Schiffserhalt und ziemlich viel gutes Essen

Datum: 11. April 2018
Position: 50°36,5’N, 002°26,7’W
Etmal: 12 NM
Wetter: Wasser 10°C, Luft 15°C, Windstärke 3-4
von Rosa

Der Tag, über den ich schreiben muss, ist schon ein paar Tage her, ich glaube, es war der 11.04., zum Glück weiß ich noch mehr oder weniger genau, was an dem Tag passiert ist: Der Tag ging los, wie jeder andere im Hafen auch, mit Wecken um 7:00 Uhr, Frühstück und anschließend All-Hands. Bei diesem wurde verkündet, dass heute den ganzen Tag Schiffserhalt anstehen würde. Damit das Ganze etwas entzerrt wird, würden wir das in zwei Gruppen machen. Die eine Gruppe vormittags und die andere nachmittags, wer nicht Schiffserhalt hat, dürfe an Land gehen.

Da ich in der ersten Gruppe war, beschäftigte ich mich zunächst einmal mit Schiffserhalt. Nockzeiser erneuern, Gordingleitbänsel austauschen, Bretter verschieben (das hat bestimmt 3 Stunden gedauert, in denen Max in seinem Gurt mit der Hilfe von zwei Grummets in den Wanten hing und der gesamte Bereich unter dem Brett abgesperrt war), Taklinge nähen, Spleißen, Segel nähen… es gab allerlei zu tun. Ich für meinen Teil erneuerte erst ein Gordingleitbänsel, das ist so ein kleines Tau, das an der einen Seite am Jackstag fest ist und an der anderen Seite am Gording fest gespleißt ist, damit der Gording „weiß wo er hin muss“, und dann half ich Anouk beim Tausendfüßler festmachen. Das war eigentlich recht witzig, sie saß doppelt und dreifach gesichert auf einem Bootsmannsstuhl, mit dem sie am Großstengestag Fall hochgezogen war, um den Tausendfüßler (ein langes Stück Hüsing, an das ganz viele kleine Stücke Tau geknotet sind), um das Stag zu wickeln. Ich saß auf der Obermars, auch mehrfach gesichert, um ihr den gefühlt hundert Meter langen Puschel anzugeben und ihn bei Bedarf zu „enttüddeln“ oder festzuziehen. Diese Arbeit machten wir immer so lange, bis ein Schiff an uns vorbei fuhr, dann pausierten wir kurz, winkten und nahmen dann unsere Arbeit wieder auf. Mein Job war jetzt nicht sooo anspruchsvoll, aber echt entspannt und durch das Gespräch mit Nuuuki auch recht unterhaltsam.

Zum Mittag gab es dann Burger, die sich jeder selbst so zusammenstellen konnte, wie er wollte. Verschiedenste Soßen, Avocado, Paprika, Tomaten, Gurken, Käse, angebratene Zwiebeln, Peties, Spiegeleier für die Veggies…. High-Seas-Schüler und Lehrer sowie Stammcrew im 7. Himmel und dann auch noch jeder zwei! Das war echt ein Highlight, das wir uns durch vier Stunden Schiffserhalt aber er auch echt verdient hatten. Am Nachmittag gab es dann noch einmal Landgang, während die andere Gruppe werkelte. Abends, als alle Arbeiten beendet waren, kam dann noch der Proviant, mit ziemlich vielem, ziemlich leckerem Zeug: Erdbeeren, Pflaumen, frischer Spinat, Cornflakes, Lachs und große Mengen an Gemüse und Obst – das wird ein Festschmaus!

So gegen 20:00 Uhr gingen dann die meisten von uns an Land und ich feierte mit ein paar anderen Leuten meinen Geburtstag nach. So ging auch dieser schöne Tag in Weymouth zu Ende, der vermutlich auch unser letzter war, da der neue/alte Kapitän (Thomas) – wie er uns mitteilte, als wir ihm zufällig auf der Straße begegneten – am liebsten morgen auslaufen würde! Naja, mal schauen. Ach ja heute sind schon die ersten Mitglieder der neuen Stammcrew bei uns aufgelaufen. Vor allem Heike und Andreas wurden stürmisch begrüßt und Thomas auch, zumindest von denen, die ihn auf der Straße getroffen haben.
Rosa

Something is different…

Datum: 7. April 2018
Position: 49°21,3’N, 008°18,2’W
Etmal: 95 NM
Wetter: Wasser 10°C, Luft 14°C, Windstärke 4
von Rosa

Anmerkung der Redaktion: Diese Tagesmeldung ist an eine Tagesmeldung von Isa (vor ungefähr drei Monaten) gerichtet, in der es darum ging, dass Roald Amundsen zurück auf das Schiff gekommen sei, aber nicht mit den Personen an Bord reden konnte. In meiner Tagesmeldung passiert dieses Szenario noch mal, nur dass dieses Mal (fast) alles anders ist:
*Puff*, ein lauter Knall gefolgt von einem Lichtblitz ertönt. Huch, wo bin ich denn hier gelandet und wo ist mein Schiff hin? War ich nicht gerade noch am Südpol? Aber Moment, irgendwoher kenne ich diese Umgebung schon. Ja genau, vor ungefähr vier Monaten war ich schon einmal hier. Ich befinde mich auf einer Art Urlaubsdampfer, der genau so heißt wie ich: Roald Amundsen. An Bord sind zwar immer noch die Kinder vom letzten Jahr, aber irgendwie ist alles anders. Ein Großteil der Besatzung scheint ausgewechselt und auch die Kinder sehen anders aus: älter, erwachsener und erfahrener – zusammen eben wie eine richtige Crew! Und viele der Kinder haben kürzere Haare – seltsam! Aber auch die (Meeres-) Zone, in der das Schiff unterwegs ist, ist eine andere. Es ist viel kälter, natürlich nicht so kalt wie am Südpol, aber trotzdem kälter als da, wo dieses Schiff vorher war. In den Gängen hängen allerlei komische Plakate…

Auf einem steht: „Stell dir vor, du kommst nach 190 Tagen und 27.000 Seemeilen nach Hause und wirst gefragt: Wie war“s? Was denkst du? Wie fühlst du dich? Was antwortest du?“. Auf dem nächsten Plakat steht: „Dein letzter Satz in der allerletzten Tagesmeldung – Ideen, Anregungen Texte“ Mhm, was ist eine Tagesmeldung? Naja, ich gehe mal weiter, vielleicht finde ich es ja noch heraus. Auf meinem Weg durch das Schiff sehe ich noch ein letztes Plakat: „Die Einteilung der letzten Wachen dieser Reise übernehme ich, aber ihr dürft gerne Wünsche äußern.“ So langsam glaube ich zu verstehen, was all diese Plakate bedeuten: Die Reise dieses Schiffes ist bald vorbei. Aber ist das denn keine gute Nachricht? Wenn ich mit meiner Crew von Expeditionen zurückkomme, freue ich mich immer furchtbar auf zu Hause! Aber wenn ich mir so die Schüler anschaue, die an den Plakaten vorbei gehen, sehen sie eher bedrückt, in sich gekehrt, nachdenklich aus. Naja, jeder wie er mag. Mittlerweile bin ich in der Messe, auch hier ist alles ein wenig seltsam. Überall sitzen Kinder, die irgendwas in bunt bemalte Heftchen schreiben, auf denen Namen stehen. Dort angekommen, darf ich feststellen, dass in der Navi alles noch beim Alten ist – obwohl auf dem Kartentisch liegen ganz andere Karten. England? Was wollen sie denn da? *Puff* knallt es laut gefolgt von einem Blitz*
Rosa