Baden in der Biskaya

Datum: 27. Oktober 2015
Position: 44°06,0’N, 008°31,8’W
Etmal: 89 NM
Wetter: Wasser 15,5°C, Luft 15°C, Wind 6 Bft.
von Luisa

Als ich heute Morgen aufwachte, dachte ich nicht dass dieser Tag so spektakulär enden würde. In der 4-8 Wache war es ungewöhnlich hell, denn wir hatten Vollmond. Dieser leuchtete fast die ganze Wache über hell und gelb. Ganz besonders war es, dass wir gegen 6:30 Uhr einen Regenbogen im Mondschein gesehen haben. Nach der Wache und einem schnellen Frühstück legte ich mich in die Koje, das war eine ganz schöne Schaukelei. Der Kapitän sprach später von einigen Böen bis zu 50 Knoten, das entspricht zehn Windstärken, Sturm! Als ich aufwachte, zeigte sich der Seegang deutlich in meiner Kammer – Auf dem Boden lagen überall Schuhe, Klamotten und Taschen von mir und meinen Mitbewohnerinnen herum. Auch in der Dosenlast war nicht alles seefest genug gestaut worden. Es gab ein paar zerbrochene Gläser. Aber wir werden auch ohne die fünf Gläser Erdnussbutter nach Spanien kommen (Ich hasse Erdnussbutter!).

Nachmittags hatten wir unsere zweite Schülerversammlung. Danach ging es wieder zur Wache. Am Anfang unserer Wache entdeckten wir eine Naht im Großstengestagsegel (ein Segel zwischen Groß- und Vortopp), die teilweise aufgegangen war. Nun hatten wir einen 40 cm langen Riss zu nähen. Also hieß es „Klar zum Bergen des Großstengestagsegels. An den Niederholer, klar bei Fall, …“. Schnell war klar, dass hier einige Arbeit vor uns liegen würde. Das Nähzeug wurde geholt und wir legten in zwei Zweier-Teams los, da an einem Segel aus Gründen der Stabilität meistens mehrere Nähte nebeneinander liegen und wir somit zwei Nähte zu nähen hatten. Um ein Segel zu nähen, muss man mit Hilfe einer Ahle (das ist eine Kombination aus Nadel, Holzgriff und Faden, mit der man besser durch das etwas festere Segel stechen kann) durch das Tuch stechen. So entsteht eine Schlaufe, durch die man den Faden fädeln muss. Das System gleicht dem einer Nähmaschine, mit dem Unterschied dass es viel länger dauert. Als wir auf dem Boden saßen und nähten, wurde die Arbeit dadurch erschwert, dass das Deck oftmals von einer besonders großen Welle überspült wurde und wir mitsamt dem Segel in zentimetertiefem Wasser schwammen. Tabea blieb verhältnismäßig trocken, da sie auf dem Segel saß und bei jeder überschwappenden Welle lustig übers Deck rutschte. Auch der Rest der Wache auf der Brücke lachte mit oder zum Teil über uns, so genau konnte man das nicht sagen.

Durch diese Arbeit im Nassen bekam ich bestätigt, dass mein Ölzeug zwar wasserdicht ist, jedoch keinen Taucheranzug ersetzt. Das Wasser war erstaunlich warm (16°C, das heißt wärmer als die Luft), weshalb mir beim Nähen nicht kalt war. Erst später bemerkte ich, dass sich in meinen Gummistiefeln das Wasser sammelte und ich ziemlich durchnässt war. Unser Steuermann sagte mir, ich solle unter Deck gehen und mich trocken und warm anziehen, damit ich nicht krank werde. Ich grüße ganz herzlich alle meine Freunde, Familie und alle die den Blog mitverfolgen
Luisa

Heimweh? – Zum Glück gibt es „Handy-Bojen“

Datum: 26. Oktober 2015
Position: 44°56,6’N, 007°05,1’W
Etmal: 122 NM
Wetter: Wasser 16,5°C, Luft 17°C, Wind 4 Bft.
von Melinda

