Den Weg, den man beschreitet

Datum: 5. Februar 2018
Position: 16°39,3’N, 078°35,4’W
Etmal: 109 NM
Wetter: Wasser 27°C, Luft 28°C, Windstärke 4
von Paul

Gemütlich schwappt der heiße Kaffee in der Tasse vor sich her. Langsam zieht er im Takt der Wellen seine Bahnen. Beliebt ist er ohnehin ganz klar in jeder Situation. Und noch beliebter bei ihm. Das Schiff befindet sich auf Position 16 Grad 38,9 Minuten nördlich und 078 Grad 35,3 Minuten westlich, auf Kurs Drei-Fünf-Eins über Grund von Panama nach Kuba. Mit festen Schritten nähern sich Füße der Brücke. Zuerst noch schnell, dann immer langsamer. Schritt für Schritt, Hall für Hall. Die Schritte verstummen in einer standhaften Haltung und ein fokussierter Blick streift über den Bildschirm vom Radar. 16:53:29 Uhr UTC. Sein Blick schweift weiter und bleibt an der nächsten Anzeige hängen. Der Wind kommt aus Nord-Ost. Die Wassertiefe ist nicht mehr messbar, aber die Messung der letzten Stunde lassen knappe 4000 Meter vermuten. Ein prüfender Blick streift über den Kompass, Kurs Null-Null-Zwei. Sein Blick nähert sich wieder dem Radar. Umso mehr Höhe wir nach Osten gewinnen können, umso mehr kann anschließend mit dem ENE-Wind Richtung Kuba gesegelt werden. Kurs Null-Null-Fünf wäre besser.

Mit gekonntem Handgriff wird die Seeschlagblende vom Radar geöffnet und in der geöffneten Position fixiert. Exakt wird der Knopf getroffen, der auf die farbenfrohe Radaransicht umschaltet. Auf der Anzeige befindet sich vor dem Schiff, etwa auf zwei Strich Steuerbord, ein grünlicher Fleck. Das AIS hat schon sein geometrisches Muster darübergelegt. Präzise rollt er mit dem Cursor auf das Objekt zu. Nach der Selektion steht es fest: Ein Schiff von 128 Metern Länge und 28 Metern Breite auf Kurs Drei-Fünf-Fünf. Sieben Seemeilen Abstand. Seine Miene verhärtet sich. Der CPA, der Wert für den dichtesten Abstand der Annäherung, ist unter einer viertel Seemeile. Er nimmt erst einmal einen großen Schluck Kaffee, denn Kaffee ist in solchen Situationen immer gut. Doch die TCPA, der Zeitpunkt der Annäherung, liegt erst in über 100 Minuten. Ein zweiter Blick auf den CPA lässt feststellen, dass der Abstand schwankt. Jetzt gerade liegt er wieder bei zwei Seemeilen. In zehn Minuten wird er sich das Ganze noch einmal anschauen.

16:58:29 Uhr UTC. Es ist Zeit, den nächsten Punkt in die Karte einzuzeichnen und das Logbuch zu führen. Seine Füße bewegen sich sicher die drei hölzernen Stufen hinunter. Auf dem schwankenden Weg in die Navi zeigt das Thermometer 26 heiße Grad Celsius an. In der Navi angekommen, zeigt sich seine Routine. Seefest steht er vor dem Kartentisch, die Lampe wird angeknipst, der Kugelschreiber zu seiner Linken gegriffen, dann fällt sein geübter Blick auf die Position. Uhrzeit, Wetter, Windrichtung, Windstärke und Kompasskurs werden im Logbuch notiert. Mit flinken Fingern ist auch die Position eingetragen. Zu seiner Rechten befindet sich der Bleistift, das Navigationsdreieck und der Zirkel. Parallel legt er das Navigationsdreieck zu den Breitengraden an. Langsam verschieben, bis der richtige Breitengrad anliegt. 17 Grad 39,3 Minuten nördlich. Mit leichtem Druck wird ein deutlich erkennbarer Strich gezogen.

Der glänzende Zirkel liegt gut in seiner ruhigen Hand. Vom Kartenrand bis zum Längengrad nimmt er den Abstand ab. Angelegt wird er wieder auf die frisch gezogene Bleistiftlinie. Punkt! Genau da befindet sich das Schiff in diesem Moment. Mit den Ziffern „1200“ wird noch die Uhrzeit zur Position festgehalten. Im fest montierten Holzkasten an der Steuerbordseite verstaut er wieder Bleistift und Zirkel. Das Navigationsdreieck wird noch über die aktuelle und die letzte Schiffsposition gelegt und der gefahrene Kurs abgelesen. Er notiert im Logbuch Kurs Drei-Fünf-Eins. Ein letzter Blick auf das Radar. Das andere Schiff hat seinen Kurs um 10 Grad in Richtung Jamaika (Osten) geändert. Alles wieder in Ordnung. Seine Miene entspannt sich und er genießt einen großen Schluck warmen, leicht bitteren Kaffee, aber so ist er perfekt. Mit dem warmen Getränk im Bauch tritt er wieder den Weg ins Freie an. Liebe Grüße aus der Karibik!
Paul

