Eine singende Rutschpartie

Datum: 14. Oktober 2015
Position: 52°31,6’N, 004°29,2’E
Etmal: 104,5 NM
Wetter: Wasser 14°C, Luft°11 C, Wind 5 Bft.
von Sabine

Heute wurde ich für die 0-4 Wache geweckt. Zwei Mal, weil ich das erste Mal gar nicht mitbekommen habe und anscheinend – ich bin immer noch der Meinung es würde nicht stimmen – irgendetwas auf Französisch vor mich hin gebrabbelt habe. Zu spät kam ich dann hoch als Robin einen Witz erzählte um die abziehende, erfrierende Wache zu unterhalten. Leider war mein Timing nicht perfekt und meine Wache muss jetzt bis zur nächsten Nachtwache warten um das Ende des Witzes zu hören. Uns wurde gesagt, dass wir in der Nacht Anker setzen würden und auf der Rah alle Segel reinholen müssten. Doch dann gab es eine Planänderung. Wache 1 war glücklich, weil keiner bei Regen, stärkerem Seegang und Kälte da freiwillig hoch wollte.

Als wir dann eingefroren auf der Brücke saßen, ging Ella, unsere Toppsi (Toppsgast), nochmal „Mensch über Bord“, „Feueralarm“ und alle Namen der Tampen mit uns so gründlich durch, dass wir jetzt auch noch davon träumen. Wir durften das Ruder (unter Aufsicht) auch schon selbst bedienen, dabei haben wir uns etwas versteuert und sind 80 Grad zu weit in die falsche Richtung gefahren. Nach fünf Minuten Steuerraddrehen waren wir dann auch wieder auf Kurs. Zusammengefasst saßen wir auf der Brücke wie Pinguine eingeengt mit einigen Regenschauern, Salzstangen zum Essen und Tee um warm zu bleiben.

Heute, um 11 Uhr, habe ich auch zum ersten Mal ausgeschlafen seit ich auf der Roald bin und musste nicht geweckt werden. Dann gab es auch schon eine halbe Stunde später Mittagessen zum Frühstück und noch eine halbe Stunde später hatte ich auch schon wieder Wache. Am 13.10.15 um 12 Uhr war dann die Wache 1 zum allerersten Mal pünktlich und vollständig oben an Deck, was ja wohl eine Topleistung ist. Zu unserer Wachzeit konnte man schon die niederländische Küste sehen mit vielen Containerschiffen, die dort vor Anker lagen. Wir entdeckten auch einen kleinen Vogel an Deck, der herumflog und wahrscheinlich seit unserer Abfahrt in Kiel mit uns mitfährt.Um 12:30 gab es dann ein „All Hands“ – das sagt man so wenn alle an Deck kommen sollen – bei dem uns der Kapitän erklärte, wo wir gerade sind, wie wir heute Nacht womöglich weiterfahren werden und uns fragte, ob wir eine Idee hätten, was wir in Ostende, Belgien machen könnten. Unsere Lehrerin Olivia hat auch erklärt, dass es ab Ostende verschiedene Projektteams geben wird, wie Projektteam Land, Wäsche, Müll, Foto etc. und dass man eine Art Praktikum beim Maschinisten anfangen könnte. Nach dem „All Hands“ hat uns KP dann beigebracht, wie man auf einem traditionellen Segelschiff richtig glasen muss, damit auch jeder weiß, wie spät es ist. Leider dürfen wir es jetzt nicht mehr machen, weil andere sich beschwert haben, dass es zu laut sei und sie dabei wach wurden. Während unserer Wache von 12 bis 16 Uhr haben wir öfters das Großstengestag und Vorstengestag gesetzt und wieder reingeholt, weil der Wind öfters gedreht hat.

Nach dem Abendessen sind mehrere Großsegler an uns vorbei gefahren und haben dadurch riesige Wellen erzeugt, die unser Schiff erheblich zum Schwanken gebracht und uns in der Messe zum Hin-und-Her-Rutschen auf den Hockern und Bänken gebracht haben. Die Rutschpartie wurde dann mit singenden/schreienden Schülern zu dem Lied Wannabe von den Spice Girls beendet.
Sabine

P.S.: Ich grüße meine Eltern, meine Schwestern, meinen Hund und alle meine Freunde von zu Hause, die jetzt in ihren Betten schlafen und nicht erfrierend um drei Uhr morgens draußen sitzen müssen. 😛