Lianen, Wanderpalmen, Singzikaden und Co.

Tag: 8. Januar 2018
Ort: Station La Gamba, Costa Rica
Wetter: k. A.
von Will

Es ist für mich fast schon ungewohnt, nicht von jemandem geweckt zu werden, der sagt: „Will, Will, Will, Will, bist du wach? Du hast in einer halben Stunde Wache, es sind 25°C …“ Ich bin heute um kurz vor 7:00 Uhr aufgewacht und war ausgeschlafen! Auf der Roald ist das nicht alltäglich, was aber auch daran liegt, dass die Betten hier (Tropenstation La Gamba, Costa Rica) doppelt so breit sind. Ich habe mich dann beeilt, um pünktlich zum Frühstück zu kommen, bevor alles weggegessen ist… 😉 Das Essen ist hier nämlich sehr lecker. Es gab heute Morgen „gallo pinto“ (Reis mit Bohnen, ein typisch costaricanisches Gericht), Bananenkuchen, Spiegeleier, Käse, Melone, Ananas und Banane. Um 9:00 Uhr trafen wir uns dann mit Flo, einem Forscher der Station, der mit uns eine Wanderung durch Costa Ricas Tieflandregenwald machte und uns dabei sehr viel über die Regenwaldbewohner (Pflanzen wie Tiere) erzählte und zeigte. Wir erfuhren, was Wanderpalmen sind (Palmen, die ihre Wurzeln immer absterben und neu wachen lassen und sich so fortbewegen können), etwas über den Unterschied zwischen dem Sekundär- (schon mal gerodet) und Primärwald (unberührt), sahen Lianen, „army ants“ (Wanderarmeisen, die am Anfang ihrer Straße wie eine Armee vorrücken) und andere Ameisen, die in den Stacheln von bestimmten Bäumen leben und sie stark verteidigen, sowie einiges über Echsen, Schlangen und Spinnen. Für mich war aber eines der interessantesten Dinge die gigantisch laute Geräuschkulisse des Regenwaldes, die dank der Singzikaden, die in dieser Zeit schlüpfen, weswegen überall ihre leeren Hüllen hängen.

Um 12:00 Uhr gab es dann Mittagessen und bis 14:30 Uhr hatten wir Freizeit, die ich mir beim Tischtennisspielen mit Nico vertrieb. Nach dieser kleinen Pause machte Flo mit uns eine Führung über das Gelände der Tropenstation – vor allem durch den großen Garten, in dem sehr viele Pflanzen wachsen. Wir haben dort Kokosnüsse geerntet, mit der Machete geöffnet und dann gegessen. Auch der Koriander, die Hibiskusblüten und die Chilischoten, die dort heimisch sind, schmeckten sehr gut. Flo zeigte uns auch, wie sie hier Humus für die Aufforstung herstellen (in einem Kasten mit ganz vielen Regenwürmern). Sie haben hier auch Bienenstöcke. Ursprünglich haben die Bienen hier keinen Stachel, beißen nicht und sind harmlos und klein. Dann waren wir noch in einer kleinen Schlucht, die vor Kurzem erst vermessen wurde und in der die Jungbäume gezählt wurden. Dort genossen wir eine Weile die Stille. Naja, wie ich oben schon erwähnte, war es nicht wirklich still. Auf dem Rückweg haben wir noch Tukane gesehen. Bis zum Abendbrot spielte ich dann noch weiter Tischtennis. Nun sitze ich hier, tippe die Tagesmeldung und der Tag geht langsam zu Ende, während die eine Hälfte von uns noch auf Nachtwanderung ist, die wir (also die andere Hälfte von uns) morgen machen wird.
Will

P.S.
1. Ich finde es ist sehr schön und besonders hier, da man hier mitten im Wald ist und die Früchte, die man zu Hause immer für viel Geld kauft, einfach pflücken und essen kann. Ich hoffe ihr seid zu Hause noch nicht erfroren ;-). VG Will
2. Ich grüße alle Werdener zu Hause aus Costa Rica. Ich bedanke mich bei Hannelore u. Mario für den Brief und Mama, ich hab dich sehr, sehr lieb. 😉 (Tom)
3. Herzliche Grüße an meine Großeltern!! Danke Anni, Morli, Suse und Holger für euren lieben Brief und Mama, über deinen habe ich mich besonders gefreut!! Ich habe euch lieb! (Laurine)
4. Rosa bedankt sich ganz herzlich bei Opa Ahlrich+Insa und Wasti Opa+Mexel für die liebe (etwas verspätet angekommene) Weihnachtspost.
5. Ich grüße meine ganze Familie und ich hoffe, euch ist nicht zu kalt. Ich hab euch Lieb! (Theo M.)