P.S.:
1. Liebe Grüße an meine Familie, Paul
2. Ich grüße meine Oma und meinen Opa in Nienburg! Rasmus

Die Überwindung des Backschaft-Tagesmeldungs-Dilemmas

Datum: 4. Februar 2018
Position: 14°59,3’N, 079°22,1’W
Etmal: 117 NM
Wetter: Wasser 27°C, Luft 28°C, Windstärke 5
von Andy

Tagesmeldung zu schreiben, ist eigentlich ziemlich einfach. Eine gute Tagesmeldung zu schreiben, ist schon etwas schwieriger. Eine gute, kreative Tagesmeldung zu schreiben, die auch wirklich den ganzen Tag beschreibt, ist sehr schwer. Aber eine Tagesmeldung zu schreiben, wenn man von 8:00 Uhr bis 12:30 Uhr Wache hat, weil man eine halbe Minute zu spät zum Wachwechsel da war, und zusätzlich dann auch noch von 12:30 Uhr bis 20:00 Uhr Nachmittagsbackschaft hat, weil man eine durch Seekrankheit verpasste Backschaft nachholen muss, ist eigentlich unmöglich. Aber da wir hier beim HSHS-Projekt unsere persönlichen Grenzen überschreiten sollen, versuche ich das genau mal jetzt!

Anfangs war eigentlich alles nicht so schlimm. Normalerweise hätte ich von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr Wache gehabt und hätte dann bis um 17:30 Uhr Zeit gehabt, um meine Tagesmeldung zu schreiben. Alles fing damit an, dass sich Jerit beim Frühstück dafür bedankt hat, dass ich seine Nachmittagsbackschaft übernehme. Zunächst dachte ich, dass es einfach nur ein Scherz ist, aber als ich auf den Backschaftsplan schaute, war das kleine „n“ (= Nachmittagsbackschaft) bei Jerit durchgestrichen und dafür bei meinem Namen eines eingetragen. Die Beauftragte für den Backschaftsplan ist Lilly, die bei der 0-4-Wache mitfährt, also musste ich bis zum Mittagessen warten, um diese Planänderung mit Lilly klären zu können. Als ich Lilly dann um 11:30 Uhr gefunden habe, meinte sie, dass Martin für jegliche Änderungen verantwortlich sei. Also bin ich zu Martin gegangen, der meinte, dass es nicht möglich sei, die Backschaft zu tauschen, und dass ich, wenn überhaupt, den Tagesmeldungstermin tauschen muss. Jetzt musste ich mich also an Katharina wenden, die für die Tagesmeldungen verantwortlich ist. Sie meinte nun, dass es für sie vollkommen in Ordnung wäre, wenn ich eine Person finde, die bereit ist, mit mir ihren Tagesmeldungstag zu tauschen.

Wie ihr euch aber bestimmt vorstellen könnt, waren nicht alle Schüler so begeistert von der Idee, kurzfristig am nächsten Tag ganz spontan die Tagesmeldung zu übernehmen. Irgendwann war dann schon Abendessen, wonach Tom L. noch sein Referat über die Beziehung zwischen Kuba und den USA gehalten hat. Es war eigentlich ganz interessant, aber das hat mir nicht mehr, sondern nur noch weniger Zeit verschafft, um das Backschaft-Tagesmeldungs-Dilemma zu lösen oder in Angriff zu nehmen, denn danach war ich so müde, dass ich einfach nur noch schlafen wollte. Wie ich oben schon beschrieben habe, war mein heutiger Tag sehr voll, man könnte schon sagen: TOTAL ÜBERLADEN. Im Prinzip ist es mir jetzt selber schleierhaft, wie und vor allem wann ich diese Tagesmeldung dann trotzdem geschafft habe zu schreiben …
Andy

P.S.:
1. Ich grüße meine Eltern und meine Familie. Außerdem grüße ich alle meine Freunde und Bekannte. Ich bin nicht mehr seekrank und es geht mir wieder super! :D. Andy
2. An alle die zuhause in Minga sind: Leudde ich vermiss euch!!! Hätte nix dagegen, euch auf Kuba zu treffen… (könnt alle kommen, gibt sicher Gruppenrabat oder so). LY
3. Grüße insbesondere meine herzallerliebste Schwester, die meine Sachen anzieht, und meine Eltern … Mama, hoffe du konntest deinen Geburtstag genießen! Glg an alle, die diesen Blog verfolgen!! Anouk
5. Ich grüße Wasti Opa, Mexel, Backoma, Ahlrich, Insa und Edeltraut und bedanke mich nachträglich für all die lieben Karten und Briefe, die ich bekommen habe. Achja, Connni möchte ich mitteilen, dass das mit Regel 3 und 4 noch nicht so gut klappt, aber ich arbeite dran (zumindest an Regel 3 ;)). Rosa
6. Alles, alles Gute und Liebe zum Geburtstag, Mama !!! Ich vermisse dich sehr und hab dich sehr lieb. Küsse. Nico