Schicksal

Datum: 14. April 2017 (Tag 189)
Position: Horta, Azoren
Etmal: –
Wetter: Luft 16°C, sonnig & bewölkt
von Immo

immanuel17.01.1957, 08:30 pm
Die Kinder waren heute mal wieder unten an der Küste spielen und ich habe mich wie immer äußerst rechtschaffen um das Leuchtfeuer gekümmert. Sonst war mal wieder ein wunderschöner Tag: Es ist kalt, aber die Sonne spiegelt sich auf dem Atlantik. Mel Jolie hat heut‘ Abend ein vorzügliches Gallo pinto gekocht.

25.01.1957, 11:24 am
Grade eben waren die Walfischer da, sie erzählten von einem komischen Phänomen, bei dem nahe der Küste Fontänen aus dem Meer empor gespritzt wären. Zuerst hätten sie dies für Wale gehalten, die sich in Küstennähe begeben haben, hätten dann jedoch bemerkt, dass in der Nähe der Fontänen das Wasser nahezu gekocht hätte. Mysteriös! Aber Wale gab es weit und breit keine. Welches Ungeheuer mag die Ursache für dieses Phänomen sein? Alles ist ungewiss.

25.01.1957,  02:12 pm
Gerade eben hat es einige Erdstöße gegeben – alles hat gewackelt. Keiner weiß was hier los ist. Ich habe aber bereits bei der Presse angerufen, die wollen morgen kommen und einen Artikel über die merkwürdigen Ereignisse in kürzester Zeit berichten.

26.01.1957, 04:56 am
Vor drei Stunden hat der Ozean angefangen Lava zu spucken. Riesige Feuerfontänen erhellten die Nacht! Das Spektakel fand ungefähr eine Meile von unserem Leuchtturm entfernt statt. Was in Gottes Namen geht hier vor sich?

26.01.1957, 03:36 pm
Diese Reporter hatten einen Vulkanismusexperten mitgebracht. Dieser Narr meinte doch ernsthaft, es würde sich um eine seltene Erdaktivität handeln, bei der sogar neue Inselketten entstehen könnten. Dieser Mann ist doch nicht ganz bei Sinnen… Neues Land!

28.01.1957, 07:59 pm
In den letzten Tagen bebte die Erde immer öfter. Jetzt steigen auch tagsüber mystische Dämpfe aus dem Wasser auf. Kinder und Frau sind verängstigt, aber ich kann ihnen auch nichts genaueres sagen.

02.02.1957, 05:57 am
Letzte Nacht haben wir über 400 Erdstöße gezählt. Es ist schrecklich! Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugedrückt. Wir mussten das Haus verlassen und im Garten schlafen. Wir haben schreckliche Angst.

05.02.1957, 09:14 pm
Heute ist plötzlich eine riesige Aschewolke explosionsartig aus dem Meer aufgestiegen und hat überall eine Ascheschicht hinterlassen. Momentan kann man noch nicht sehen, was genau passiert ist, weil überall noch der Aschenebel steht. Mir wurde bereits die Nachricht überbracht, dass ich den Leuchtturm aufgeben soll. Die Arbeit ist mir aber zu wichtig. Mel Jolie und die Kinder haben versucht die Straße freizuschaufeln, damit wir nicht festsitzen. Aber wir können nicht weg, wir brauchen das Geld.

07.02.1957, 05:04 pm
Es gab noch mehrere Aschewolken, diese´haben sich aber jetzt gelegt. An deren Ursprung hat sich eine neue kleine Insel gebildet! Der verrückte Forscher hatte recht! Was soll das alles? Niemand kann es mir erklären. Es ist schrecklich!

15.02.1957, 06:46 am
Es reicht! Das war unsere letzte Nacht hier in dieser Hölle! Die letzten Tage konnte man geradezu beobachten wie die „neue Insel“ geradezu aus dem Atlantik geschossen kam! Erdstöße sind schon zur Gewohnheit geworden, durchgehend diese monströse Aschewolke über dem Haus, Vulkanexplosionen! Ich halte es nicht mehr aus.

17.02.1957, 04:30
Wir evakuieren jetzt das Haus. Wir verlassen diesen Platz. Das war mein letzter Eintrag. Wir sind weg.

