Von Lehrern und Schülern

Datum: 24. März 2016
Position: 32°22,7’N, 064°40,8’W
Etmal: 0 nm
Wetter: Wasser 21°C, Luft 21°C, Wind 3 Bft.
von Robin

Der März liegt in den letzten Zügen, unsere Tage werden wieder kälter. Die Roald hat die karibischen Traumstrände der neuen Welt längst hinter sich gelassen und segelt heimwärts. Was erwartet uns dort, im alten Europa, und was bringen wir mit? Zeit für einen nachdenklichen Blick zurück. Viel wurde gesagt und auch geschrieben in den letzten Tagen über die gewonnenen Erfahrungen unserer Schülergruppe. Unsere lieben Schülerinnen und Schüler, was habt ihr nicht alles gelernt, in- und (vor allem) außerhalb des Unterrichts, an Bord und an Land! Oft haben wir es euch vorgebetet, mittlerweile redet ihr auch schon selbst davon. Ich möchte an dieser Stelle daher nicht reflektieren, was wir euch alles beigebracht haben, sondern was ich von euch lernen durfte.

Ihr habt mir gezeigt, wie stoisch man lange Phasen von permanenter Übelkeit wegstecken kann. Gelassen einmal kotzen und dann wieder zurück auf die Backskiste, schicksalsergeben und wochenlang ohne eine Klage. Ihr habt mir auch gezeigt, zu welchen Leistungen junge Menschen fähig sind, wenn ihnen eine Sache wirklich wichtig ist. Ich scheute mich bisher davor, euch mitzuteilen, wie viel Respekt ich vor eurem täglich erbrachten Arbeitspensum habe: Lange Unterrichtstage, deren freie Stunden wir zusätzlich mit Schiffserhaltsarbeiten anfüllen, wechseln sich ab mit Wachtagen im Schichtrhythmus. Ein „unterrichtsfreier Tag“ am Wochenende wird in Vollwachen geführt und für Manöverübungen genutzt. Ich erinnere mich an den Ärmelkanal und die Biskaya, an stürmische Tage und kalte Nächte, die ich selbst noch im Wachrhythmus verbrachte, und wie sie mir körperlich alles abverlangten. [Gerade musste ich meine Tagesmeldung kurz unterbrechen, um meine benutzte Suppenschüssel abzuwaschen. Ole vom Ordnungsteam hatte mich freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen. Meinen Ehrentitel „Putzerfisch“ darf ich aus nostalgischen Gründen wohl weiterhin tragen, aber längst liegt die Organisation des Reinschiffs in Schülerhänden.]

Mittlerweile kann ich von euch viel über das Segelhandwerk lernen, ihr findet euch in und auf der Roald längst besser zurecht als ich. Und wenn ihr euch in dieser berüchtigten „Sozialkompetenz“ üben wollt, bringt ihr mir mal eben schnell was bei. Ihr habt mir gezeigt, wie eine bunt gemischte Truppe von Jugendlichen zusammenfinden kann, ohne auch nur einen auszuschließen, und dass ihr euch sogar aktiv um die Einbindung aller bemüht, jeder wie er kann. Ich habe erlebt, wie ihr alle stützt und mitnehmt auf dieser besonderen Reise, manchmal sogar uns Lehrer. Von euch durfte ich auch lernen, wie man eine richtige Kombüsenparty schmeißt. Und dass Chabos wissen, wer der Babo ist. Und dass Goethe sich nicht ficken soll, allen anderslautenden deutschen Kinohits zum Trotz. Ihr habt mir beigebracht, was eine Pütz ist und dass schnacken etwas ganz anderes ist als schnackseln. Ja, ich glaube ich habe auch schon viel gelernt, aber bitte lasst mich keine Klausur darüber schreiben! Wie soll man sich bei all den Ablenkungen auf dieser Reise denn nur aufs Lernen konzentrieren?!
Robin