Poetry-Slam im Advents-All-Hands

Datum: 16. Dezember 2017
Position: 14°26,3’N, 058°13,1’W
Etmal: 128 NM
Wetter: Wasser 27°C, Luft 28°C, Windstärke 5
von Verena

Genau heute vor zwei Monaten, im Regen am Kai in Kiel,
trotz Tränen die Leinen losgeworfen, mit dem Ozean als Ziel.
Durch Sturm und Regen im Ärmelkanal, die Gischt peitscht ins Gesicht
bis der Anker in Cherbourg gefallen war, einfach war das nicht!
Biskaya – das hieß Badestopp und Janiks Jubiläum im Ständig-Übergeben,
doch jetzt turnt er vergnügt im Topp und ist das blühende Leben.
Vigo, Porto Santo und Selvagem –
es waren schöne Tage dort, mit Ankern und mit Baden.
Teneriffa, Teide, Atemnot und minus fünf Grad,
also, ich fand den Aufstieg ganz schon hart.
Zurück von 3.700 Metern auf Meeresniveau
wurden wir beim Proviantstauen nicht so richtig froh.
Nach Thomas und Reiner wurde nun Friedrich Reiseleiter
mit ihm fuhren wir unter Maschine weiter.
Vier Tage lang Rumpeln und Dröhnen,
so dass nicht nur gestresste Maschinisten stöhnen.
Als endlich der Passatwind unsere Segel blähte,
als Tommel mit Jerit jedes Segel nähte,
wurden alle Bänke und Nägel abgeschliffen.
Was soll uns denn noch passieren?
Fragen sich Schiffsführung und Steuerleute.
Man könnte mal die Kombüse klarieren
und das vielleicht auch nicht nur heute.
Gehören da Kisten unter den Bräter?
„Ja, nee, ich wollte nur kurz, also, ich mach das später!“
Nach zwei Monaten – sollte man denken –
seid ihr perfekte Deckshände und könnt die Roald lenken.
Doch Pustekuchen, gar nichts klappt, in Kammer 6 brennt Licht.
Der Stopperstek ist unbekannt und „Leise-Sein“ geht nicht.
Nach acht noch Lasten aufschrauben und den mittleren Niedergang rauf.
Die Projektleitung kann es nicht glauben, regt sich schrecklich auf.
An die Untermarsschoten! – Ach, sind das diese Dinger?
BITTE den Belegplan lernen und klemmt euch nicht die Finger.
Die Messe ist ein „Saustall“ und keiner ist“s gewesen.
Und Regeln, die auf Zetteln stehn, die werden nicht gelesen.
Es läuft nicht gut, auch Reinschiff nicht, ihr dürft euch noch sehr steigern,
Es ist für alle richtig blöd, wenn drei den „Dienst verweigern“.
Die Regeln sind für alle da, im Rigg, an Deck, auf Klo,
und wenn sich jeder mehr anstrengt, sind schließlich alle froh.
„Ja, aber …“ kann ich nicht mehr hören, Ausreden hab ich satt.
Alle, die immer noch nicht spuren, mach ich ab heute platt!
Doch zwei Monate mit euch zusammen sind auch schön,
Wellen, Sterne, Schnuppen sehen.
Ozean. Drei Wochen.
Schaukeln, Rollen, Royals bergen, für 45 kochen.
Delfine springen, Fische fliegen,
Wal an Backbord, in Hängematten liegen.
Nicht mal mehr 400 Meilen.
Die Tage scheinen zu enteilen.
Dann haben wir etwas geschafft,
was uns so schnell niemand nachmacht.
Wir haben dann den ganzen Atlantik überquert,
als segelndes Klassenzimmer, das ist nicht verkehrt!
Und wir bleiben noch mehr als 4 Monate zusammen,
nur drei Leute werden in Martinique gegangen:
Jörg, in Martinique geht er von Bord,
fliegt nach Brasilien, ganz weit fort.
Seine Zeit ist erstmal um.
Was schert das die Projektleitung?
Andreas übergibt seine Maschine in Verenas Hände,
aber es ist die Franzen und nicht die Hars.
Auch für ihn ist es nur ein vorübergehendes Ende,
aber jetzt heißt es erstmal: das war“s.
Auch Friedrich fliegt nur kurz nach Haus,
auch für ihn ist unsere Reise noch nicht aus.
In Panama ist er wieder da, hurra!
Die zwei Monate vergingen wie im Flug
und bei allem Gemecker hab ich von euch lange nicht genug!
Ich freue mich auf das Karibische Meer,
mit euch zusammen wird“s nicht schwer!
veRena