Jetzt sind wir schon gute zwei Wochen unterwegs. Ich glaube oder eher bin ich davon überzeugt, dass diese zwei Wochen die intensivsten und auch anstrengendsten des Törns waren und sein werden. Ich glaube auch, wenn man nicht mit uns segelt, kann man sich gar nicht vorstellen, wie schnell aber dennoch kurz die Zeit vergeht. Mir persönlich kommt es vor, als segelten wir schon Monate miteinander. Das Zusammenleben an Bord ist so intensiv, dass man es schon fast als zweite Familie bezeichnen kann. Natürlich vermisse ich meine Familie zu Hause und meine Freunde sehr, aber zum Glück haben wir sogenannte „Handy-Bojen“ auf unserer Strecke, die gestern zu schadenfrohen Blicken der Stamm-Crew und verzweifelten Gesichtern auf Seiten der Schüler geführt haben.

Ich weiß, dass Ihr Euch jetzt fragt, was ich damit meine, also werde ich die Geschichte kurz erzählen, da auch ich sehr betroffen war. Koene, der erste Steuermann, verkündete zum allgewohnten „All-Hands“ um 12:45 Uhr, dass wir gegen 16:00 Uhr eine „Handy-Boje“ passieren werden, die die Möglichkeit für eine kurze SMS nach Hause oder ein „Abchecken“ der sozialen Netzwerke, in unseren Worten, ermöglichen würde. So naiv, wie Jugendliche sind, wenn es um ihre Handys geht, sind wir alle um 15:30 Uhr an Deck erschienen, um unsere Handys abzuholen. Sowohl an Steuerbord-, wie auch an Backbord-Seite standen wir dann mit unseren neusten Smartphones und ausgestreckten Armen und haben nach Netz gesucht. 
Hier: kein Netz! Vielleicht weiter Steuerbord: kein Netz! Mhhh.. oder doch Backbord?: kein Netz!

Koene klappte kurz vor 16:00 sein Handy (oder auch „Knochen“) auf und meinte, er habe Netz. Bei den Schülern fand die Suche nach Netz kein Ende, bis Koene alle in die Mitte bat, die Kamera herausholte und genau in dem Moment, wo er alles mit dem Satz: „Ja, es gibt Handy-Bojen und Kiosk-Bojen und noch viele mehr… Nein, natürlich nicht! Ihr seid alle reingefallen!“ auflöste, auf den Auslöser der Kamera drückte.

Das Foto habe ich noch nicht gesehen, aber ich kann mir vorstellen, wie mein Gesichtsausdruck war. Ich sag“ nur: „Rache ist süß“ – oder auch nicht. Naja, jetzt haben wir gelernt, dass es mitten in der Biskaya keine Handy-Boje gibt, die man theoretisch ans Boot hätte binden können. Und natürlich, dass man ersten Steuermännern nicht immer trauen kann. Natürlich können wir trotzdem Kontakt zu unserer Familie und zu unseren Freunden halten. Zum Einen bekommen wir unsere Handys für jeden Landgang ausgeteilt, also das nächste Mal in Vigo. Zum Anderen überbrücken wir Heimweh mit Anschauen von Fotos, Lesen von Briefen und gegenseitigem Aufbauen.
Melli

P. S.: Viele Grüße an meinen Papi, der jetzt liebend gerne mit segeln würde. Ich denke an Dich. 🙂 Viele Grüße an meine Mami, ich hab Dich lieb und ich hoffe Carlotta und Leonard geht es gut. Euch noch schöne Ferien <3 
Lisa grüßt ihre Freunde und Familie
Luisa grüßt alle ihre Freunde und Familie, die zuhause geblieben sind und wünscht ihrer Mutter alles alles Gute zum Geburtstag
Umarmung von K für S in H <3 
LG an L. von A.