Ein Schauspiel für die Touristen!

Datum: 3. März 2018
Position: 25°04,8’N, 077°20,33’W
Etmal: 0 NM
Wetter: Wasser 23°C, Luft 25°C, Windstärke 4
von Freyja

Der Liegeplatz, zu dem wir vor ein paar Tagen verholt haben, befindet sich direkt in der Mitte mehrerer Kreuzfahrtschiffe. Das heißt, dass wirklich durchgehend und in einer langen Reihe Menschen von den Kreuzfahrtschiffen an der Roald vorbeispazieren – unglaublich (!), wie viele das sind! Die meisten von ihnen haben bestimmt noch nie einen Traditionssegler gesehen und dementsprechend benehmen sie sich auch: Sehr viele starren einfach nur, bis sie an uns vorbei sind, andere sprechen uns sogar an und fragen, was das denn für ein Schiff sei, was wir hier machen und wo wir herkommen würden. Viele machen Fotos von uns und der Roald, natürlich auch von sich selbst vor der Roald stehend.

Die Begeisterung der Kreuzfahrer ist eigentlich ganz witzig: Die verblüfften Gesichter, wenn wir ihnen von unserer Reise erzählen, erinnern uns daran, wie wenig selbstverständlich unsere ganzen tollen Erlebnisse eigentlich sind und was wir für ein Glück haben, bei so etwas Außergewöhnlichem mitzumachen – besonders dann, wenn die Touristen uns ihre Bewunderung „beichten“. Es ist schön, wie viel Interesse gegenüber uns und dem Schiff gezeigt wird!

Doch das größte „Kino“ ist der Schiffserhalt. Momentan sind wir hauptsächlich dabei, zu spleißen, sogenannte „Tausendfüßler“ zu flechten (eine Art Püschel, die um ein Stag gewickelt werden, damit diese nicht am Segel scheuern) und die Drahtseile im Rigg zu labsalen. All dies wird gerne beobachtet. Gerade wenn ein paar von uns im Rigg rumklettern und ausnahmsweise auf den Rahn stehen bzw. sitzen, um an alle Drähte heranzukommen, wird mit ganz großen Augen hochgeschaut und schnell die Kamera herausgeholt! Für die Touristen muss unser Alltag wohl ganz schön verrückt aussehen, aber ist er das nicht vielleicht auch ein bisschen?

Hier eine kleine Kostprobe von Ausrufen/Zitaten von Kreuzfahrern, die ich während des Schreibens dieser Tagesmeldung mitbekommen habe:

1. „They´re pirates, real pirates man!“
2. „What a cool boat!“
3. „Dude, look at that, this is crazy!“
4. „It´s a pirateship!“

Freyja Sif

Eine lange, lange Busfahrt & Wieder auf der Roald Amundsen

Datum: 27. Januar 2018
Position: im Bus in Costa Rica
Etmal: 0 NM
Wetter: Wasser 29°C, Luft 29°C, Windstärke 4
von Freyja

Ich schaue auf die Uhr: 08:04 Uhr. Die Letzten von uns sitzen noch oben und verspeisen ihre leckeren Pancakes oder Spiegeleier, währenddessen andere sich schon den Berg vom Lost&Found-Hostel zum Bus hinunter begeben, in dem schon einige von uns sitzen und auf den Rest der Truppe warten. Mein Blick wandert weiter zum „Steuerbord-Fenster“ des Busses: weite Berge und Täler, eine wunderschöne Aussicht, die ich auch vor einer halben Stunde schon beim Frühstücken im Hostel genießen durfte. In Vorbereitung auf die anstehende Busreise stecke ich mir schon einmal meine Kopfhörer mit Musik in die Ohren und mache es mir in meinem engen Bussitz gemütlich, zumindest soweit das möglich ist. Minute für Minute vergeht bis schließlich alle von uns im Bus sitzen und dieser sich endlich in Bewegung setzt. Nun vergehen Stunden. 11 Stunden vergehen, um genau zu sein. Wie zu erwarten ist, gibt es nicht viel zu berichten aus diesen Stunden: Schlafen, Musik hören, essen…, wie eine lange Busfahrt eben so aussieht.

Irgendwann haben wir noch bei einem Supermarkt gehalten, um flüssiges Waschmittel für unsere Schiffswäsche zu besorgen. Eine Flasche ist dann im Bus ausgelaufen und hat einen angenehmen Duft verbreitet, was vielleicht auch ganz gut so war, da wir inzwischen alle unsere Wanderschuhe ausgezogen hatten, die nach drei Wochen der intensiven Benutzung vielleicht doch schon ein kleines bisschen stanken. Nach diesen (sehr langen) 11 Stunden (also ca. um 20 Uhr) war endlich der erste Yacht-Mast zu sehen. Und daraufhin immer mehr Yacht-Masten, bis schließlich die schönsten zwei Masten von allen zu sehen waren: Die der Brigg Roald Amundsen! Drei ganze Wochen ist es nun her, dass wir diese verabschiedet hatten, und so war es umso schöner, sie wiederzusehen!

Ich stieg die vertraute Gangway hoch und stellte meinen schweren Treckingrucksack auf dem noch vertrauterem Deck ab. Ein paar bekannte, aber noch mehr unbekannte „Stamm-Gesichter“ waren um uns herum und begrüßten uns alle freundlich. Die Stammcrew sieht fast neu aus, ist uns aber, glaub ich, allen sofort sehr sympathisch gewesen. Während wir im Bus saßen, ist der Stamm schon so nett gewesen, all unser restliches Gepäck, das wir für den Landaufenthalt in einem Container in der Marina gelagert hatten, an Bord zu bringen. So konnten wir direkt in unsere neuen Kammern einziehen, was aber nur wenige schon taten, da es für uns noch ein weiteres Angebot gab: Im Mondschein mit Live-Musik vom Hotel nebenan den Pool der Marine zu genießen, der nur für Besucher des Yachthafens freigestellt ist. Und nach dem Schwimmen gab es noch ein weiteres „Luxusangebot“, etwas, was wir alle schon lange vermisst haben: Warme Duschen! In Costa Rica und Panama sind alle Duschen so kalt gewesen, was bei der Mittagshitze vielleicht ganz angenehm ist, doch abends wiederum sollte man es sich lieber dreimal überlegen, ob man es wagst, wirklich duschen zu gehen.

Das war er nun, der Tag mit viel Fahrerei, der dann doch so schön endete und damit meine ich nicht nur den Pool und die Duschen, sondern auch die Ankunft auf unserer zweiten Heimat, der Roald, die uns mittlerweile allen ans Herz gewachsen ist, was uns gestern ziemlich deutlich geworden ist. Das war fast das Schönste am heutigen Tag: Wieder in einer kleinen, viel zu heißen Roald-Koje einschlafen zu dürfen.
Freyja Sif

P.S.:
Ganz liebe Grüße an Viki, Susi, Lydia und Lin. Hab euch ganz doll lieb! Und ich bedanke mich auch ganz herzlich für alle Briefe, die ich bekommen habe! Freyja Sif