Weihnachtsfest an Bord der Roald

Datum: 24. Dezember 2017
Position: 14°39,8’N, 066°34,0’W
Etmal: 129 NM
Wetter: Wasser 27°C, Luft 28°C, Windstärke 5
von Jerit

Frohe Weihnachten euch allen in Deutschland! Nachdem ich euch alle reich beschenkt habe, steht nun als nächstes auf meiner Liste ein gewisser Roald Amundsen. Mein Navi sagt mir, dass sind noch 4.227 Seemeilen (Luftlinie). Ich mach mich dann mal auf den Weg. Oh, wie ich sehe ist dieser Roald Amundsen kein Mann, sondern es ist das Segelschiff dort hinten am Horizont gemeint. Ich rieche schon die leckeren Semmelknödel, die die fleißige Vormittagsbackschaft und ein paar freiwillige Helfer zubereiten. Das muss ein Festmahl heute Abend werden, wenn die jetzt schon mit den Vorbereitungen anfangen. Wie spät ist es eigentlich? Ach erst 11:30 Uhr! Dann kann ich ja noch ein Weilchen von meinem Schlitten aus zuschauen, wie diese Menschen an Bord in den warmen karibischen Gewässern Weihnachten zelebrieren. Mir ist es ja schon jetzt zu warm, aber ein deutsches Segelschiff habe ich in diesen Längengeraden auch noch nicht beschenkt. Aktuell sitzen viele von den Schülern im selbstgebauten Pool. Ich lege mich jetzt erst einmal hin, es war eine anstrengende Reise bis hier.

Bim Bam, Bim Bam, Bim Bam … Huch?! Was ist das denn für ein Lärm? Oh, es ist nur die Schiffsglocke, die läutet und zum „All-Hands“ ruft. Innerhalb von 3 Minuten steht die ganze Besatzung im Quadrat an Deck. Ein kleinerer weißhaariger Mann erklärt den Heiligen Abend für eröffnet. Eine der Lehrerinnen singt mit der kompletten Crew ein Weihnachtslied und dann gehen 2 Schüler unter Deck und kommen mit kleinen Päckchen wieder, die voller Freude aufgemacht werden. Darin befinden sich Süßigkeiten. Dann gegen 17:30 Uhr übernimmt eine große blonde Frau mit kurzen Haaren die Programmleitung durch den weihnachtlichen Frühabend: Sie hält eine kurze Weihnachtsansprache und anschließend singen alle gemeinsam ein weiteres Lied. Aus dieser Entfernung klingt es wie „In der Weihnachtsbäckerei“. Ein Mädchen tritt nun als erste nach vorne und fängt an für das Schiff ein Teil aus der Weihnachtsgeschichte vorzulesen. Dann erklingt wieder weihnachtlicher Gesang. Dies wiederholt sich mehrere Male, bis die komplette Weihnachtsgeschichte vorgelesen ist. Dann erblickt die blonde Programmleiterin plötzlich meinen Schlitten und winkt mir auffordernd zu: Ich soll an Deck kommen! Jetzt ist es soweit: Mein Einsatz ist gefragt. Ich übertrage mein Bewusstsein in die am rötesten gekleidete Person an Deck. Diese Fähigkeit habe ich letztens gelernt, um meine Identität zu verbergen. Das Beste dabei ist, dass ich dann auch Namen und Daten von dieser und anderen Personen weiß. In diesem Fall habe ich mich der Identität des Lehrers Martin bedient, der hatte anscheinend schon etwas vorbereitet:

Ho, Ho, Ho,
vom Nordpol komm ich her,
ich muss euch sagen,
ganz schön warm hier.

Ich zog intelligenterweise mein Karibik-Outfit an,
um bei euch zu sein unter Leitung von Kapitän Tham.

Mir wurde nämlich zugetragen,
ihr seid alles andere als Plagen,
ihr gebt euch redlich Müh,
sei es beim Reinschiff in der Früh,
oder sei es beim Segelsetzen,
wenn die ersten losfetzen,
um an den Tampen zu stehen,
wenn die Kommandos losgehen.
Oder sei es im Unterricht,
wenn die Müdigkeit euch trifft,
ihr trotzdem sinnvolle Fragen formuliert,
und so hoffentlich alles kapiert.