 


14. Januar
Neue Fotogalerie (Nr.7)…!!!
„Atlantik II & Martinique“

 

Kinder, stellt die Stiefel raus!

Datum: 6. Dezember 2017
Position: 15°00,7’N, 040°05,9’W
Etmal: 120 NM
Wetter: Wasser 27°C, Luft 27°C, Windstärke 4
von Will

Ho, ho, ho! Das waren fast alle Geschenke, der Sack ist schon fast leer. Wo muss ich denn noch hin? Was ist DAS denn? Was suchen die da? Mitten auf dem Atlantik? Kinder? Die Zeiten werden immer merkwürdiger! Wie soll ich denn da hinkommen? … Ah, der Weihnachtsmann hat mir ja letztens beim Bingo erzählt, dass er neue Rentiere am Schlitten hat. Die sollen viel schneller sein und müssen weniger fressen. Mit denen komme ich bestimmt mehrmals über den Atlantik. Ich hoffe er ist gerade zu Hause … Der Weihnachtsmann kommt gerade vom Einkaufen und seine Wichtel helfen ihm tragen. Er lacht und erklärt sich natürlich sofort dazu bereit, mir seinen Schlitten zu leihen, da er weiß, wie wichtig meine Arbeit ist. Nun kann ich die Atlantiküberquerung antreten … und: Da ist das Schiff, ich sehe es schon. „Roald Amundsen“ … interessanter Name! Ach, das ist doch dieser Polarforscher. Ich erinnere mich noch, dass ich ihm damals in Norwegen auch immer etwas in den Stiefel gesteckt habe. Oh Mist! Ich muss mich beeilen, es ist schon 6:30 Uhr. Die Schüler stehen ja schon um 7:00 Uhr auf. Was sehe ich denn da? Ein Schüler am Ruder? Das ist ja interessant, ich glaube, da ich gleich ja eh wieder ein Jahr Urlaub habe, kann ich ja auch noch einen Tag lang hier bleiben. Naja, erst einmal an die Arbeit. „Rudolf, flieg bitte an die Bordwand!“

Hui das schwankt ja ganz schön, da ist die Reise per Schlitten ja deutlich angenehmer. Maaa…n, die Treppe (Niedergang) ist ja steil. Lange machen das meine Knochen nicht mehr mit. Da kommt Arbeit auf mich zu! Das sind bestimmt 50 Schuhe. Ist das warm hier unten! Hier könnte ich ja kaum schlafen. Was hab ich denn so in meinem Sack? Ich glaube, hier freut man sich mehr über Obst als über Schokolade. Ah, da hab ich ja noch etwas: Äpfel und Orangen – das wird sie freuen. Und dann doch auch noch ein bisschen Schokolade, die mag doch jeder! Fertig! Ich würde gerne sehen, wie sie ihre Stiefel finden und sich freuen. Das sehe ich immer gerne. Da sind schon die Leute, die die Schlafenden wecken gehen. Und da springen auch die ersten aus den Kojen und entdecken ihre gefüllten Stiefel. Aber was ist denn das? Sie essen nicht alles direkt auf, sondern gehen an Deck und ein Mann macht irgendwelche komischen Bewegungen mit den Händen und springt auf der Stelle. Es scheint als würden sie Morgensport machen. Diverse weitere Übungen folgen und nach dem ganzen Sport massieren sich die Kinder gegenseitig … ich höre etwas von wegen „regenerative Massage nach dem Sport“. Anscheinend ist das hier so etwas wie eine schwimmende Schule und der Mann da vorne, mit dem charmanten bayrischen Akzent, ist ihr Lehrer. Das ist ja eine schöne Idee: Schule auf einem Schiff. Plötzlich höre ich eine laute Glocke läuten. Es gibt anscheinend Essen. Ich begleite die Schüler in die Messe. Was ist das denn für ein üppiges Frühstück, das hab ich auf Schiffen aber anders in Erinnerung. Das sieht lecker aus! Ich setze mich mal dazu, sie können mich ja nicht sehen.

