Kolumne: „Kleine Zwischenbilanz“

Von Maya, Janina und Lara

Langsam neigen sich nicht nur die Kolumnen dem Ende entgegen, sondern auch unsere Reise. Wir haben wir uns überlegt, Euch einen kleinen Einblick in unsere Erlebnisse der letzten Monaten zu geben. Auf den nächsten Seiten erwarten euch die persönlichen Erfahrungen jedes Einzelnen von uns, die wir über drei Etappen hinweg gesammelt haben. Zum Beispiel, wie es sich anfühlt auf dem Schiff in einer Art Blase zu leben, in der man nichts von der Außenwelt mitbekommt. Oder wie es ist, entweder auf eigene Faust oder gemeinsam mit den Anderen seine körperlichen und psychischen Grenzen auszutesten. Wir drei können auf jeden Fall sagen, dass wir diese verrückte Reise alle nochmal antreten würden, denn die Stolpersteine und Tiefpunkte, die wir bisher erlebt haben, können nicht die überwiegend wunderschönen Tage und einzigartigen Momente in den Schatten stellen. Wie es uns ergangen ist, erfahrt ihr, wenn ihr weiter lest.

1. Die Highlights der ersten Etappen

Ich sitze in einer Hängematte in La Gamba, mitten im Regenwald.
Ich schwitze und würde viel lieber noch länger liegen bleiben, doch ich weiß, eigentlich sollte ich noch Kolumne schreiben. Ich raffe mich auf, ich weiß ja, wie sehr meine Lieben zu Hause sich freuen, wenn sie etwas von mir hören und wie ich mich dann freue, wenn ich beim nächsten Telefonat erfahre, in was für Momenten meine Nachrichten sie erreicht haben. Ich hole Zettel und Stift und überlege.
– Wie war es denn am Anfang unserer Reise?
Eine kühle Briese findet ihren Weg zu mir und ich freue mich über die Abkühlung.
– Kalt! Es war tierisch kalt am Anfang.
Es kommt mir ein Bild in den Kopf: „Ich ganz am Anfang, wie ich zwischen noch Fremden auf der Brücke zittere. Wir hatten schon drei Stunden unserer Null-Vier-Wache überstanden und wollten alle nur noch in unsere Kojen. Wir heben langsam unsere Köpfe, als es heißt: „Der Rudergänger soll abgelöst werden.“ Ich löse mich langsam aus der Gruppe und gehe zu Mike um ihm den zu steuernden Kurs zu sagen. Am Ruder merke ich, wie mir der Regen in die Ärmel kriecht und die Kälte immer unangenehmer wird.“

Ich erinnere mich auch noch zu gut an unseren ersten Landaufenthalt —Portsmouth: „Wir waren alle aufgekratzt, weil wir nach ganzen sechs Tagen wieder festen Boden unter den Füßen hatten. (Was aus meiner heutigen Perspektive, nach einer gemeisterten Atlantiküberquerung, nicht mehr ganz nachvollziehbar ist.) Wir sind völlig chaotisch durch die Straßen gelaufen und niemand hatte so richtig eine Ahnung, wo wir hin mussten. Als wir dann auch noch die erste rote Telefonzelle gesehen haben und versucht haben, wie viele von uns wohl gleichzeitig hinein passen, waren wir wirklich in England angekommen. Später war ich mit Emma und Laura Pizza Essen und dabei haben wir mit unseren Familien und Freunden geschrieben. In dem Moment kam es mir so vor, als ob ich sie schon ewig nicht mehr gesehen hätte. Heute weiß ich, dass ich es auch noch deutlich länger aushalte, nicht zu wissen was zuhause passiert. Ich habe auch nicht mehr das Bedürfnis, mein Handy zu haben, um damit irgendwas zu machen, was ein Scheibentelefon nicht auch könnte, außer vielleicht Musik zu hören.“

Es kommen mir immer mehr Bilder in den Kopf von gemeinsamen Fischefütter-Aktionen, ersten Freundschaften, die sich gebildet haben, Tagen an denen man einfach nur glücklich war, weil die Sonne geschienen hat und noch so vielen weiteren Momenten, an denen wir als Gruppe oder auch jeder für sich gewachsen sind.

