Erster Schülerrat

Datum: 30. Oktober 2017
Position: 43°37,3’N, 009°12,4’E
Etmal: 125 NM
Wetter: Wasser 17°C, Luft 17°C, Wind 6 Bft.
von Andy

Gestern um 15:00 Uhr haben sich alle Schüler in der Messe zur ersten Schülervollversammlung getroffen. Zu Beginn der Versammlung hat Verena uns kurz zurückgemeldet, was gut läuft und in welchen Bereichen wir uns noch verbessern könnten/sollen. Ein Problem ist zum Beispiel, dass wir immer noch zu viel Wasser verbrauchen … Wenn das im Atlantik immer noch so wäre, müsste man dann irgendwann das Wasser in den Duschen ganz abdrehen. Dann hat Verena uns noch erklärt, dass wir jetzt unterschiedliche Ämter übernehmen dürfen: So gibt es ein Wasserteam, das den Wasserverbrauch beaufsichtigt, Duschpläne und Ähnliches machen soll. Des Weiteren gibt es den Schiffserhalt. Das sind zwei Personen, die den Überblick behalten sollen, ob alles noch funktioniert, und wenn etwas nicht funktionieren sollte, es dann reparieren. Zwei andere Schüler sollen Lilly (Deckshandanwärterin) beim Konsum unterstützen. Der Konsum ist so etwas wie ein „Kiosk“ an Bord, bei dem sich alle Mitfahrenden Süßigkeiten oder Getränke kaufen können. Dann werden zwei weitere Schüler von Verena (Deckshand und Lehrerin) darin angeleitet, die Waschmaschine zu bedienen und für alle an Bord Wäsche zu waschen. Es gibt noch das sogenannte „Doku-Team“, was den HSHS-Blog 2017/18, ein Jahrbuch, Fotos, Filme und Texte erarbeiten bzw. organisieren soll. Das wollten mehrere Schüler machen, so dass es dort nun sechs Leute im Team gibt.

Zu guter Letzt haben wir unsere zwei Schülervertreter, die, wie das Wort schon sagt, die Interessen der Schüler vertreten sollen, gewählt. Laurine und Lukas hatten die meisten Stimmen. Sie sind nun die Ansprechpartner von Schülern, der Stammcrew sowie der Lehrer und sind beim Projektrat dabei. Nachdem die Schülervertreter gewählt worden waren, sind die Lehrer weggegangen und dann haben Laurine und Lukas noch die oben genannte Ämtereinteilung organisiert. Als die Schülerbesprechung fertig war, habe ich mir noch schnell meinen Klettergurt und meine Gummistiefel angezogen und bin hoch ans Deck und habe mit dem Schrubben des Decks meine Wache begonnen. Das war dann auch das „Spannenste“ in meiner Mittagswache, da ich sonst „nur“ noch eine Stunde im Ausguck stand.

Als ich dann endlich wachfrei war, habe ich mich nach einer Runde Rummikub mit Carlotta, Will, und Eike hingelegt. Dann wurde ich um 3:30 Uhr von Paul mit der Frage: „Wie viele Rahen hat die Roald?“ zu meiner Wache geweckt. Am Anfang der Wache habe ich mit Freyja den Brotteig, den die 0-4 Wache vorbereitet hat, zu Semmeln geformt. Wir haben runde-, dreieckige-, und viereckige Semmeln gemacht, damit alle zufrieden sind. Als wir fertig waren, haben wir dann kurz alles abgespült und sind zur Brücke gegangen. Dort haben wir „Teekesselchen“ gespielt, Witze erzählt, darüber gesprochen, wie man im Brandfall handeln soll, und sogar „Jingle Bells“ zu einem Lied für die aufziehende Wache umgeschrieben:

Wache 3, Wache 3 – die Nacht ist jetzt vorbei.
Hoffentlich gibt“s für uns zum Frühstück Obst und Brei.
Wache 3, Wache 3 – stellt euch richtig auf,
denn auf länger draußen sein, haben wir kein“ Bock mehr drauf.
Warme Brötchen, oh wie fein.
Wir woll“n schnell ins Warme rein!
Unser Ölzeug zieh“n wir aus.
Dann beginnt der Frühstücksschmaus!
Und wir machen Reinschiff jetzt,
alle Stellen sind besetzt.
Danach legen wir uns hin
und haben nur noch Schlaf im Sinn – hey.
Wache 3, Wache 3 – die Nacht ist jetzt vorbei!
Hoffentlich gibt“s für uns zum Frühstück Obst und Brei.