16. Dezember 2017 – „Gegengedicht“
von Anouk, Greta, Carlotta, Milena, Freyja und Laurine stellvertretend für alle Schüler

Nach den vielen „Niederlagen“,
wollten wir jetzt einfach sagen:
Wir sind stolz auf unsere Taten!
Was wir haben erreicht,
war für uns nicht leicht.
Wir haben viel geschafft
und wir sind stolz auf das,
was wir haben vollbracht.
Zwischen Schiffserhalt, Unterricht und Wachen,
haben wir es trotzdem geschafft oft und gut zu lachen.
Wir können sicher noch viel, viel mehr lernen,
auch dazu erkunden wir die Fernen.
Auch Lehrer und Crew wollen wir nicht vergessen:
Wir schätzen, was ihr für uns tut,
ihr gebt uns immer wieder Mut.
Wir danken euch für eure Geduld und euer Verständnis,
denn mit dem, was ihr hier macht,
habt ihr uns so weit gebracht.
Wir wissen, wir sind nicht perfekt,
doch was wir hier leisten, verdient Respekt!
Anouk, Greta, Carlotta, Milena, Freyja und Laurine stellvertretend für alle Schüler

P.S.:
1. Ich wünsche Nanke alles Gute zum Geburtstag, lass dich schön feiern und iss ein Stück Kuchen für mich mit! (Max)
2. Seid herzlich und stolz gegrüßt, lieber „Familie-Beer-Clan“. Dank freundlicher Unterstützung Annikas war es gestern
soweit: Um ca. 17:58 Uhr konnte nun auch ich endlich zum ersten Mal den Sonnenuntergang von der obersten Rah
(= Royal in 30 Meter Höhe) aus genießen. :-))) „
3.Etappen-Ziel“ erreicht! ;-))) Umarmungen, eure Katharina.

Schiffe im Vergleich & Zufriedenheit an Bord

Datum: 16. November 2017
Position: 28°27,9’N, 016°14,67’W
Etmal: 111 NM
Wetter: Wasser 22°C, Luft°25 C, Wind 1 Bft.
von Laurine

Heute Morgen um 4:00 Uhr wurde beim Wachwechsel zum zweiten Mal ein Geburtstagslied auf der Roald gesungen. Diesmal für Jürgen (einer unser drei Topsgasten), der nämlich heute Geburtstag hat! In der 4-8-Wache hatten wir im Verhältnis zu den vergangenen Tagen und Wochen auf See wenig Wind. Da das leider zu wenig Wind zum Segeln war, sind wir zwischen den Kanarischen Inseln „motort“ („motort“ bedeutet, dass wir komplett ohne Segel und nur mit der Maschine fahren). Dabei konnten wir neben ein paar Sternschnuppen, einen wunderschönen Sternenhimmel mit einem anschließend mindestens genauso schönen Sonnenaufgang bewundern. Das Highlight war außerdem, dass man mittlerweile in Jogginghose und Pulli zu den Nachtwachen kommen kann – gemäß unserem Motto: „Ab in den Süden – der Sonne hinterher…“.