Ein Moment, der in einem Rückblick der ersten Wochen auch nicht fehlen darf, ist die sogenannte Vigo-Kriese. Wem der Begriff nichts sagt, an dieser Stelle nur so viel: es gab Meinungsverschiedenheiten zwischen verschiedensten Seiten, aufgrund von Schlafenszeiten, Regeln, wie die Kammern genutzt werden dürfen, und der Kammerbelegung im Allgemeinen. Außerdem fühlten sich am Ende alle unverstanden, hatten jedoch auch keine Lust mehr zu versuchen, den Anderen zu verstehen. Das offizielle Ende der Vigo-Kriese wurde dann mit der Ankunft von Caro und Tamara beschlossen, da allen sehr viel daran lag, ihnen einen bestmöglichen Einstieg zu ermöglichen. (Ich könnte mir die Reise nicht mehr ohne euch vorstellen<3! ) Bis Teneriffa gab es noch viele schöne Tage auf See und an Land, an denen wir viel Neues kennengelernt haben und uns über jeden Tag mit mehr Sonnenschein gefreut haben.

Auf Teneriffa war für viele der ganz besondere Moment, als wir bei Sonnenaufgang auf der Spitze des Teide standen und sich die Sonne aus dem Meer erhob. Oder, als wir auf dem Abstieg unser die ganze Zeit mitgeschlepptes Frühstück aßen und wussten, dass wir es alle als ganze Gruppe auf den Gipfel geschafft hatten. Der Gipfel war zwar sehr beeindruckend, mir wurde aber vor allem klar, das Kälte echt nicht so mein Ding ist und ich unseren Drei-Grad-Regen-Winter eigentlich gar nicht so schlimm finde. Mein ganz persönlicher Lieblingsmoment war deshalb ein ganz anderer: „Wir sind in einer kleinen Gruppe durch die Stadt gelaufen und haben schon mal nach Wichtelgeschenken gesucht. Dabei haben wir viele kleine Läden mit Schnickschnack gefunden, in denen wir immer neue lustige Dinge gefunden haben, mit denen man sich die Zeit vertreiben konnte. Als wir dann auch noch einen Süßigkeitenladen gefunden haben, in dem es Chupa Chups (Chupa Chups verbinde ich mit einer wunderschöne Zeit mit meinen besten Freunden, kurz bevor ich losgefahren bin) gab, war der Tag für mich einfach perfekt. Ich bin mit den anderen zurück nach Hause, zur Roald, gelaufen und musste beinah weinen, weil ich so glücklich war.“

Spätestens auf Teneriffa ist uns wohl allen klar geworden, dass wir bald ohne Smut auskommen müssen und hatten auch schon Befürchtungen, dass wir die nächsten Monate nur noch von Nudeln mit Tomatensoße leben müssen. Spoiler: Entgegen allen Befürchtungen haben wir immer sehr leckeres Essen bekommen. Wir haben gelernt, das Messer zu halten, in der Kombüse, aber auch im Rigg, bei ersten Schiffsinstandhaltungen (natürlich nur angebändselt). Alles in allem waren die ersten beiden Etappen besonders im in seglerischen Dingen und in der Gruppenbildung bedeutsam.

