Das letzte Mal?

Datum: 24. April 2017 (Tag 199)
Position: 47° 25,0′ N , 021° 45,4′ W
Etmal: 148 nm
Wetter: Luft 15°C, 1020 hPa, bedeckt, Wind ENE, 3 Bft.
von Karla

karlaWie so viele es jetzt schreiben werden, auch dieser Tagesbericht ist mein letzter. Alle sagen „Ohh, bei meinem letzten Tagesbericht muss ich etwas ganz besonderes schreiben“, doch was ist denn eigentlich anders als zu Anfang der Reise? Eigentlich nicht besonders viel. Zwar sind wir jetzt eine Gemeinschaft geworden, eine Familie, doch an den Segelmanövern hat sich eigentlich nichts geändert. Auch unser Kapitän vom Ablegen in Hamburg, Norbert, ist wieder an Bord und wird uns hoffentlich auch wieder sicher nach Hamburg bringen. Doch jetzt steuern wir erst einmal Richtung Portugal mit neu gesetzten Segeln, denn würden wir weiterhin mit der Maschine Richtung Heimat fahren und der Wind immer weiterhin zunehmen, dann würden wir leider zu viel Sprit verbrauchen und gar nicht mehr ankommen. Also konnten wir unsere Fähigkeiten beim Segelsetzen noch mal beweisen. Das letzte Mal?

Ja vielleicht, jetzt kommt die Zeit, wo wir immer sagen „das letzte Mal“. Doch es fing doch schon an mit dem letzen Mal die Last wieder einzuräumen. Morgen geht es weiter mit dem letzten Mal Backschaft auf See. Das letzte Mal mit Seegang und fliegenden Töpfen in der Kombüse, denn in Glückstadt ist alles wieder ruhig. Dann kommt irgendwann das letzte Mal Wache, das letzte Mal früh aufstehen. Auch das letzte Mal Grünen Plan machen und das letzte Mal Großreinschiff. Das letzte Mal die Last ausräumen und alle Sachen in die eigene Taschen packen. Alles aufräumen und alle High Seas Sachen, die entstanden sind, wie den High Seas Kalender und die Dekoration im Pumakäfig wieder abmachen.

Dann kommt auch schon die letzte Nacht, das letzte Mal in die eigene Koje steigen und merken, das letzte Mal so ein enges Bett. Das letzte Mal eine Zahnputzparty machen und das letzte Mal morgens aufstehen. Das letzte gemeinsame Frühstück und dann wahrscheinlich auch das letzte Mal auf die Toilette gehen und das letzte Mal die Klospülung mit dem Fuß betätigen. Und dann kommt ganz zum Schluss, das letzte Mal Ablegen, das letzte Mal Anlegen und das letzte Mal von der Jonny gehen. Wir alle, die eine Familie geworden sind, werden uns aber hoffentlich nicht zum letzte Mal sehen, sondern nur für eine bestimmte Zeit nicht.

Die ersten haben sich schon für Montag zum Döneressen verabredet und die nächsten planen schon den gemeinsamen Urlaub. Ich denke, dass wir hier alle Freunde fürs Leben gefunden haben und wir uns immer gerne gegenseitig besuchen und gemeinsam vielleicht die Sachen machen, dir wir jetzt gerade das letzte Mal nennen. Zusammen Kochen oder vielleicht auch zusammen Segeln gehen. Viele Dinge kann man jedoch nicht noch mal geschehen lassen, doch uns bleiben immer noch die vielen schönen Erinnerungen, die vielen Fotos und die Einträge ins eigene oder auch fremde Tagebuch. Danke für all das! Ganz viele Grüße,
Eure Karla

P.S.: Auch jetzt werde ich noch mal zum letzten Mal Grüße senden. An meine Eltern, meine Schwester, meine Großeltern und meine Freunde. Ich freue mich riesig euch alle wieder zu sehen.  Vielleicht ja am Samstag, den 06.05.2017 um ca. 11:00 Uhr am Klubhaus von Clipper DJS. Ich freue mich auf euch 😉