Ich weiß, dass ihr einiges leisten müsst,
von daher fühlt euch von meinen 3 Engeln,
Verena, Christine und Katharina geküsst.

Auch den Stamm kann man nur loben,
bändigt er euch doch beim Toben.
Er kümmert sich um jede Kleinigkeit
und sorgt so für eure Sicherheit.

Es ist nun an der Zeit,
für jeden liegt ein Geschenk bereit,
wenn ihr werdet aufgerufen,
tretet vor zu diesen Stufen.

Einzeln aufgerufen durfte daraufhin jeder Schüler und auch jedes Stammmitglied vor den Weihnachtsmann und seine 3 Engel treten, um besonderes Lob und sein Wichtelgeschenk entgegennehmen. Danach haben sich alle umarmt und sich frohe Weihnachten gewünscht. Als ich wieder in meinem Schlitten saß, habe ich mich aufgrund dieser schönen Zeremonie und der guten Stimmung dazu entschlossen, noch zu verweilen. Wie der Abend wohl weiter verläuft? Und was gibt es wohl Leckeres zum Essen? Kaum hatte ich mich das gefragt, klingelte die Glocke laut das Weihnachtsessen ein: Truthahn mit Knödeln und Rotkohl, für die „Veggies“ statt dem Truthahn Champignonfrikadellen. Dazu für alle noch einen bunten Salat und als Nachspeise dann Bratapfel mit Vanillesauce. Während des Essens gab es fröhliche Musik und nach dem Essen haben dann alle ausgelassen gelacht, getanzt oder sich einfach miteinander unterhalten. Nach einem anstrengenden, aber sehr schönen Tag entschied ich mich gegen 22:00 Uhr dazu, mich auf den Heimweg zu machen.
Jerit

1. Liebe Anni, Ich wünsche dir alles, alles erdenklich Liebe nachträglich zu deinem Geburtstag!! Ich vermiss´ dich und unsere Abende unterm Sternenhimmel mit Geschichten und intensiven Gesprächen unfassbar doll… ich hab´ dich lieb! Deine Laurine
2. Liebe Familie, Freunde und Schulkameraden des Leibniz Gymnasium Dormagen, ich hoffe, ihr hattet alle ein schönes Fest und wurdet reichlich beschert. P.S. Mein Handy ist kaputt. (Lukas)
3. Liebe Grüße an alle Daheimgebliebenen und ich wünsche euch ein super schönes Fest und viel Spaß. Ich habe hier auf jeden Fall den Spaß meines Lebens. (Jerit)
4. Verena (der Maschinist) grüßt den Papa: Alles Gute zum Geburtstag!!!
5. Alles Liebe nachträglich zum Geburtstag an Conny und Noni!! LG Christine

Aus dem Tagebuch der Klabauterelfe

Datum: 23. Dezember 2017
Position: 14°31,6’N, 062°18,8’W
Etmal: 77 NM
Wetter: Wasser 27°C, Luft 28°C, Windstärke 4
von Heike

Aus dem „Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und Umgebung“ von Prof. Abdul Nachtigaller.
Klabauterelfe: Weihnachtswichtel mit Spezialausbildung im Sondereinsatz auf fahrenden Segelschiffen. Gehört zur Untergruppe der Klabautermänner. Sie lösen diese (-> Klabautermann) während der Weihnachtszeit als Urlaubsvertretung ab und unterstützen die Crew auf Segelschiffen bei der Schaffung eines weihnachtlichen Ambientes. Natürlich bleiben sie dabei meist fast unbemerkt und nur Wenige haben sie jemals zu Gesicht bekommen.

Samstag 23.12.2017, an Bord des Segelschulungsschiffs Roald Amundsen: Puh – was habe ich für ein Glück! Gleich meine erste Weihnachtsentsendung als Klabauterelfe führt mich auf eine ganz besondere Mission. Hat sich doch gelohnt die Zusatzausbildung am Nordpol abzuschließen. Als Klassenbeste meines Jahrgangs wurde ich auf die Roald Amundsen geschickt, um dort – möglichst unbemerkt – auch in der Karibik für festlich, weihnachtliche Stimmung zu sorgen. Mein Banknachbar hingegen ist im Fährdienst nach Spiekeroog eingesetzt – und da ist es aktuell wesentlich kälter als hier.

