Schreibblockade

Datum: 4. April .2018
Position: 47°11,7’N, 016°06,7’W
Etmal: 105 NM
Wetter: Wasser 12°C, Luft 12°C, Windstärke 3
von Max

Ich liege in meiner Koje drin, der ich bin etwas zu groß,
wobei der Laptop liegt auf meinem Schoss.
Ich höre, wie das Wasser an der Bordwand neben mir vorbeifließt
und wie der Wind oben an Deck in die Segel schießt.
Ich erinnere mich an den gestrigen Tag zurück,
ich erinnere mich erstmals kein Stück.
Wahrscheinlich liegt“s daran,
dass jeder Tag hier ist so unendlich lang.
Ich glaub ich entsinne mich,
der Tag begann mit der Wache von 0:00 bis 4:00,
neun Trainees waren wir.
Eigentlich hat eine Wache ja zehn,
doch einer muss jeden Morgen um 6:00 Uhr zur Backschaft gehn.
Drum lässt man ihn noch liegen,
damit wir am Tage was Gutes zum Essen kriegen.
In der Wache war Andy Tagestoppsgast,
und wir Trainees haben eher wenig gemacht.
Von der Wache ganz müde und stumm,
fiel ich in der Koje tot um.
Zum Mittag kam ich aus meinem Sarg,
gegessen hab ich Couscous mit Quark.
Danach sauste ich zu meinem Hacken,
und zog sie an, die Jacke mit dem hohen Kragen.
In der Wache hatten wir große Flaute,
und haben geschrieben die Mathearbeit, die ich ziemlich verhaute.
Drum hoffe ich, meine lieben Eltern sind mir nicht böse,
wenn wir kommen am 21. zurück mit viel Getöse.
Zum Abendessen gab“s ein Highlight:
selbstgemachte Brezeln, für uns so viel Wert, wie damals Salbei.
Gegen acht bracht ich schnell bei Tamina Schach.
Kurz darauf setzte ich sie auch schon matt und war der Sieger,
so wie mein Opa beim Schach die Gegenspieler.
Danach ging ich geradewegs in meine Koje,
um zu zählen die Schäfchen, springend über eine Boje.
Max

P.S.:
1. Liebe Grüße nach Tatern. 😉 (Paul)
2. Liebe Grüße nach Deutschland, Frankreich und irgendwohin nach Asien. Mama, ich freue mich sehr auf dich und Zuhause und Schnitzel, Papa, freue mich sehr, wenn wir mal wieder mit der Enjoy segeln gehen. (Max)
3. Hi Nan, Il arrive on the 10th in Weymouth. Il will call you as soon I`“ve got my Phone and tell you the other Infos. With greetings from Benedict

Unterricht an Board vs. Unterricht zu Hause

Datum: 27. Februar 2018
Position: 24°28,0’N, 075°11,4’W
Etmal: 136 NM
Wetter: Wasser 25°C, Luft 24°C, Windstärke 4
von Max

1. Runde: Ding, Ding, Ding
DER SCHULWEG
zu Hause: 10 Minuten Fußmarsch, dann 4 Stadtionen S-Bahn, darauf folgen 3 Stadtionen mit dem Bus und dann noch einmal 5 Minuten zu Fuß laufen.
an Bord: Circa 5 bis 15 Sekunden „Fußmarsch“ in die Messe (= Klassenraum/ Esszimmer/ Wohnzimmer) – jeweils abhängig von der Kammerlage innerhalb des Schiffes.

2. Runde: Ding, Ding, Ding
DER DRESSCODE
zu Hause: Keine Leggins, keine Hotpants, keine Jogginghosen.
an Bord: Oberkörperfrei ist verboten, (angesichts der „karibischen“ Temperaturen) wird oft gesehen die Shorts/ Badehose.

3. Runde: Ding, Ding, Ding
DIE LEHRER
zu Hause: Mindestens über 10 verschiedene Lehrer, man siezt diese und kennt sie kaum persönlich.
an Bord: Maximal 4 Lehrer für alle Fächer, wir duzen diese, wir leben mit ihnen auf einem ganz engen Fleck den ganzen Tag/ Woche/ Monate zusammen, im umfassenderen Sinne sind
sie unsere Bezugspersonen an Board.

4. Runde: Ding, Ding, Ding
SÄTZE DIE MAN IM UNTERICHT HÖRT
zu Hause: „Tut mir leid, dass ich zu spät komme, mein Wecker hat nicht geklingelt“; „Darf ich auf die Toilette gehen?“, …
an Bord: „Katharina, können wir gleich kurz den Geschichtsunterricht unterbrechen und hoch an Deck gehen, um uns die Bucht von Guantanamo Bay, an der wir gerade vorbeifahren, anschauen?“; „Verena, können wir uns die Delfine am Bug anschauen?“; Katharina kommt gegen Ende des Mathe-Unterrichts in die Messer und hält ein Schild hoch, auf dem steht: „Deutsch entfällt heute – spontaner Badestopp!“ oder: „Tut mir leid, dass ich zu spät bin, ich musste noch helfen, das Großsegel zu bergen.“ oder auch: „Christine, eine große Welle hat mich an Deck und mein Heft erwischt, das jetzt, inklusive mir, komplett nass ist.“

Obwohl mir während des Unterrichts aufgrund des Seeganges oft die Stifte und die Hefte herunterfallen und ich mich verschreibe, mag ich den Unterricht auf der Roald gerade deswegen lieber als zu Hause, weil man das Wissen, das man sich aneignet, gleich darauf anwenden kann. Ich mag es sehr, in den Pausen an Deck zu gehen, um frische Luft zu schnappen und aufs Meer zu schauen und sich einfach den Wind um die Ohren pusten zu lassen. Das ist besser als jeder Schulhof der Welt! Den „Fight“ gewinnt für mich eindeutig der Unterricht an Bord!
Max

P.S.:
1. Mama, ich wünsche dir alles, alles Gute zum Geburtstag! Ich hoffe, du hast einen schönen Tag und ich schick dir ganz viele sonnige Grüße! Hab dich ganz doll lieb!! Milena