Diese Geschichte ist nach einer wahren Begebenheit. Sie handelt von der Entstehung der neuen Insel, die Ende der 50er Jahre aus dem Ozean wuchs und sich heute mit dem Festland verbunden hat. Wir durften heute diese Insel besichtigen, in das Museum schauen und sogar auf den Leuchtturm gehen, in dem die Familie gelebt und gearbeitet hatte. In dem Text habe ich ungefähr versucht, die Informationen der Führung in einen Tagebucheintrag zu verwandeln, der hoffentlich so ähnlich existiert hat.

Für alle, die’s interessiert, wie’s weitergeht:
Die Familie hat wie gesagt nach einem Monat der Erderuption den Leuchtturm aufgegeben und ist geflohen. Es dauerte ganze 13 Monate, bis mit den Erdbeben, den Explosionen, Lavaströmen und Aschewolken ein Ende war und die neue Insel komplett fertig und mit dem Festland verbunden war. In dieser Zeit wurde der Ort ein beliebter Ausflugsort der Insulaner. An freien Wochenenden, Ferien oder Feiertagen unternahmen sie gerne Ausflüge zu dem ständig aktiven Vulkan. Außerdem machten die USA allen Einwohnern der Azoren das Angebot, in die USA einzuwandern, was die Azoren ganze 50% ihrer Bevölkerung kostete!

Ich hoffe mein Tagesbericht hat euch gefallen und er war einigermaßen informativ und ihr habt was dazugelernt!
Es war mein letzten Tagesbericht, wir sehen uns in Hamburg!
Immo

Der Countdown läuft

Datum: 31. März 2017 (Tag 175)
Position: 32° 29,6′ N, 061° 38,4′ W
Etmal: 151 nm
Wetter: Luft 17°C, 1018 hPa, bewölkt, Wind NW 3-4 Bft.
von Immo

immanuelIch habe mich heute spontan dafür gemeldet Tagesbericht zu schreiben – gleich darauf ist mir aufgefallen: Es ist leider nichts passiert! Die meisten liegen entweder seekrank an Deck oder in der Koje und schlafen. Aber dann meinte plötzlich jemand in die Runde: „Alter, heute sind es nur noch 36 Tage!“ später meinte jemand: „Wir haben nur noch 4 mal Backschaft oder so!“. Meine Damen und Herren, da wären wir: Der Countdown hat definitiv begonnen!
…die letzten 36 Tage! Das bedeutet nur noch 9 mal Grüner Plan, 5 mal Großreinschiff oder 4 mal Backschaft!
…heute ist zum letzten Mal „März“ 2017 bzw. auf dem Törn
…Azoren ist unser letzter geplanter Stop!
…das ist entweder mein letzter oder vorletzter Tagesbericht auf dieser Reise!
…Lara hat mir heute die Haare geschnitten – zum letzten mal vor Hamburg!
…die letzten Arbeiten kommen jetzt auf uns zu.

Man könnte das ganze wahrscheinlich ewig weiterspinnen, weil man zusätzlich manche Sachen ganz unbewusst „zum letzten mal auf dem Törn“ macht. Wie zum Beispiel Nudelauflauf bei der Backschaft… Aber wo kämen wir denn hin, wenn wir nur so denken würden! Wenn man genauer drüber nachdenkt, kann man nämlich alle Aussagen irgendwie umdrehen. Also machen wir das Glas jetzt mal wieder halb voll!:
…es kommen noch ganze 36 unvergessliche Tage auf uns zu!
…es ist zwar das letzte Mal März, was aber gleichzeitig bedeutet, dass morgen zum ersten Mal April ist und dann der ganz neue Monat vor der Tür steht!
… „der letzte GEPLANTE Stopp“…ich denke dadurch, dass es fett geschrieben ist, müsste allen klar sein, dass inoffiziell noch andere Landaufenthalte auf uns zukommen.
…letzter Tagesbericht… naja, für uns ist das jetzt nicht wirklich etwas Negatives 😉
…ich glaube, es ist für alle großes Glück, dass sie mich zum letzten Mal als verunglücktes Versuchskaninchen von Laras Friseurkarriere anschauen müssen…;)
…ich denke jeder freut sich, wenn alle Arbeiten geschrieben sind!

Da haben wir es … ist doch alles halb so schlimm! Und außerdem freuen sich auch viele auf ihre Familien und Freunde! Also vergesst die Überschrift mit dem Countdown wieder. Wir genießen die Zeit!
Immo