Langsam wird es dunkler und die Lampen am Wegesrand verbreiten ein gelbliches Licht. Ich schaukle in meiner Hängematte hin und her. Es war eine echt schöne Zeit bis hier her!
Maya

2. Der große Teich und alles was dazugehört

Wenn man mich heute fragen würde: „Was war bis jetzt für dich die beeindruckendste Etappe dieser Reise?”, müsste ich den Kopf zurücklegen, meine Augen schließen und erst einmal alles Revue passieren lassen, was wir Schüler der High Seas High School in den letzten Monaten erlebt haben. Was haben wir alles durchgemacht, welche Orte haben wir gesehen, welche Momente haben in uns hervorgebracht, wer wir wirklich sind? Vieles kommt mir in den Sinn, die erste lange Etappe von Kiel bis nach Teneriffa, die uns mit Kälte und Seekrankheit zugesetzt hat, die Zeit in Longo Mai, die uns die Kultur und die Sprache Costa Ricas näher gebracht hat, aber vor allem anderen der Törn, der mich am nachhaltigsten beeinflusst hat: die Atlantiküberquerung.

Man muss es sich mal so vorstellen: Man ist drei oder vier Wochen unterwegs, um einen herum nur blau, blaues Wasser und der Himmel, die an klaren Tagen fast miteinander verschmelzen. 44 Menschen, die sich einen Lebensraum gemeinsam teilen, acht Stunden Wache pro Tag und zusätzlich der Unterricht, der jetzt richtig losgeht. Sagen wir so: Es war eine Erfahrung. Ich muss ehrlich und offen zugeben, es war keine leichte Zeit für mich. Zwischen schönen Tagen bei Sonnenschein und Blausegeln gab es oft Momente, in denen ich lieber zuhause gewesen wäre.

Doch fangen wir erstmal von vorne an. Der Anfang. Die Roald ist am 19.11.2019 in Teneriffa abgelegt. Leinen los, ab auf den Teich! Ich bin zum ersten Mal meine neue Wache angetreten, Wache 1. Das bedeutete 0-4 Uhr. Ich weiß noch genau wie gut ich in den ersten paar Tagen drauf war. Wie entspannt, dachte ich, meine Wachzeiten sind erträglich, im Ausguck gibt es nicht viel zu melden, der Unterricht wird bestimmt interessant. Wie schnell ich meine Meinung ändern sollte.

Kaum ein oder zwei Tage später habe ich gemerkt, wie herausfordernd der Tagesablauf der Wache 1 ist. Durch die Unterrichtszeiten, die entweder in der Wachzeit oder direkt danach liegen, hat man wenig Freizeit. In der wachfreien Zeit ist man mit Essen oder Schlafen beschäftigt. Ich persönlich bin nicht gut damit klargekommen, wenig Zeit für mich selbst zu haben, vor allem weil man wirklich immer von anderen Menschen umgeben ist. Bei mir resultierte diese Situation oft genug in schlechter Laune.

Eine weitere Herausforderung bildete der Unterricht. Wir hatten jeden Tag jeweils ein Fach und das ca. 1,5 Stunden lang. Nicht viel, vor allem wenn man die Menge mit dem Unterricht zuhause vergleicht. Trotzdem kann sich das Ganze stressig gestalten, da der Tag mit Wachzeiten schon dicht durchgeplant ist. Man lernt somit seinen Zeitplan gut im Griff zu haben, um Hausaufgaben erledigen zu können und trotzdem genug Zeit zum Schlafen zu haben. Dazu kommen noch die leider unvermeidbaren Konflikte, die nunmal entstehen, wenn man 44 Menschen, die fast alle unter Schlafmangel und Heimweh leiden, zusammensteckt. Es gab viele nervenaufreibende Momente, in denen man sich am liebsten gegenseitig die Haare ausgerissen hätte. Doch schaue ich jetzt zurück, bin ich mir sicher, dass wir alle gelernt haben, wie man mit Konflikten umgeht und seine eigene schlechte Laune nicht bei den andern auslässt.

