Auf See

Datum: 9. März 2018
Position: 29°01,9’N, 070°15,6’W
Etmal: 165 NM
Wetter: Wasser 22°C, Luft 22°C, Windstärke 5
von Benedict

Der Atlantik unserer Rückreise ist auf eine seltsame Weise total unvorhersehbar – ganz und gar nicht wie der unserer Hinreise. In den letzten zwei Tagen hatten wir schon alle möglichen Wetterlagen, wie zum Beispiel Sonne, Regen, viel Wind, wenig Wind, wenig und viel Seegang sowie Gewitter. So hatte ich wieder eines dieser genialen Segelerlebnisse: nachts bei Wind und Regen die Royal einpacken zu dürfen. Das Gefühl, mit etwas Starkem und Unberechenbarem zu kämpfen, ist aufregend.

Als meine Wache zu Ende war und ich mich in meine Koje begeben konnte, hatte ich einen seltsamen Traum, an den ich mich aber nicht mehr erinnern kann. Jedenfalls wurde ich aus diesem damit geweckt, dass man mich wie einen berühmten Schauspieler oder Musiker um ein Autogramm bat. Das ist unsere neue Methode, um „sicherzustellen“, jemanden (in diesem Fall mich) aufzuwecken. Man geht hin, sagt: „Aufwachen! Unterschrift bitte!“, bekommt die Unterschrift und geht wieder aus der Kammer raus. Schlussendlich steht dann auf dem Zettel die Unterschrift, mit der man bestätigt, dass die jeweilige Person wach ist, eventuell schlummert die Person (sowie ich) jedoch friedlich in seiner Koje weiter. Wie ihr es euch denken könnt, war ich heute zu spät beim Wachwechsel, das hieß, dass ich also eine halbe Stunde länger Wache gehen musste. Die 4-8-Wache ging aber schnell vorbei, weil wir immer viel zu tun haben.

Nach dem Mittagessen ging es damit weiter, dass uns Schülern eine Klassenarbeit in Biologie bevorstand. Die „Luv-Klasse“ war um 13:00 Uhr dran, während die „Lee-Klasse“, darunter unter anderem auch ich, versuchte, bis zur letzten Minute zu lernen, denn um 13:45 Uhr waren wir dann dran. Die Klassenarbeit dauerte nicht allzu lange und ich denke, die meisten von uns hatten ein gutes Gefühl danach! Nach dem Abendessen hatten wir noch einen tollen Kurs bei unserem neuen Kapitän Thilo. Im Kurs geht es darum, die ganzen Navigationsmittel und Verkehrsregeln besser kennenzulernen, um später (nach HSHS) den Sportboot-Führerschein erlangen zu können. Der Tag endete damit, dass es wieder zu regnen begann.
Benedict

PS.
1. Alles Gute zum 17., Jannis! Grüße, Eike.
2. Mike grüßt Trixi & Eva S.
3. Verena grüßt ihre Kuschelwache
4. Karo grüßt L.

Shelter Bay Marina

Datum: 29. Januar 2018
Position: 09°22,10’N, 079°57,0’W
Etmal: NM
Wetter: Wasser 29°C, Luft 28°C, Windstärke 5
von Benedict

Heute ist wieder einmal ein Montag, den normalerweise alle nicht mögen, weil man da entweder zur Arbeit muss, oder in die Schule geht. Bei uns spielen die Wochentage aber keine große Rolle, weil man hier kein Zeitgefühl hat. Aber heute, Montagmorgen, ging nach dem längeren Landaufenthalt dann auch bei uns die Schule wieder los.

Montagnachmittag: Ein Vogel fliegt an mir vorbei und landet auf dem Metallgeländer der Terrasse. Er ist marineblau wie das Wasser eines japanischen Meeresgemäldes. Sein Schwanz ist so groß wie sein eigener Körper. Wenn er läuft, hört man seine Krallen auf dem Boden schaben. Er hat kleine gelbe Augen, mit denen er seine nächste Beute zielgenau fokussiert. Er ist dünn und elegant.

Ich sitze auf der Terrasse des Hafengebäudes und schaue mir die Yachten an. Es sind momentan viele Yachten im Hafen, die von überall der Welt herkommen, z.B. von den Bahamas, von Jamaika, aus Kanada, viele amerikanische und sogar ein schweizerischer Katamaran haben hier ein vorübergehendes Zuhause gefunden. Wie ich im Gespräch mit einem Amerikaner erfahren habe, war der Hafen früher ein amerikanischer Militärstützpunkt. Die Basis diente dazu, den Panamakanal zu kontrollieren, heutzutage benutzt man sie, um verhaftete Drogenhändler nach Panama-City auszufliegen und auch Piloten auszubilden. Im angrenzenden Dschungel liegen noch verborgene Bunker, die früher als Munitionslager benutzt wurden, heute schwingen Affen in deren Ruinen. Gestern lag hier auch noch eine riesige japanische Yacht, die extrem luxuriös aussah: Der Bug dunkelrot, oben weiß und an der Seite, eine leuchtend hellrote japanische Schrift. Die Bucht wird von einem riesigen Wellenbrecher geschützt, trotzdem ist der Wind ziemlich stark und bringt die Zipfel der hohen Palmen zu Neige.

Am Abend lauschte ich noch dem Referat von Tom B. über den Nord-Ostsee-Kanal, den wir abschließend mit dem Panamakanal verglichen. Der Panamakanal macht 40 Prozent des Landeseinkommens aus. Würde der Nicaraguakanal fertiggestellt werden, würde er sehr wahrscheinlich ziemlich schnell dafür sorgen, dass der Panamakanal bankrott ginge. Kurz vor dem Einschlafen gehe ich noch einmal an Deck und lausche den Geräuschen: Ich höre hauptsächlich Grillen, aber auch ein paar Affen, die in der Ferne kreischen. Eine schöne Nacht!
Benedict

P.S.:
Ich grüße jetzt aus Prinzip alle coolen Leute, die ich bisher in Costa Rica kennengelernt habe. Grüße gehen also an: Flo, Steffen, Leon, Carlos, Leche, Roland und dem Zirkusfreund Dario. Benedict