Andy

P.S.:
1. Da der Beitrag wahrscheinlich erst morgen online ist, wünsche ich meiner Mama heute schon
alles Gute zum Geburtstag! 😀 (Andy)
2. LG an L. in L. von L. und A².
3. LG an die Jungs aus dem Westerwald (auch von Erich Horst).
4. Alles Liebe nachträglich zum Geburtstag Larsi!! (von Nine)
5. Johanna gratuliert Sophie nachträglich zum Geburtstag und grüßt die Familie in Bremen,
Schwerin und Frankfurt!
6. Milena wünscht ihrem Onkel alles Gute zum Geburtstag

Der Tagesablauf aus Hundesicht

Datum: 29. Oktober 2017
Position: 45°37,1 N, 008°13,7 W
Etmal: 58 NM
Wetter: Wasser 17°C, Luft 17°C, Wind 4 Bft.
von Erich Horst (Verena)

Moin ihr da draußen, ich bin“s wieder, Erich Horst (ihr wisst schon, Kuschelhund der Chefin). Nun sind wir schon eine ganze Weile unterwegs und ich will euch mal erzählen, wie es hier wirklich an Bord zugeht. Angefangen hat unsere Reise ja quasi damit, dass wir in Brunsbüttel an einem Sonntag per Dinghi noch 300 Rollen Klopapier gebunkert haben. Witziger Witz von Chefins Berufsschule für Schifffahrtskaufleute: „Welches Papier ist das wichtigste Schiffspapier?“ „Das Klopapier!“ Haha. Aber stimmt irgendwie doch schon, sonst hätten wir es ja nicht spontan doch noch mitgenommen. Im Ärmelkanal erlebten wir zwei Stürme nacheinander. Es ist alles andere als nett, eine lange Reise mit 30 motivierten Schülern so zu beginnen, dass sie erstmal tüchtig auf die Mütze kriegen. Aber es hat auch was Gutes, sagt Chefin: nach diesen Stürmen hat keiner mehr die Idee im Kopf, dass wir eine flauschige Kreuzfahrt in die Karibik machen. Alle wissen jetzt von ganz alleine, was es heißt, seefest zu stauen oder einfach nur „eine Hand für dich, eine fürs Schiff“.

Dafür zeigt sich die Biskaya seit einigen Tagen von ihrer allerfreundlichsten Seite. Eine leichte Brise lässt uns sanft in die richtige Richtung schaukeln. Die Menschen zuppeln nur hin und wieder ein bisschen an den Segeln und kümmern sich in der Zwischenzeit um Ausbildung, Schiffserhalt, Reinschiff und um uns Kuscheltiere. Bisher habe ich nur die Tiere aus dem Messelogis kennengelernt. Da sind einmal Monkey und Little Welpe. Die beiden sind schon ausgelernte Stammkuscheltiere, kennen sich prima an Deck aus und verbringen sogar ganze Sturmnächte draußen. Gestern sind auch Anders (ein reisefreudiger Tupfentapir) und ich an Deck und auf die Brücke gekommen, wo wir alle zusammen Fotomodels waren. Chefin sagt, es gibt noch viel mehr Kuscheltiere an Bord, sogar einen ganz großen Eisbären. Hoffentlich treffe ich die bald alle im Sonnenschein an Deck. Ich teile mir die Koje außer mit Chefin auch noch mit dem Huhn Käthe, das sitzt aber seit unserer Abfahrt in Kiel verschreckt in einer Ecke. Da es aber mit jedem Tag wärmer wird, kommt es bestimmt auch bald raus.