Beim Frühstück steht eine Frau auf und teilt die Reinschiffstationen „Messing putzen“, „Sanitär“ und „Messe, Gänge, Niedergänge“ unter den Wachen auf. Nach dem Frühstück beginnen die Schüler, fleißig zu putzen. Dann fängt der Unterricht an. Eine andere Frau steht vor der Klasse und sie reden und diskutieren über verschiedene Theorien zur Kommunikation. Es hört sich sehr spannend an! Nach 2 Stunden ist der Unterricht vorbei und die Schüler haben 15 Minuten Pause. Danach steht der Mann von heute Morgen vor ihnen. Er ist anscheinend nicht nur Sportlehrer, sondern auch für Mathematik zuständig. Sein Unterricht dauerte aber nur eine Stunde. Danach gibt es Mittagessen. In der langen Mittagspause spannen viele der Schüler ihre Hängematten auf und genießen die Sonne. Ich sollte mir mal ein Sommeroutfit zulegen, es ist schon ziemlich warm hier. Um 12:50 Uhr geht der Unterricht weiter, aber nur für vier Schüler. Wieder eine andere Frau steht nun vorne und redet plötzlich mit den Schülern auf Spanisch. Anscheinend sind das die vier Schüler aus der Klasse, die Spanisch schon können. Sie reden über die Eroberung Lateinamerikas durch die Spanier um 1500. Nach zwei Stunden Spanisch beginnt dann der Geschichtsunterricht. Die Frau aus dem Deutschunterricht ist auch die Geschichtslehrerin. Sie reden dort über das gleiche Thema wie im Spanischunterricht, nur jetzt geht es um Columbus und nicht um Pizarro. Danach gibt es Kuchen, es wird ein Türchen des Adventskalenders geöffnet und alle singen „Jingle Bells“. Dann verschwinden plötzlich alle Schüler schnell unter Deck, um sich feste Schuhe anzuziehen, damit sie Holzarbeiten machen können.

Nach getaner Arbeit essen sie dann alle zusammen ein wohlverdientes und leckeres Abendbrot. Es scheint heute etwas Besonders zu sein, da es Knoblauchbrot, Tomatenbutter, Avocado und Fisch in Tomatensauce gibt. Dies sind Leckereien, die die Schüler hier anscheinend nicht oft zu Gesicht bekommen. Abends sitzen sie noch gemütlich in der Messe beisammen, spielen Karten und unterhalten sich. Die Stimmung erscheint mir hier recht gut und das Projekt finde ich auch interessant! Vielleicht komme ich ja das nächste Mal wieder. Jetzt muss ich aber auch wirklich los! Rudolf wird langweilig, der fliegt ja schon den ganzen Tag ganz alleine hinter dem Schiff her. Bis nächstes Jahr liebe Kinder und eine schöne Adventszeit! Ach übrigens: Viele von ihnen haben an diesem Tag ihre Haare über Bord geworfen, da es mit kurzen Haaren an Bord wohl einfacher ist. Lasst euch überraschen, liebe Eltern. Ho, ho, ho…!
Will

P.S.
1. War der Nikolaus auch bei dir, Maxi? Ich vermiss´ dich und grüß´ Smilla von mir. (Laurine)
2. Alles, alles Gute zum Geburtstag, Anton!! Lass dich schön feiern und übertreib es nicht!! Ich vermisse dich! (Theo)
3. Eliya und Naomi, der Nikolaus hat mich sogar auf dem Schiff gefunden! War er auch bei euch? Ich drücke euch ganz fest, Lilly
4. Ich wünsche allen eine schöne Adventszeit und freue mich schon auf Vickies und Charlottes Bericht, was sie so vom Nikolaus bekommen haben! (Will)
5. Happy Birthday, Uffi (Milena)