Der letzte Seetag

Datum: 28. April 2019
Position: 53°33,5’N, 005°28,5’E
Etmal: 160 sm
Wetter: Luft 11,2°C, Wasser 9,7°C
von Inja

Sooo, hier ist jetzt mein letzter Tagesbericht…. für immer! Gerade düsen wir mit flotten 6 Knoten auf Helgoland zu! Heute war unser letzter Seetag auf der Johnny. So auch die letzte Nacht, in der man von leichtem Seegang in den Schlaf gewogen wird. Schon traurig. Morgens durfte die Unterrichtsgruppe erst einmal wieder die ganzen Sturmsegel herunternehmen. Ich stand mal wieder am Ruder und habe mir das ganze Schauspiel von achtern angeguckt, im Regen. Und ja… wahrscheinlich war das wohl das letzte All-Hands zum Bergen der Segel. AAAHHHH. Immer war so etwas eine Selbstverständlichkeit und plötzlich ist es das letzte Mal.

Schon ein komisches Gefühl, der aufziehenden Wache zum letzten Mal eine gute Wache zu wünschen. Hinzu kommen letzte Backschaften, letzte Filmabende, letzte „Grüne Pläne“, letzte Tagesberichte, letzte Großreinschiffaktionen… es lässt sich nicht mehr verdrängen, dass wir langsam aus unserem Schiffsalltag herausgezogen und wieder in unseren alten Alltag hineingeworfen werden. Heute Nachmittag haben wir zum ersten Mal nach sieben Monaten wieder deutschen Grund und Boden zu Gesicht bekommen. Und morgen früh können wir Leute schon wieder mit MOIN begrüßen und in einen Edeka gehen. JUHU.

Den letzten Abend auf See haben wir aber alle ausgenutzt: Beim Sonnenuntergang saß ich mit unserem Jöli und Phil oben auf der Rah. Wir schauten der Johnny dabei zu, wie sie durch das fast spiegelglatte Wasser gleitete. In der Ferne sah man Windparks, andere Schiffchen und teilweise auch schon das deutsche Festland. Zwar war es auch eisig kalt, aber der Ausblick war einfach grandios. Solche Momente werde ich sehr vermissen. Spontan ergab sich auch eine kleine Versammlung auf dem Achterdeck: Fast die ganze Schülercrew kam zusammen, außerdem ein paar Nudelsuppen, um uns aufzuwärmen. Die Stimmung war echt episch. Aber nach eine Weile wurde es zu kalt und alle außer der stehenden Wache verzogen sich in ihre warmen Kojen oder zur warmen Sitzheizung in die Messe. Heute war übrigens auch unsere letzte Lehrerbackschaft. Und morgens gab es auch noch Schoko-Croissants von Max Reimer! Danke!

Ab heute müssen wir extrem Wasser sparen, da unsere Wasservorräte bis zum Ende der Reise halten sollen. Duschen werden wir auf Helgoland an Land und unsere Teller spülen wir mit Salzwasser vor. Außerdem haben wir heute das von gestern verschobene Großreinschiff nachgeholt. Jöli, Locke, Tom S. und ich durften im Regen das Deck schrubben und entrosten, wie es noch keiner gesehen hat. Jetzt wartet „nur noch“ das SUPER-SUPER-Reinschiff auf uns, das wohl am Donnerstag oder Freitag stattfinden wird. So, das wärs dann auch mit meinem letzten Tagesbericht…Chaunsen
Inja

PS: Allen, die meine Tagesberichte immer gelesen haben, sende ich liebe Grüße, ganz besonders meiner Familie und Schmulia! Bis nächste Woche dann!

The Final Bericht (Directors Cut)

Datum: 27. April 2019
Position: 51°40,5’N, 002°42,0’E
Etmal: 168 sm
Wetter: Luft: 11,9°C, Wasser: 10,9°C
von Justus

Aloha, seit langem gibt es mal wieder einen Tagesbericht von mir. Heute soll es also um den siebenundzwanzigsten Apriltag gehen. Dies ist der 117. Tag des gregorianischen Kalenders (der 118. in Schaltjahren) und es folgen noch 248 bis zum Jahresende. Aber mal davon abgesehen: ab diesem Samstag ist es nur noch eine Woche bis zum nächsten Samstag und dieser nachkommende Samstag wird der Samstag sein, an dem die Reise in Bremerhaven offiziell zu Ende ist… Also noch sieben Mal schlafen und dann beginnt wieder ein anderes Leben.

Im Moment unterscheiden sich die Tage an Deck vor allem durch das Mittagessen, was sie aber nicht weniger cool macht. Und heute ist ja wie gesagt auch Samstag und da steht ja auch immer das Highlight Großreinschiff an. Wenn wir an Samstag denken, dann haben wir also in Gedanken eigentlich immer schon eine Klobürste in der Hand und machen uns auf zwei Stunden Putzaktion gefasst. Deshalb sind die Glücksgefühle kaum in Worte zu packen, die ich erleben durfte, als Nathalie mir beim Wecken die frohe Kunde verrichtet hat, dass das Großreinschiff wegen zu hohem Seegang verschoben werden muss. Ich drehte mich also nochmal in der Koje um und schlief ein paar weitere ruhige Stündchen. Außer ein paar Gesprächen im Seegarten und ein wenig Büffelei für den SpoBoFü hab ich also vor allem rumgegammelt. Die Wiedereingewöhnung in den regulären Alltag an Land wird wohl schwierig werden 🙂

Es herrscht im Moment eine ziemlich komische Stimmung. Man merkt auf jeden Fall, dass jeder langsam begreift, dass von den ursprünglichen 206 Tagen nur noch 7 übrig sind. Alle haben irgendwie Bock auf ihr zuhause, auf ein großes Bett, auf einen frei zugänglichen Kühlschrank, Freunde und Internet. Und trotzdem ist es schwierig, einfach mal so mit der Reise abzuschließen und Menschen Tschüss zu sagen, mit denen man die letzten 7 Monate zusammen verbracht hat. Wir werden es vermissen, zu jeder beliebigen Zeit in die Messe gehen und mit Leuten über coole Erlebnisse reden zu können. Und jeden Tag haben wir diesen Countdown im Kopf, der an die anstehende Rückkehr erinnert.

Ach ja, über dieses Thema könnte man stundenlang schreiben und immer sentimentaler werden, aber das lass ich jetzt mal… Grüße gehen raus an alle Brüder und Schwestern!
Justus

PS: Ergänzung aus der Redaktion: Beachtet unser fettes Etmal! Wir FLIEGEN euch entgegen.