Apropos raus: es ist immer wieder ein amüsantes Schauspiel, wenn Chefin morgens versucht, aus unserer Koje zu klettern. Wir wohnen in der vordersten, obersten Koje überhaupt. Chefin kann sich dort nicht aufrecht hinsetzten und entwickelt vom An- und Ausziehen im Liegen schön Bauchmuskeln. Dann wälzt sie sich herum, schiebt sich ans Fußende und zappelt mit dem linken Bein so lange in Christines Koje, die schräg unter ihr ist, bis sie einen Standpunkt gefunden hat, der außerhalb von Christines Körper liegt. Vorsichtig folgt das rechte Bein und schließlich der restliche Körper, der sich schlangengleich zwischen Annikas Hängematte und Kojenkante nach unten schiebt. Wenn die Roald sich dabei nach Steuerbord legt, schnappt Chefin kurz nach Luft, weil Annika sie mit ihrer Hängematte einquetscht. Wenn Chefin endlich auf dem Boden angekommen ist, steht sie da und guckt verzweifelt zurück in ihre nun unerreichbare Koje, weil sie wahlweise ihre Brille, ihr Merino-Halstuch oder ihre Wasserflasche oben vergessen hat. Dann folgt der Akt ein zweites Mal. Gut, dass Christine einen so guten Schlaf hat.

Vor dem Zähneputzen ist Chefins erster Gang immer der zur Waschmaschine. Während sie sonst recht undefiniert (aber sehr geschickt) zwischen ihren Rollen als Lehrerin, Trainee und Deckshand hin und her schlüpft, ist sie in ihrer Rolle als Waschfrau ganz klar. Dann ist sie „Clementine“ und schimpft über Taschentücher, die in den Taschen vergessen wurden. Was hat eine Dose Deospray in einem Wäschesack zu suchen? Was wäre damit wohl im Trockner passiert? Und warum geben Schüler nach zwei Wochen mehr Wäsche zum Waschen, als Chefin für das ganze halbe Jahr mit hat? Viele Stunden (und Waschmaschinen) später folgt die Hundewache. Unter dem Sternenhimmel und mit Meeresleuchten, Riggspaziergang, Geschichten vorlesen, Blödsinn sabbeln. Dialog auf der Brücke (man muss dazu wissen, dass die Geschwindigkeit auf dem Radargerät bei Drei Komma Null Knoten mit „3.0kt“ angegeben wird):

Schülerin 1: „Wie schnell fahren wir?“
Schülerin 2 am Ruder: „1,8 Knoten.“
Schülerin 1: „Ach, dann haben wir wieder den 1. Oktober!“
Deckshand: „Nein, das ist nur bei 1,0 Knoten.“
Schülerin 2: „Hatten wir auch schon mal den 10. Oktober?“
Chefin: „Ja, als wir mit dem Strom auf der Elbe rausgefahren sind:“
Schülerin 1: „Hä, das geht doch gar nicht, wir sind doch erst am 14. Oktober losgefahren.“
Alle auf der Brücke: „Schüüüüüleeeeerin 1!“*
Schülerin 1: „Menno. Ich werde gemobbt.“
Chefin und Deckshand aus einem Munde: „Ja!“ [natürlich nur ein Scherz!]
Steuermann: „Kann schnell einer die MOB-Taste drücken?“**
(*natürlich haben die nicht „Schüüüleeerin“ gerufen, sondern mit rollenden Augen langgezogen den Namen der Schülerin 1; **MOB = Mann-über-Bord-Boje)
Kaum denkt man, das Niveaufall wurde wieder durchgeholt, schon steht der Toppsgast da und erzählt: „Zwei Leberwürste sitzen auf der Rah. Eine schubst die andere runter. Welche Leberwurst hat geschubst? – Die grobe.“ Zeit für den Wachwechsel und ab in die Koje, wo Chefin bis zur nächsten Waschmaschine mit mir kuschelt.
E. Horst aka Verena

Grüße:
LG von TG A. an L. in L.
Lilly schickt Grüße an den LangeClan und natürlich auch an meine Omas in SB und LA!
Verena grüßt ihre ganze Schule. Für euch sind die Ferien jetzt vorbei, ich fahre einfach weiter. Das fühlt sich immer noch komisch an. Danke euch allen nochmal für die Unterstützung, die guten Wünsche und tollen Geschenke für die Reise!
Der Roald-Stamm (insbesondere der HSHS-Erfahrene von vor 2 Jahren) grüßt alle HSHS-ler (2015/16) aus einer Ententeich-ähnlichen Biskaya, die bisweilen geradezu zu einem Badestopp einlädt – völlig untypisch aber irgendwie richtig toll.