Zu unserer Wache sollten wir alle unser Ausbildungsheft für „Deckshände“ (eine „Deckshand“ kann man mit einem Matrosen vergleichen) mitbringen, in dem unser „Ausbildungsstand“ auf Traditionsschiffen festgehalten wird. Andreas hat um 6:00 Uhr morgens – denn so früh kann man das ja am besten – in Zweiergruppen ein paar Fragen zu den Themen „Sicherheit an Bord“, „Seemannschaft“, „Backschaft“ und Sozialkompetenzen gestellt. Auch hat Andreas noch überprüft, ob wir verschiedene Arten von „Seemannsknoten“ können. So haben wir Häkchen einsammeln können, mit denen unterschiedliche „Kompetenzbereiche der Deckshand“ abgehakt bzw. verzeichnet werden. So sind wir der nächsten Stufe, Deckshand werden zu können, schon etwas näher gekommen. Mit dem Sonnenaufgang konnte man auch die Umrisse von Gran Canaria und Teneriffa sehen und auch bald danach den Pico de Teide (auf Teneriffa), den wir in den nächsten Tagen erklimmen werden.

Nach einem erneuten Wachwechsel zwischen Wache 2 und 3 um 8:00 Uhr konnten wir endlich ein schönes Frühstück in der Messe essen. Leider war heute unsere letzte 4-8-Nachtwache in dieser Konstellation (Tom L., Theo M., Nico, Benedict, Janis, Rosa, Vroni, Theo B., Tamina und ich), denn ab Teneriffa wird es neue Wachen geben. Nach dem Frühstück schlafen alle aus der Wache 2 meistens noch ein paar Stunden bis zum Mittagessen oder länger, aber heute nicht – denn um 9:30 Uhr kam der uns schon vertraute „ALL-HANDS-an-Deck!-Ruf“. Also konnten wir leider nicht unseren Schlaf nachholen. Das „All-Hands“ beinhaltete das Anlegemanöver an der Pier in Santa Cruz de Teneriffe. Dazu wurde wieder zuerst das Dinghi ausgesetzt, damit das Leinenkommando (bestehend aus 2 Schülern; heute waren es Greta und Lukas) mit dem Dinghi an die Pier gebracht werden konnte.

Nach einem gelungenen Anlegemanöver hatten wir nun mit der Steuerbordseite an der Pier festgemacht und liegen jetzt neben der „Thor Heyerdahl“, der „Eye Of The Wind“ und der „Thalassa“. Da die Sonne hier schon extrem warm ist, haben wir erst einmal das Sonnensegel über dem Deck aufgespannt. Dann hatten wir ein wenig Schatten, worüber sich alle gefreut haben. Ein wenig später gab es ein erneutes „All-Hands“, welches sich aber schnell als „All-Hands-Info“ entpuppte: Von Verena wurde uns der Plan für die nächsten Tage auf einem großen Blatt Papier schön illustriert dargestellt. Außerdem hieß es, die Segel hafenfein zu packen und noch andere Dinge zum Schiffserhalt beizutragen und zu erledigen. Aber zuerst: Mittagessen! Bis zum Kaffee & Kuchen um 15.30 Uhr waren dann alle Segel schön gepackt und es waren so gut wie alle Schiffsarbeiten erledigt. Als alles fertig war, hat uns das Landgangteam, bestehend aus Rosa, Andy und Nico, über Sehenswürdigkeiten, Strände und Einkaufsmöglichkeiten hier in Santa Cruz und teilweise auch in Los Cristianos informiert. Dann wurde der Nachmittag und der Abend bis 22.00 Uhr für Landgang freigegeben.

Für diejenigen, die wollten, ergab sich die Möglichkeit, auf der „Thor Heyerdahl“ herumgeführt zu werden. Es wurden natürlich sofort viele Vergleiche gezogen und geschaut, was dort an Bord anders ist als hier bei uns auf der Roald. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Schüler dort einfach mehr Platz haben (Thor: 14 Fächer für 4 Personen – bei uns: 4 Fächer für 4 Personen…). Das liegt zum Teil auch daran, dass das Schiff einfach anders konzipiert ist, und deshalb die Platzaufteilung verschieden ist. Mit Vroni zusammen hatte ich dann noch von 16:00-18:00 Uhr Hafenwache. Hier in Santa Cruz haben wir nur ca. 1-2 Meter Tidenunterschied, das heißt: Wir mussten die Gangway nicht viel fieren bzw. holen und die Schamfielmatten, die die Festmacherleinen vor Beschädigungen schützen, zurechtrücken. Nach meiner Wache sind Theo M., Janik und ich in Richtung Stadt gegangen, die wir uns nach einem kleinen Snack bei McDonalds angeschaut haben. Wir sind an vielen kleinen schönen Plätzen vorbeigekommen. Es war wieder einmal ein schöner Abend, der sehr lustig war.

