Heimweh? – Zum Glück gibt es „Handy-Bojen“

Datum: 26. Oktober 2015
Position: 44°56,6’N, 007°05,1’W
Etmal: 122 NM
Wetter: Wasser 16,5°C, Luft 17°C, Wind 4 Bft.
von Melinda

Jetzt sind wir schon gute zwei Wochen unterwegs. Ich glaube oder eher bin ich davon überzeugt, dass diese zwei Wochen die intensivsten und auch anstrengendsten des Törns waren und sein werden. Ich glaube auch, wenn man nicht mit uns segelt, kann man sich gar nicht vorstellen, wie schnell aber dennoch kurz die Zeit vergeht. Mir persönlich kommt es vor, als segelten wir schon Monate miteinander. Das Zusammenleben an Bord ist so intensiv, dass man es schon fast als zweite Familie bezeichnen kann. Natürlich vermisse ich meine Familie zu Hause und meine Freunde sehr, aber zum Glück haben wir sogenannte „Handy-Bojen“ auf unserer Strecke, die gestern zu schadenfrohen Blicken der Stamm-Crew und verzweifelten Gesichtern auf Seiten der Schüler geführt haben.

Ich weiß, dass Ihr Euch jetzt fragt, was ich damit meine, also werde ich die Geschichte kurz erzählen, da auch ich sehr betroffen war. Koene, der erste Steuermann, verkündete zum allgewohnten „All-Hands“ um 12:45 Uhr, dass wir gegen 16:00 Uhr eine „Handy-Boje“ passieren werden, die die Möglichkeit für eine kurze SMS nach Hause oder ein „Abchecken“ der sozialen Netzwerke, in unseren Worten, ermöglichen würde. So naiv, wie Jugendliche sind, wenn es um ihre Handys geht, sind wir alle um 15:30 Uhr an Deck erschienen, um unsere Handys abzuholen. Sowohl an Steuerbord-, wie auch an Backbord-Seite standen wir dann mit unseren neusten Smartphones und ausgestreckten Armen und haben nach Netz gesucht. 
Hier: kein Netz! Vielleicht weiter Steuerbord: kein Netz! Mhhh.. oder doch Backbord?: kein Netz!

Koene klappte kurz vor 16:00 sein Handy (oder auch „Knochen“) auf und meinte, er habe Netz. Bei den Schülern fand die Suche nach Netz kein Ende, bis Koene alle in die Mitte bat, die Kamera herausholte und genau in dem Moment, wo er alles mit dem Satz: „Ja, es gibt Handy-Bojen und Kiosk-Bojen und noch viele mehr… Nein, natürlich nicht! Ihr seid alle reingefallen!“ auflöste, auf den Auslöser der Kamera drückte.

Das Foto habe ich noch nicht gesehen, aber ich kann mir vorstellen, wie mein Gesichtsausdruck war. Ich sag“ nur: „Rache ist süß“ – oder auch nicht. Naja, jetzt haben wir gelernt, dass es mitten in der Biskaya keine Handy-Boje gibt, die man theoretisch ans Boot hätte binden können. Und natürlich, dass man ersten Steuermännern nicht immer trauen kann. Natürlich können wir trotzdem Kontakt zu unserer Familie und zu unseren Freunden halten. Zum Einen bekommen wir unsere Handys für jeden Landgang ausgeteilt, also das nächste Mal in Vigo. Zum Anderen überbrücken wir Heimweh mit Anschauen von Fotos, Lesen von Briefen und gegenseitigem Aufbauen.
Melli

P. S.: Viele Grüße an meinen Papi, der jetzt liebend gerne mit segeln würde. Ich denke an Dich. 🙂 Viele Grüße an meine Mami, ich hab Dich lieb und ich hoffe Carlotta und Leonard geht es gut. Euch noch schöne Ferien <3 
Lisa grüßt ihre Freunde und Familie
Luisa grüßt alle ihre Freunde und Familie, die zuhause geblieben sind und wünscht ihrer Mutter alles alles Gute zum Geburtstag
Umarmung von K für S in H <3 
LG an L. von A.