alle noch einmal in vollen Zügen auskosten werden!
Und dann heißt es: Abschied nehmen. Natürlich freue ich mich schon tierisch darauf, wieder nach Hause zu kommen, meine Familie und meine Freunde zu sehen; aber ich habe auch ziemlich Respekt vor diesem Tag. Denn wie soll ich es schaffen, einfach ins Auto zu steigen und die Menschen, mit denen ich ein halbes Jahr fast 24/7 verbracht habe und die in dieser Zeit wie eine Ersatzfamilie waren, einfach verabschieden? Wir haben so viel miteinander erlebt, so tolle Sachen gesehen und nichts war uns peinlich voreinander. Egal wie verschlafen du morgens in die Messe gekommen bist, ob du 4 Tage nicht geduscht hast, kotzend über der Rehling hingst, Heimweh hattest,… es war in Ordnung! Die Leute haben dich in allen Lebenssituationen erlebt, haben dich aufgebaut und es gab immer jemanden, zu dem du kommen konntest, wenn du jemanden zum Reden brauchtest. Wir kennen uns mittlerweile so gut, kennen durch die unzähligen gemeinsamen Nachtwachen die halbe Lebensgeschichte sowie die jeweiligen Eigenarten der meisten von uns. Ich muss sagen, ich werde diesen „durchgeknallten, bunten Haufen“ hier ganz schön vermissen!
Greta