Zurück an Bord kam Eike auf mich zu und hat mir die Ereignisse der letzten Stunden innerhalb seiner Wache erzählt: Um 20:00 Uhr kam per Funk ein „MayDay-Signal“ von einer Yacht mit zwei Menschen, die sich zwischen Fuerteventura und Teneriffa befand. Allerdings konnten wir dort nicht helfen und so haben Eike, Rasmus und Jerit einfach dem Funkgespräch (soweit es auf Spanisch eben ging…) zugehört. Zudem kam irgendwann noch ein Mann, dessen Anliegen erst nach einer Weile verstanden wurde, da Christine (zur Übersetzung) auf einem, und Jörg (um zu entscheiden, was gemacht werden soll) auf einem anderen Telefon angerufen wurde, da beide zu dem Zeitpunkt an Land unterwegs waren. Am Ende wollte der Mann komischerweise nur die Zahl vom Wasserzähler wissen. Ja, unsere Süßwassertanks werden endlich wieder voll aufgefüllt.

Irgendwie kam es dann auch noch dazu, dass ein paar von uns, die vom Landgang wieder zurück waren, sich das Segelschiff „Thalassa“ anschauen durften. Auf der „Thalassa“ findet ein ähnliches, niederländisches Projekt wie unseres statt. Wir haben uns mit den Schülern auf Englisch unterhalten und konnten einen kleinen Einblick in das Schiff bekommen. Die „Thalassa“ ist, wie auch die „Thor Heyerdahl“, ganz anders aufgebaut, als die Roald Amundsen, sodass es zum Beispiel auf der „Thalassa“ zwei große Messen gibt. Jedoch sind wir uns alle einig, dass wir die Roald sowieso am besten finden!!! Sie fühlt sich nach Zuhause an und wir haben ein komplett vollständiges Rigg (beide Masten mit 5 Rahen betakelt) und nicht nur mit 3 Rahen am Vortop . Wir sind also absolut zufrieden, so wie es ist, auch wenn wir nicht so viel Platz haben oder wir nur alle 4 Tage duschen dürfen.

Ich habe auch einmal bei den anderen ein wenig herumgefragt, was sie bis jetzt gut finden oder was sich für sie verändert hat:
Eike: „Es geht halt alles nur als Gruppe, denn man kann jetzt ja auch nicht alleine am Obermarsfall holen.“ (Tamina stimmt zu)
Andreas: „Doch kann man schon.“
Eike: „Ja…wenn man Andreas ist…“
Anouk: „Ich finde, man kommt mit weniger aus und es ist auch nicht sooo schlimm, nur alle vier Tage zu duschen. Man kann ein T-Shirt auch mal einen Tag länger anziehen, man hat nicht mehr alles wie am Anfang, man hat aber auch nicht mehr das Verlangen nach bestimmten Sachen: Mein Handy vermisse ich zum Beispiel nicht. Man lebt also eher minimalistisch.“
Tamina: „Gut war eigentlich alles, wie gesagt, man kann nichts alleine schaffen. Ich finde, dass wir als Gemeinschaft sehr gut zusammengewachsen sind und dass wir uns gut verstehen.“
Theo M. & Janik: „Es ist gut, dass man seefester wird (mehr oder weniger) und dass es wärmer wird.“
Jerit: „Es sind alle sehr motiviert und hilfsbereit.“

Wie man sieht, geht es allen gut und alle sind glücklich!
Herzliche Grüße an meine Familie und Freunde! Hier ist es wärmer als in Deutschland 😛
Laurine