Die unbewohnte Insel

Datum: 13. November 2017
Position: 30°08,4’N, 015°52,4’W
Etmal: 0 NM
Wetter: Wasser 22°C, Luft 25°C, Wind 3 Bft.
von Will

Heute wurden wir von Theo M. und Laurine um 7:00 Uhr mit fröhlicher Musik geweckt. Um 7:30 Uhr gab es dann für die Luv-Klasse Frühstück und um 8:00 Uhr für die Lee-Klasse. Nach dem Frühstück fand ein „All-Hands-Info“ statt, in dem erst einmal der Tagesablauf besprochen wurde. Auf Selvagem Grande, der Insel, vor der wir gerade ankern, leben nur fünf Menschen: Zwei Wasserschutzpolizisten, die hier eine Station haben, zwei Ranger, die die Insel „bewachen“ und das „Insel-Postamt“ verwalten und dann gibt es noch einen Maschinisten, der sich zum Beispiel um die Wasseraufbereitung und alle anderen wichtigen technischen Angelegenheiten kümmert. Bei ihnen wohnt außerdem auch ein Hund, der Selvagem heißt und gerne Flugzeugen hinterherjagt. Diese „Inselbesatzung“ wird alle zwei Wochen durch eine andere ausgewechselt. Sie werden dann mit einem Boot abgeholt und nach Madeira zurückgebracht.

In zwei Gruppen wurden wir auf der Insel herumgeführt: Die erste Gruppe startete um 9:00 Uhr ihre „Selvagem-Exkursion“ mit dem „Dinghi-Shuttle-Service“. Um 10:00 Uhr hatten sich die Ranger bereiterklärt, uns über die Insel zu führen. Um 12:00 Uhr war die Führung für uns dann vorbei und die andere Hälfte von uns durfte dann um 14:00 Uhr ihre „Insel-Führung“ beginnen. Die Insel war das erste Naturschutzgebiet in Europa und gehört zu Portugal. Hier leben besondere Vögel, die, soweit wir es verstanden haben, „Cory“s Shearwater“ heißen. Wären wir zwei Wochen früher da gewesen, hätten wir noch sehr viele Jungvögel sehen können, aber jetzt war nur noch einer in einer Höhle versteckt. Die Eltern verlassen die Jungen, nachdem sie stark genug sind, um alleine zu überleben. Die Eltern ziehen in den Süden – manchmal sogar bis nach Südafrika, die Jungen später dann auch. Dort bleiben sie bis sie ausgewachsen sind und dann suchen sie ihre Kinderstube wieder auf und bauen sich kein eigenes Nest, sondern „übernehmen“ das ihrer Eltern aus dem Vorjahr. Wenn dort die Eltern oder Geschwister schon sind, kämpfen sie um das Nest. Bei den Kämpfen verkeilen sich die Vögel in der Luft und stürzen zusammen ab. Oft schaffen sie es nicht, sich über dem Boden abzufangen, daher haben wir auch viele Vogelskelette zwischen den Klippen liegen sehen.

Außerdem ist die Insel eine Vorwarnstation für einen möglichen Tsunami. Die Westküste von La Palma rutscht Jahr für Jahr immer weiter ab. Es ist sicher, dass sie irgendwann in einem Stück komplett abrutscht, aber man weiß nicht genau wann. Es kann sofort passieren oder erst in „100 Jahren“. Wenn dieser Fall eintrifft, wäre die ganze Ost-Küste der USA und auch Teile Europas bedroht und sie hätten nur eine Vorwarnzeit von ein paar Stunden. Selvagem Grande ist die erste Messstation, die diesen Tsunami mit einer Boje, die vor der Insel ist, aufzeichnet und die betroffenen Gebiete vorwarnt. Darüber hinaus ist die Insel von Sagen umwoben: Manche meinen zum Beispiel, Kapitän Kidd habe hier einen Schatz versteckt, da er in seinen Tagebüchern auf eine Insel wie Selvagem Grande hinweist. Nach diesem sehr informativen Ausflug gab es Kuchen. Die Sonne schien, deshalb spannten alle zum ersten Mal ihre Hängematten an Deck auf und genossen denn schönen Sommerabend.
Will

P.S.:
1. Rosa grüßt Conni und bedankt sich für den Brief! Hab dich ganz doll lieb, du verrückte Nudel!
2. Viele Grüße an Sternchen und guten Winterschlaf Willi und Charlie.
3. Will grüßt Familie und Freunde.
4. Von dieser kleinen, aber feinen Insel sendet Katharina Familie Desens in Berlin: Jens, Katja und Jonas sowie Asta in Hamburg ganz, ganz viel und liebe Grüße! xxx-x

Endlich fertig!

Datum: 3. Oktober 2017
Position: 51° 25′ 14.8“N, 007° 35′ 04.4″E
Etmal: 0 nm
Wetter: Luft 14°C, bc, Wind: WSW, 5 Bft.
von Will

Hi! Ich bin schon total aufgeregt. Es geht ja schon in einer Woche los. Ich habe endlich alle Einkäufe erledigt und das Referat ist auch fertig. Jetzt muss ich nur sehen, wie ich die ganzen Sachen von der Packliste, die überall in meinem Zimmer liegen, das ich fast nur noch von einem zum anderen freien Fleck am Boden springend durchqueren kann, in einen Seesack, einen Trekkingrucksack und einen Tagesrucksack gestopft bekomme. Ich habe jetzt noch eine Woche um zu gucken, ob ich wirklich alles habe. Bis Freitag muss ich dann noch eine Abschiedsparty organisieren und dann heißt es am Dienstag den Zug nach Eckernförde erwischen.

Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich sieben Monate von meinen Eltern, meinen Freunden, meiner Familie und meiner Heimat getrennt bin. Mir ist das erst vor kurzer Zeit wirklich bewusst geworden. Als Ersatz werde ich so viele schöne und neue Erfahrungen sammeln, dass gar kein Platz mehr für Heimweh ist. Ich kann an gar nichts anderes mehr denken und könnte immer wieder in die Luft springen. Ich hoffe es geht allen anderen auch so. Bis in einer Woche 😉
Will