Horta

Datum: 12. April 2017 (Tag 187)
Position: Horta, Azoren
Etmal: 168 nm
Wetter: Luft 15°C, 1011 hPa, bewölkt, Wind NW 2 Bft.
von Karla

karlaDer letzte Tag auf See und der erste Tag wieder an Land. Am Morgen wurde noch mal mit Salzwasser gekämpft und damit wir auch nicht verdursten, noch mal der letzte Wasservorrat aus der Last geholt. Jetzt haben wir nur noch 0,0001 ml Wasser, haha. Zum Glück sind wir aber gegen Mittag an der Pier von Horta angekommen: Das erste Mal wieder Land unter den Füßen. Wir haben heil den Atlantik überquert! Juhuuuuuhhhhh!!!

Doch vor dem Einlaufen durften wir draußen vor der Hafeneinfahrt noch schöne Kreise fahren, da wir noch auf ein Schiff warten mussten, das noch auf unserem Liegeplatz lag. Wir haben die Zeit genutzt, um unsere Johnny etwas flotter aussehen zu lassen. Die Segelkleider wurden schnell übergezogen. Immo und ich wurden leider von unserer restlichen Wache etwas im Stich gelassen, aber zu zweit kann man schon mal das Segelkleid von dem Schoner machen, wir sind ja schon 6 Monate auf diesem Schiff. „Ihr seid so tohooll“(Z. Zora, die krank in ihrem Bett lag). Das Anlegemanöver verlief ausnahmsweise ohne nachfolgende Schäden. Die erste wichtigste Sache war dann natürlich sofort den Wasserschlauch rüber an Land zu geben. Endlich wieder fließend Wasser! Doch lange sollte uns das Vergnügen nicht bleiben. Der Hafenmeister kam und hat den Schlauch abgesteckt. Danke schöönn. Es lief mehr Wasser aus dem Schlauch als in die Tanks. Der passende Adapter musste in den Tiefen der Last noch gesucht werden. Das Wasser lässt also noch etwas auf sich warten.

Nachdem dann doch getankt wurde und wir auch ein paar Decksarbeiten erledigt hatten, hieß es dann zum ersten Mal wieder Landgang. Natürlich war der Supermarkt und das freie WLAN schon gefunden worden. Alle machten sich somit auf den Weg, den Berg hoch, wo schon so einige verzweifelten, zum Supermarkt. Wir kamen in ein Paradies: Überall frische Früchte – von Äpfeln zu Birnen über Bananen und noch mehr Äpfeln. Auch die anderen Regale leuchteten einen nur so an und wir waren alle happy. Zudem waren die Preise hier High Seas freundlich und man konnte endlich wieder in einen knackigen und saftigen Apfel beißen.

Der Abend wurde dann weitgehend noch im Internet verbracht, wo schon die ersten Kontakte nach Zuhause geknüpft wurden. In der Messe entstand eine Bio-Arbeitslerngruppe, die für die Arbeit morgen fleißig lernte. Die arme Mira, die ebenfalls in der Messe saß und Tagebuch schreiben wollte, wurde immer wieder von irgendwelchen Frage von uns am Tagebuchschreiben gehindert. Mehr als zwei Sätze konnte sie leider nicht hintereinander schreiben. Sorry, doch jetzt sind wir topfit auf die Arbeit vorbereitet, Danke. Die Hafenwache startete auch wieder wie gehabt und alle freuen sich auf die erste Nacht, ohne das Geschaukel der Johnny.
Viele liebe Grüße an alle, eure Karla

P.S.: Als erstes Grüße ich ganz lieb meine Schwester. Ich habe dich ganz doll lieb. Genieße jetzt noch die restliche Zeit in England mit einer neuen und besseren Familie. Spiele für mich etwas Hockey mit.
P.P.S.: Meine Eltern, Großeltern, Tante und Onkel grüße ich natürlich auch noch. Macht euch ein paar nette Ostertage zusammen.
P.P.P.S.: Und auch noch die letzten Grüße an meine Freunde Leo, Stine, Alina, Julia und Sophie. Viel Glück und frohes Schaffen bei den letzten mündlichen Prüfungen