Ein Tag aus meiner Sicht als Kapitän

Datum: 4. April 2019
Position: 35°59,0’N, 041°14,0’W
Etmal: 148 nm
Wetter: Luft 19 Grad
von Bianca

Mein heutiger Tag fing so wie jeder zweite Tag um 06:30 an. Das frühe Aufstehen fällt mir inzwischen echt nicht mehr so schwer. Um kurz vor sieben Uhr führte mich mein Weg in das Herz des Schiffes: in die Brücke. Norbert begrüßte mich wie jeden Morgen froh und munter und wir haben uns erst einmal zusammen das Wetter angeschaut. Danach sind wir eine Runde übers Deck gelaufen, um zu kontrollieren, ob alles ok ist. Unser Weg führte uns danach auch in die Kombüse, um zu schauen, ob auch dort alles tuttifrutti ist. Heute war Seemannssonntag (Donnerstag) und deshalb gab es zum Frühstück mal wieder Specials: Joghurt und Müsli. Im Deutschunterricht wartete Claudi mit einer schönen Idee auf uns: Sie hatte 15 Fragen vorbereitet, die einen Bezug zu unserer Reise haben und viele schöne Erinnerungen der letzten Monate wieder ins Gedächtnis gerufen haben.

Um 11:15 Uhr fand dann wieder die tägliche Stammversammlung statt, bei der ich als Schülerkapitänin jeden Tag anwesend bin. Jeden zweiten Tag nehmen auch unsere drei Schülersteuerleute Fynn, Jacob und Hannes teil. Bei der Stammversammlung setzen sich täglich einmal alle Stammleute, Maschinisten und Lehrer zusammen und anliegende Themen zu besprechen. Mal geht es um Wetter, Manöver oder Wasserverbrauch, mal um Ordnung, Sauberkeit oder Essen. Nach dem Mittagessen erfuhren wir von Michi noch etwas über den Klimawandel und hatten zudem eine Freiarbeitsstunde bei Nathalie. Und abends war natürlich wieder Doku-Donnerstag! Diesmal schauten wir eine Doku über die Azoren. Abschließend möchte ich noch einige Eindrücke meiner Tätigkeit als Schülerkapitänin festhalten: Neben dem morgendlichen Treffen mit Norbert und neben der täglichen Stammversammlung ist es meine Aufgabe, bei Manövern die Leitung zu übernehmen und hierbei mit den drei Schülersteuerleuten in engem Kontakt zu stehen. Außerdem ist es meine Aufgabe, die Schülerschaft beim Essen über anliegende Dinge zu informieren. Insgesamt kann ich festhalten, dass die Verantwortung Spaß macht, aber dass die Aufgabe eben nicht nur darin besteht, Arbeit zu verteilen, sondern manchmal auch ganz schön kräftezehrend sein kann. Ich bin jedoch sehr glücklich, dass ich diese Chance erhalten habe und merke, was mir persönlich bringt.
Bianca

ZAHLEN ZAHLEN UND MEHR ZAHLEN

Datum: 3. April 2019
Position: 35°27,4’N, 044°07,6’W
Etmal: 148 sm
Wetter: Luft 20,3°, Wasser 21,1°, Wind SE 2-3 Bft.
Wetter: schön und sonnig
von Inja

Willkommen zu meinem vorletzten Tagesbericht! Da heute mal wieder nicht viel passiert ist, außer dass es ein fabelhaftes Frühstück gab, das aus frisch gebackenen Brötchen und Eiern bestand (nochmal ein Klopfer an die Backschaft, wir werden euch morgen aber übertrumpfen!), schreibe ich heute einmal über Zahlen. Von Locke und Tom S. werde ich immer gern als kleine Mathestreberin bezeichnet, also versuche ich mal, diesem Ruf würdig zu sein und rechne für euch durch, wieviel Zeit wir hier auf dem Boot mit welchen Tätigkeiten verbringen bzw. verbracht haben.

Fangen wir mal an: Bis Teneriffa hatten wir, bis auf wenige Ausnahmen, immer große Wachen (8 Personen), alleine durch die 23 Seetage, an denen wir durchschnittlich immer 8 Stunden Wache hatten, sind wir in dieser Zeit also 184 Stunden Wache gegangen. Das heißt auch, dass wir fünf Mal Backschaft hatten und dadurch schon 63 Stunden in der Kombüse standen und gekocht haben – SPAßIG! Unsere Toiletten hat jeder in dieser Zeit etwa 8 Mal geputzt. Und wenn wir schon von Putzen sprechen, gilt es noch zu erwähnen, dass wir für unser samstägliches Großreinschiff pro Kopf bis dahin nochmal mindestens 10 Stunden mit Putzen verbracht haben. GEILOOO.

Zwischen Teneriffa und den Azoren dann sind wir immer in kleinen Wachen (von 3 Personen) gesegelt. An 66 Tagen haben wir nur Wasser, Himmel und immer wieder mal ein Schiffchen gesehen. Außerdem zähle ich für diese Zeit 31 Unterrichtstage, 9 Backschaften, 24 Wachtage und 2 freie Tage!… Das wären etwa 186 Stunden Unterricht, 108 Stunden fürs Kochen und Abwaschen, 192 Stunden Wache mit 64 Stunden Rudern und 48 freien Stunden, in denen man eigentlich immer spaßige Aufgaben von Ulli bekommt oder All-Hands-Manöver stattfinden. 31 Tage lagen wir übrigens vor Reede oder waren im Hafen, daraus ergeben sich nochmal 30 Stunden Hafenwache, die RICHITG langsam vorbeigehen. Und dann waren wir noch 45 Tage irgendwo weg vom Boot, in denen wir weder Backschaft hatten, noch Wache gingen, also ein richtiges Luxusleben genossen 🙂  

Von den Azoren bis nach Helgoland werden wir voraussichtlich 23 Tage unterwegs sein und von diesen 23 Tagen noch etwa 8 Tage an Land verbringen. Das bedeutet, dass jeder nur noch etwa 3 Mal um 6:15 für die geliebte Backschaft aufstehen muss und jeder nur noch etwa 7 ganze Wachtage und 7 Unterrichtstage vor sich hat (in denen vor allem an individuellen Aufgaben für die Rückkehr in die Heimatschulen gearbeitet oder für den SBF See gelernt wird). Ajeiei das ist nicht mehr viel!

Und insgesamt betrachtet haben wir auf den 13.000 Seemeilen (24.076 km), die wir gefahren sind, 11 Länder zu Gesicht zu bekommen (12 wenn man „in Sicht“ dazuzählt), sind 432 Stunden draußen bei jedem Wetter Wache gegangen, haben 144 Stunden am Ruder gestanden, hatten 23 Backschaften, in denen wir insgesamt 267 Stunden für das leibliche Wohl der Gruppe geschuftet haben. Und dann kommen ja auch noch all die Arbeiten hinzu, die wir in unserer Freizeit gemacht haben, um dieses Schiff so schön zu halten wir nur möglich….

Wer ist eigentlich der Meinung, dass die Reise nur aus Ferien besteht? Und trotz all der Arbeit – bzw. gerade deshalb – genießen wir das Leben hier sehr….
Inja