Nimmt man also alle Schwierigkeiten zusammen, die auf der Atlantiküberquerung an uns genagt haben: Schlafmangel, Konflikte, Unterrichtszeiten, Freizeitmangel, Wachzeiten und fehlender Kontakt zur Außenwelt, dann resultiert das oft genug im wohl bekannten Schiffskoller. Ein unangenehmer seelischer Zustand, in dem man sich am liebsten ein ruhiges Plätzchen ganz oben im Mast suchen möchte, um es dramatisch zu formulieren. Davon hatte ich in den drei Wochen genug.

Doch fest! Bevor ich diese Reiseetappe komplett schwarzmale und alle Leser sich ein falsches Bild vom Atlantik machen, muss ich sagen, ich bin dankbar für diese Zeit. So herausfordernd sie auch war, wir haben alle viel dazugelernt. In den Wachen stand die seglerische Ausbildung im Mittelpunkt. Die ganze Wache 1 konnte nach der Überquerung fehlerlos den Stoppersteg, das Aufsetzen der Taille und natürlich auch das theoretische Segelsetzen und -bergen. Wir haben gelernt, die Backschaft zu dritt als Schüler ohne Smut zu meistern, Wasser zu sparen und fliegende Fische zu untersuchen. Als Gruppe sind wir uns näher gekommen und wir hatten genug Zeit, um uns selber kennenzulernen und ich glaube, dass der Atlantik in uns herausgebracht hat, wer wir wirklich sind.

Doch die bei weitem größte Belohnung für die Überquerung war die Ankunft auf Dominica. Land in Sicht, oder wohl eher Paradies in Sicht. Diese Insel war für mich Grund genug, um alle Strapazen der letzten Wochen zu vergessen. Man kommt in eine völlig andere Welt, voller Palmen und von Lebensfreude durchsetzt. Man geht nur durch die Straßen und wird gleich von wildfremden Leuten in Gespräche verwickelt, in denen man viel über das Leben auf Dominica lernt. Die Menschen dort leben in armen Verhältnissen, verdienen ihr Geld mit harter Feldarbeit und doch haben sie eine wahnsinnig entspannte Lebenseinstellung. Der Kontakt mit den Einwohnern ist mir nachhaltig im Kopf geblieben. Dazu kommt noch die Natur, die wirklich atemberaubend schön ist. Wir hatten an einem Tag die Gelegenheit, mit einem Tourguide durch den Regenwald zu wandern, an Lianen zu schwingen wie Tarzan, Früchte von jedem Baum zu probieren und zum krönenden Abschluss in Wasserfällen und einem Canyon zu baden. Besser hätte unsere Ankunft in der Karibik nicht verlaufen können.

Diese Etappe der Reise, von Teneriffa bis Dominica, wird in mir für immer einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Zwischen Wasserfällen und Schiffskoller habe ich viele Erfahrungen gemacht und Erkenntnisse mitgenommen. Danke an den großen Teich.
Lara

3. Die Festtage und „Pura Vida“ auf dem großen türkisfarbenen Meer

Weihnachten war auf der Roald mitten auf See was echt besonders! Seit November hatte ich versucht, in mir Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen, es dann aber irgendwann aufgegeben. Denn wenn es 30 Grad sind und du dir in kurzer Hose den Ast abschwitzt, ist es ein bisschen schwierig darüber zu singen, dass es schneit. Bis zum Weihnachtsfest erzählte man sich gegenseitig die Bräuche und Rituale von Zuhause. So konnte man auch für sich selbst lernen, welche Kleinigkeiten einem in der Weihnachtszeit wichtig sind.

