Meine blauen Flecken!

Datum: 9. Oktober 2016 (Tag 2)
Position: 53° 59,011’ N; 008° 30,797’ E
Etmal: 54 sm
Wetter: Luft 11 °C, Luftdruck 1026 hPa, wolkig, Wind NE 2-3
von Melanie

t_melanieHeute früh war meine Haut noch durchgängig hell, mit Ausnahme der kleinen Blessur am rechten Schienbein, weil ich Tollpatsch gegen eine Bank in der Messe gelaufen bin. Nach meiner Wache heute von 23 – 2 Uhr zählte ich dann jedoch an die 8 blaue Flecken. Und die hatten nichts mit mangelnder Aufmerksamkeit zu tun, sondern schlicht mit noch nicht gänzlich ausgebautem Gleichgewichtssinn und meiner kurzen Körperlänge. Ist man zu groß, wie unser Kapitän Norbert, stößt man sich den Kopf an jeder Ecke unter Deck – ist man zu klein, erreicht man die unzähligen Hilfsgriffe nicht, die beim Schaukeln des Schiffes für einen sicheren Gang sorgen sollen.

Blauer Fleck Nummer 1:
Nach unserem ersten Allhands, dem Segelsetzen, hatte ich noch eine halbe Stunde bis zu meiner Wache. Kurz noch mal auf die Kammer und zack – prallte ich bedingt durch das überraschend einsetzende Schaukeln erst einmal gegen die Türklinke der Kammer. Knapp über dem Ellebogen ist es nun blau.

Blauer Fleck Nummer 2:
Ich bin auf der Position des Ausgucks an steuerbord. Ich sehe ein Schiff, möchte es melden, laufe zur Brücke, das Schiff wiegt sich nach backbord und ich knalle gegen das Süll. Blauer Fleck auf der linken Hüfte. Mittlerweile gelb.

Blauer Fleck Nummer 3:
Kaffeezeit – ab in die Messe. Zur Begrüßung fliegt mir eine Tasse entgegen. Das Schaukeln ist zeitweise so stark, dass selbst die rutschfesten Unterleger nicht mehr helfen. Diesmal ist es das linke Schienbein. Jetzt ist es jedenfalls gleichmäßig auf beide Beine verteilt.

Blauer Fleck Nummer 4:
Nachtwache gegen 23 Uhr. Wir wollen das erste Mal die Breitfock setzen, denn der Wind kommt immer mehr von achtern (also von hinten). Aber irgendetwas stimmt nicht. Ich klettere mit unserem Steuermann Jörn das Rigg hoch. Das geht natürlich nicht ohne Sicherheitsgurt, der mir dann oben angekommen auf den Fußpferden außen auf der Breitfock stehend den nächsten blauen Fleck beschert: Karabiner los, mit Schwung an mir vorbei auf die andere Seite und zack – landet er mit einiger Wucht auf meiner Schulter. Nicht drüber nachdenken … Karabiner wieder festmachen.

Blauer Fleck Nummer 5:
Ebenfalls in der Nachtwache. Wir bergen das Großsegel. Ich stehe mit Jaron am Niederholer. Ich ziehe kräftig und hänge mich mit meinem ganzen Gewicht in die Leine. Wind kommt auf und schleudert mich gegen das Geländer, das um den Mast läuft. Es trifft dieselbe Schulter wie noch einige Minuten zuvor, nur ein wenig weiter hinten. Mittlerweile übrigens grün.

Die anderen kann ich leider nicht mehr ganz zuordnen. Ich hoffe nur, dass sie weg sind, wenn T-Shirt und kurze Hosen ausgepackt werden. Wenn nicht und mein Bewegungstalent auf diesem Schiff nicht besser wird, dann bitte nicht erschrecken, wenn ich nicht nur braun gebrannt, sondern auch blau-grün-gelb-gescheckt heimkomme ☺
Bunte Grüße sendet euch Melanie

Abschied

Datum: 8. Oktober 2016, (Tag 1)
Position: auf der Elbe, querab Wedel
Etmal: 5 sm
Wetter: Luft 13°C, 1025hPa, wolkig, Wind NNE 2
von Amira

amiraHallo Daheimgebliebene,
nach dem ersten Tag auf See melden wir uns zurück von Bord der Johann Smidt. Ich sitze hier in meiner Kojendecke, mein Kopf stößt beinahe an die obere Koje, aus der Musikbox schallt „Holz“ von 257 und im Hintergrund hört man gleichmäßig den Motor (auch Jockel genannt) grummeln. Das Boot schaukelt passend zum Takt. Heute soll der Tag sein, an dem es endlich los geht, es soll der Beginn einer langen und ereignisreichen Reise sein!? Die wenigsten können es jetzt schon fassen, dass wir für 7 Monate von Zuhause und unseren Familien fort sein werden.

Heute morgen legten wir nach einer relativ kurzen Nacht zusammen mit dem Filmteam des ZDF, welches einen kurzen Film über die Hermann-Lietz-Schule dreht, am Sandtorhöft vor Hamburg an. Dort wurden wir dann auch offiziell verabschiedet, ein paar Tränen wurden verdrückt und jeder wurde noch ein letztes Mal für 7 Monate kräftig gedrückt. Anschließend legten wir unter lauten Jubelrufen ab und ließen die zahlreichen Verwandten und Freunde am Sandtorhöft zurück. Nur das Filmteam durfte noch an Bord bleiben. Für sie war dann die Reise in Wedel zu Ende. Dort ertönte für uns die Nationalhymne über die Elbe (wir fühlten uns sehr geehrt, auch wenn sie vermutlich nicht für uns gedacht war). Heute Abend werden wir ankern und es ist wieder Ankerwache angesagt. Bis bald
Amira