Erster Expitag

Datum: 25. Januar 2020
Position: La Gamba – Uvita
Etmal: ca. 80km
Wetter: tropisch und warm
von Tim

Liebe Leserinnern und Leser, jetzt ist der Morgen des zweiten Expitages und ich liege in einer Hängematte vom Hostel und überlege, was gestern so alles passiert ist. Unsere vier verschiedenen Expigruppen sind alle gemeinsam morgens bei der Tropenstation in in La Gamba aufgebrochen. Ich habe mit meiner Gruppe nach einigem Warten den Bus an der Küste gen Norden genommen und wir kamen schließlich in Uvita an. Meine Highlights waren eindeutig der anschließende Strandbesuch, wo wir baden waren und in der Sonne gedöst haben und ein Spaziergang zu einem Wasserfall, den man runter rutschen konnte. Das hat extrem viel Spaß gemacht. Wir sind sehr stolz darauf, wie wir den ersten Tag gemeistert haben und sind sicher, dass auch der Rest ein voller Erfolg wird. Jetzt fahren wir nach Dominical zum Surfen und ich muss noch meine Sachen zusammenpacken. Also hasta luego!
Tim grüßt seine Familie und Karen, ich hab euch lieb.

Etwas eigene Gedanken

Datum: 25. Januar 2020
von Mika

Die Hälfte der Reise ist um: leider. Auch wenn es nicht immer (oder selten) rüberkommt, es macht wohl jedem viel Spaß. Wie uns schon öfter gesagt wurde: wir sind `ne geile Truppe! Und das stimmt. Würde ich zumindest sagen, aber fairerweise muss ich auch eingestehen: Probleme in einer Gruppe zwischen verschiedenen Personen bemerke ich immer als letzter, auch wenn ich einer der Beteiligten bin. Das kann sowohl praktisch sein, weil ich dann meistens gute Laune habe, während sich alle gegenseitig an die Gurgel gehen (je nach Uhrzeit und Stimmung bin ich auch gerade deshalb gut gelaunt, wenn ich`s bemerke), es kann aber auch schlecht sein, da ich dann, in Bezug auf das bestehende Problem, selten etwas richrig mache. Doch eines kann ich mit Sicherheit und mehrfacher Absicherung sagen: etwas Derartiges ist bis jetzt noch nicht passiert und es ist auch eher unwahrscheinlich, dass es passieren wird. Wir sind halt, wie schon erwähnt, `ne geile Truppe!

Aber nicht nur deshalb ist es schade, dass die Hälfte der Reise schon um ist: Denn wir sehen und erleben jeden Tag neue, spannende, interessante und schöne Dinge, von denen ich persönlich nie gedacht hätte, dass ich sie einmal sehen und erleben werde. Wir haben den Teide erklommen und von der Spitze aus den Sonnenaufgang miterlebt, sind mit einem traditionellen Rahsegler über den Atlantik gesegelt und haben dort die schönsten Sternenhimmel beobachten können, die ich persönlich je gesehen habe und durfte die gesamte karibische, paradiesische Schönheit, wie in einem Bilderbuch oder in Fluch der Karibik, auf den San Blas Inseln selbst spüren und bestaunen, gleich nach einer Mathearbeit.

Auf der Roald ist mein Lieblingsplatz die Spitze des Klüvers, auf der ich bei gutem Wetter und vor allem bei Vollzeug gerne sitze, und immer wenn ich dort bin, fällt mir auf, dass ich meine derzeitige Situation, auf so einer unglaublichen Reise zu sein, nicht realisiere und auch einfach nicht realisieren kann. Und so gehe ich dann von Ort zu Ort, sehe und erlebe Beeindruckendes und verhalte mich dabei mehr oder weniger so, als wäre es ganz normal und nichts Besonderes. Ich verstehe nicht richtig, was die einzelnen Dinge und Orte eigentlich bedeuten und mir bedeuten sollten und das Paradoxe daran: es ist mir immer bewusst.

Um es etwas verständlicher und platter auszudrücken: Ich kann‘s nicht fassen! Und ich glaube, dass es den anderen ein Stück weit genauso geht, auch wenn sie es vielleicht nicht so bemerken. Was nicht bedeuten soll, dass ich oder die anderen das Erlebte nicht genießen. Wir haben hier sehr viel Spaß, ich in fast jedem Moment (schulische Themen ausgeschlossen) und ich bin dankbar, das Privileg genießen zu können, mitfahren zu dürfen.

Und daran ist etwas, aus meiner Sicht, eher traurig: nicht, dass ich dankbar bin und erst recht nicht, dass ich hier mitfahren kann. Nein, sondern dass so etwas Tolles in unserer – wirklich sehr reichen – Gesellschaft trotz des Wohlstandes ein Privileg ist und sich Derartiges nicht viel mehr Menschen und gerade auch junge Menschen leisten können, obwohl hier jeder Tag mehr wert ist, als wir insgesamt bezahlen mussten.

Aber da wir das meistens nicht im Kopf haben, oder einfach nicht realisieren, in welch einer glücklichen Lage wir uns befinden, sind wir voll und ganz die doofen Deutschen. Denn wir Deutschen meckern, (und dieses Klischee stimmt) viel und gern. Daher beschweren wir uns über das Wetter, dass wir schon wieder Reis mit Bohnen bekommen oder dass wir eine Wende fahren müssen, ohne einen Gedanken darauf zu verschwenden, wie einmalig alles davon eigentlich ist.

Und dann antworten wir auf die Frage, wie es uns denn so gefällt: es ist heiß, regnet, das Essen könnte abwechslungsreicher sein und der Bordalltag ist anstrengend. Klingt negativ? Aber macht viel Spaß, auch wenn es gar nicht so rüber kommt. Und das ist schade, da wir halt so viel erleben und die Zeit hier einfach super ist, auch wenn wir es so gar nicht realisieren. Die Reise ist ein wahrgewordener Traum und aus meiner Sicht so nah an der Perfektion dran, wie nur möglich, und mit dieser Meinung bin ich bei weitem nicht allein.

Dies war mein – lange überfälliger – philosophischer Ausrutscher, wenn man so will. Welcher die Gedanken, die mir so durch den Kopf gehen, zusammengefast hat und euch da draußen einen – hoffentlich guten – Einblick in zumindest meine Sicht der Dinge gewährt hat.
Liebe Grüße, Mika

PS: In der letzten Tagesmeldung steht, dass ich einen „Luke“ grüße. Ich kenne keinen. Bene konnte meine Schrift wohl nicht entziffern. Der Gruß ging an Leevke, also damit: schöne Grüße!