An Weihnachten selbst hatte ich viele Lieblingsmomente (dann, wann es Essen gab ausgeschlossen). Der erste war, als Tim, Anna und ich ins Rick geklettert sind und wir uns den Stollen von Tims Mutter geteilt haben (der super lecker war). Den Leuten an Deck haben wir so doch weiße Weihnachten beschert. Oben waren wir uns einig, dass das einer der verrücktesten Weihnachten sein werden würde, und beschlossen, die Hitze und alles Verrückte voll zu genießen. Das taten wir dann auch, als wir unten angekommen das fantastische Essen der Weihnachtsbackschaft genossen. Beim Sonnenuntergang überraschte ich mich selbst, indem Weihnachtsstimmung in mir hochkam, als alle gemeinsam „Stille Nacht, heilige Nacht“ sangen und es langsam dunkler wurde und alle ruhiger wurden. Nachdem auch lustige Versionen von der Weihnachtsgeschichte und ein Krippenspiel vorgeführt wurde, machten wir es uns beim Abendessen richtig gemütlich an Deck.

Es war super schön mit allen im Kreis zu sitzen, mit Lichterketten und Sternen als Beleuchtung und einfach allen beim fröhlichen Geplapper zuzuhören. Jetzt hatten doch alle Highlights etwas mit Essen zu tun, aber das gehört ja auch einfach bei Weihachten dazu, oder? Bevor ich schlafen ging, hatte ich mich noch mit Freunden in der Messe getroffen, um die Weihnachtspost von zuhause zu öffnen. Es endete damit, dass wir alle weinend und lachend uns in den Armen lagen und jeder, der durch die Messe lief, angesteckt wurde. Der Weihnachtstag hat mir besonders gezeigt, dass wir echt zu einer kleinen Familie zusammengewachsen sind, und dass egal wo du bist, ob auf der karibischen See oder in der Antarktis, du mit super netten Leuten überall Weihnachten feiern kannst und, dass es erst durch die Leute unvergesslich wird.

Die Tage nach Weihnachten verliefen genauso wie die Tage vor Weihnachten und Silvester. Wir haben einfach weiter gemacht mit dem Schiffsalltag und eben an Silvester mit schwimmen gehen. Denn Silvester haben wir vor den San Blas Inseln erlebt. Das war eine aufregende Nacht. Mit der ganzen Stammcrew und Kapitänin haben wir ins neue Jahr getanzt. Unter den Sternen haben wir runtergezählt und kräftig das neue Jahr gefeiert.

2020! Was haben wir da schon alles erlebt. Angefangen haben wir es an einem Ort, wo die meisten gar nicht vor der Reise wussten, dass es ihn gibt, und so wie von jedem Ort haben wir, jeder persönlich, etwas mitgenommen. Ich werde nie vergessen, wie ich einen Salto vom Schanzkleid gemacht habe und dann ins türkise Wasser getaucht bin. Es war wunderschön, mit einer kleinen Gruppe vom Schiff zu den Inseln zu schwimmen. Man ist einfach wortwörtlich abgetaucht, um unter sich Fischschwärme und Korallenriffe zu entdecken. Als ich so entlang getaucht bin, mit meinen Freunden an meiner Seite und eine karibische Insel als Ziel, hat mich einfach ein Freiheitsgefühl erfasst.

Die Tage verflogen und jeden Tag entdeckten wir neue Inseln, wo wir unsere Hängematten zwischen Palmen spannten und Kokosmilch aus Kokosnüssen tranken. Der Klüverbaum wurde während der Ankerzeit als Sprungturm umfunktioniert, um nach Arbeiten schnell abtauchen zu können. Wir haben auch von den Ureinwohnern der Insel viel gelernt. Es wirkte wie eine komplett andere Welt, wie sie in den Strohhütten lebten und mit ihren Kanus voller Früchte vorbeisegelten. Auf dieser Reise haben wir so unberührte Flecken Erde gesehen, die immer noch ihren eigenen Charme tragen. Genau das haben alle gespürt, als wir unter den Sternen ein Lagerfeuer gemacht haben und viele meinten, dass das der tollste Tag ihres Lebens war und, dass ihre Träume einfach wirklich in Erfüllung gegangen seien. Pura Vida sage ich da einfach nur.

