Die uns noch verbleibende Zeit

Datum: 11. März 2018
Position: 31°18,0’N, 064°34,3’W
Etmal: 153 NM
Wetter: Wasser 20°C, Luft 22°C, Windstärke 3
von Anouk

Ich liege in meiner Koje, versuche nicht herauszufallen und schreibe an dieser Tagesmeldung. Hatte ich meine letzte nicht gerade erst geschrieben? Die Zeit vergeht so schnell. Zeit ist etwas, dass wir alle nicht mehr viel auf der Roald haben. Es verbleiben noch etwa 40 Tage. Das sind 960 Stunden. Wenn man davon die 7-8 Stunden täglichen Schlaf (mal mehr, mal weniger) abzieht, bleiben uns noch 660 Stunden. Die Backschaft (etwa alle 4 Tage, 4 Stunden) mit 40 Stunden, bleiben noch 620 Stunden. Nach den täglichen 8 Stunden Wache bleiben uns noch 300 Stunden. Das Reinschiff kostet 20 Stunden, bleiben noch 280 Stunden. Die Mahlzeiten „verschlingen“ 60 Stunden und es verbleiben bloß nur noch 220 Stunden. Außerdem wird jetzt auch wieder Stück für Stück die Zeit vorgestellt. Heute das erste Mal, das heißt, wir haben etwa ein Drittel der Strecke bis zu den Azoren hinter uns gebracht.

Im Endeffekt bleiben uns noch 9 Tage für uns. Zum Reden, Spielen, Beisammensein. Das ist verdammt wenig! Zu wenig, wenn man bedenkt, wie schnell die letzten 4,5 Monate umgegangen sind. Zu wenig, wenn man bedenkt, dass man zwar alle anderen wiedersehen wird, aber nicht jeden Morgen beim Frühstück, beim Putzen der Toiletten, beim Wachegehen und so weiter. Es ist nicht so, dass wir nicht nach Hause wollen. Definitiv nicht! Aber wenn ich daran denke, bald zu Hause zu sein, auf einer Schule, bei der man seine Sachen nicht festhalten muss (ich habe mich letztens wirklich für eine Sekunde gefragt, wieso die Sachen in meinem Fach keine Rutschmatten haben und habe mir daraufhin vorgestellt, wie meine Mitschüler wohl reagieren würden, wenn ich so eine einrichten würde), in einem Zimmer zu wohnen, in dem es nicht 24/7 schaukelt, ein Bett ohne Leebrett zu haben, etc.

Es wird komisch sein, anders, vielleicht für eine Zeit lang wieder neu. Aber es ist auch eben das zu Hause und ich weiß, wie viele von uns ihren Eltern schon ihre genauen Vorstellungen geschildert haben, wie es bei der Ankunft sein soll. Die einen wollen Butterbrezen aus Bayern, die anderen wollen Lasagne zum Abendessen aus der eigenen Küche. Manche möchten ganz entspannt den Tag/Abend mit der engsten Familie verbringen und sich vielleicht noch mit Freunden treffen und wieder andere fänden es auch nicht schlimm, direkt alle auf einmal zu sehen.

So macht sich auf jeden Fall schon jeder seine eigenen Vorstellungen über sein eigenes zu Hause. Dabei muss ich schon zugeben, spielen die Mahlzeiten wirklich eine große Rolle! Aber es herrscht keine schlechte Stimmung deswegen. Es wird gesagt, dass sind die 40 Tage, die wir noch haben, und wir machen uns jetzt das Beste daraus – trotz des kälteren Wetters, des mehr werdenden Windes und Regens. Da ich nun mal wieder 7 Stunden zum Schlafen „vergeuden“ werde (es kam schon der Vorschlag auf, ab jetzt nicht mehr zu schlafen, aber wir mussten uns dann fragen, wie lange wir das überleben würden), mache ich hier Schluss. Ich freue mich auf euch!
Anouk

P.S.:
1. Ich grüße meine Großeltern ganz lieb – und freue mich schon auf die Spielabende mit euch. Greetings to my Bestie – ich glaub deine Zeit verfliegt genau so schnell wie meine. <3 (Laurine)
2. Mein Handy packt das nicht mehr, vielleicht wird“s in HH wieder was. Brauche aber keins auf die Azoren, da kann ich mir auch mal kurz eins leihen! Können wir dann klären… mir geht“s nach wie vor, mehr oder weniger supi, aber auf jeden Fall gut. 🙂 (Anouk)