Ich bin bereits vor einigen Tagen im Gepäck eines anreisenden Stammcrewmitgliedes nach Martinique angereist, um direkt an Bord gebracht zu werden. Da an Bord noch einige Vorbereitungen für die nächste Etappe nach Panama zu treffen waren, hatte ich die Gelegenheit mich mit dem ständigen Klabautermann der Roald zu treffen und sogar mit den Klabauterelfen der Schiffe, die ebenfalls im Hafen lagen. Die machen das schon ein paar Jahre länger und konnten mir wertvolle Tipps mitgeben. Am Freitag Nachmittag ging es auch schon los und nach einem beeindruckendem Ableger (so was habe ich ja noch nie zuvor gesehen) wurden auch schon die beiden Weihnachtsbäume geschmückt. Das sind sehr modern wirkende Weihnachtsbäume – alle Achtung! Ca. 30 Meter hoch und fest auf dem Deck installiert bestehen sie aus einem Holz-Stahl-Grundgerüst. Zwischen die Äste, die hier Rahen genannt werden, spannt man mit einer ausgeklügelten Seilkonstruktion weiße Tücher. Der Lichterschmuck für die Dunkelheit ist minimalistisch, aber beeindruckend, mit nur wenigen grünen und roten Lichtern und ganz viel Mondlicht, dass die Flächen wie von innen magisch beleuchtet. Dazu noch ein paar Sterne statt Lametta – fertig! Nadelt bestimmt auch weniger als ein herkömmlicher Weihnachtsbaum.

Wie sich das Schiff fortbewegt und welche Aufgaben die einzelnen Menschen haben, habe ich noch nicht ganz verstanden, aber es scheint alles bestens zu funktionieren. Die Menschen hier sind fröhlich, fleißig und irgendwie ist immer jemand da. Das macht mir das Leben als Klabauterelfe, die ja ungesehen bleiben soll, schon sehr schwer. Zum Glück habe ich jetzt das Belüftungssystem entdeckt, durch das ich weite Strecken im Schiff unbemerkt von allen zurücklegen kann. Wenn nur das Schaukeln nicht wäre, na, ich hoffe ich gewöhne mich da noch dran. Im Schiffssimulator am Nordpol waren die Wellen irgendwie anders.

Aber abgesehen davon ist meine Aufgabe hier denkbar einfach, denn die Menschen hier schaffen das schon selbst mit der guten Weihnachtsstimmung. Geschenke werden verpackt, es wird weihnachtlich dekoriert, mindestens alle 4 Stunden schallen Weihnachtslieder über das Deck, Plätzchen sind schon gebacken – da muss ich gar nicht mehr viel tun. Ich glaube die machen auch ein richtig leckeres Essen für den Heilig Abend, es riecht schon nach Zimt und anderen Gewürzen. Ob sie die Tradition kennen, sich bei der diensthabenden Elfe mit Essen zu bedanken? Habe noch ein bisschen assistiert beim heutigen Advents-All-Hands und von den ersten Weihnachtskeksen genascht – sehr, sehr lecker.

Jetzt bin ich sehr gespannt wie es dann an Heilig Abend sein wird. Wir sind dann irgendwo im Karibischen Meer zwischen Martinique und Panama. Statt Schnee gibt es blaue Wellen mit weißen Schaumkrönchen und statt Strohsterne gibt es zur Bescherung sicherlich wieder echten Sterne und vielleicht auch wieder die eine oder andere Sternschnuppe. Ich freu mich schon sehr. Auch auf die glücklichen Gesichter, wenn sie da so alle unter und zwischen den beiden Weihnachtsbäumen Geschenke auspacken.

Danach darf ich dann noch bis Panama an Bord bleiben. Dort kommt der Bord-Klabautermann wieder zurück und für mich geht es zurück in den Norden. Schade, denn mir gefällt es hier sehr gut. Oh – da kommt schon jemand um die Ecke, ich muss mich schnell verstecken……
Klabauterelfe Heike