Das ist der Spruch, den wir in ganz Costa Rica fanden und entdeckten, dass viele Leute auch danach leben. So auch bei dem beeindruckendem Stopp in Longo Mai. Am Anfang waren wir etwas verloren, da wir aus dem Bus purzelten und direkt zu den Gastfamilien kamen und uns mit Händen und Fußen unterhalten mussten. Ich als Stadtkind habe es aber unglaublich genossen, in einem kleinen Dorf zu leben und wie in Bullerbü einfach bei den anderen reinzugehen und zu fragen, ob sie Zeit haben. Jeden Tag gab es Workshops, doch die beeindruckteste Zeit, fand ich, war mit unserer Spanischlehrerin Yolanda, da sie uns viel von der Kultur erzählt hat und uns auch viel über die Geschichte und die alltäglichen Abläufe im Dorf nähergebracht hat. Durch sie haben wir gelernt, vieles mehr wertzuschätzen. Als wir z. B. auf dem Kaffeefeld standen und sie uns erzählte, dass wir nach diesem einem Korb, den wir nach langer Arbeit in der Sonne geerntet hatten, nur zwei Dollar bekommen würden. Für uns zuhause Geld, das wir in der Hosentasche vergessen.

Dass es dort ganz anders ist, zeigte sich auch, als sie uns klarmachte, dass gute Kaffeepflücker an einem Vormittag nur 6 Dollar verdienen würden. Dafür konnte man sich noch nicht mal zwei Zwiebeln kaufen. Dass zeigte uns nochmal, dass es in Longo Mai Leute gibt, die wirklich arbeiten müssen um zu überleben. Auch hat es mich erschrocken, für wie viele Kinder Sommerferien bedeuten, den ganzen Tag mit Machete, ohne Pause, harte Knochenarbeit zu machen. Doch die Mentalität der Costa Ricaner ist eine ganz andere, sodass man es ihnen nicht anmerkt. Sie leben für jeden Tag und wenn sie für den nächsten Tag kein Essen haben sagen sie: „Darum mache ich mir morgen Sorgen.“ Dort sind die Verhältnisse ganz anders als bei uns. In der Küche trifft man nur Frauen und Mädchen an und die Tiere sind viel mehr Nutztiere als Haustiere. Das haben wir dann auch ganz deutlich gesehen, als wir zu einem Wasserfall in der Nähe gewandert sind und uns ein Einwohner mit seinem abgemagerten Pferd begleitet hat. Wir erfuhren von unseren Spanischprofis, das die Pferde größtenteils für den Transport der kiloschweren Kaffeesäcke da wären. Leider reichte mein Spanisch nur dafür aus, sich mit ihm über das super leckere Essen Costa Ricas zu unterhalten. Denn das sind doch die wichtigen Vokabeln, oder? Das Essen ist aber genauso wie die Natur wirklich Traumhaft.

Von Costa Rica haben wir schon die wunderschönen Strände mir riesigen Pazifikwellen und den wunderschönen Regenwald gesehen. Dass der Wald den Namen „Regenwald“ verdient hat, erlebten wir schnell, als wir auf der Tropenstation La Gamba ankamen. Während des Regens haben es sich alle in den Hängematten gemütlich gemacht und dem Prasseln des Regens zugehört. Und während wir da so lagen, fiel uns auf, dass ungefähr Halbzeit ist. Jeder fing an zu erzählen, wie der Anfang war und was sich alles verändert hatte. Jeder hatte sich durch die verschiedenen Orte und Menschen selbst verändert und sich auch in den verschiedensten Situationen besser kennengelernt und seine unterschiedlichsten Grenzen herausgefunden. Und ich bin mir sicher, dass das weiter in den kommenden Monaten passieren wird. Gespannt bin ich jedenfalls auf die anstehenden Expis und auch, wie es sich anfühlen wird, auf unserer Geliebten Roald am Ruder zu stehen und nach Osten zu steuern und mit jeder Seemeile der Heimat näher zu kommen.

Mit lieben Grüßen an alle Neugierigen.
Janina