Heimkommen…

Datum: 3. Mai 2016
Position: 53°58,5’N, 008°04,9’E
Etmal: 117 NM
Wetter: Wasser 9 C, Luft 10 C, Wind 4 Bft.
von Olivia

…nach all den neuen Orten, von denen ich nicht zu träumen gewagt hätte; nach den unterhaltsamen, manchmal schrägen Bekanntschaften; nach den filmreifen Erlebnissen und manchen nachdenklich stimmenden Erfahrungen; nach all dem Spaß mit der Gruppe endlich heimkommen. Den Freunden von den fantastischen Abenteuern erzählen, endlich wieder in den vertrauten 4 Wänden sitzen, der täglichen Routine nachgehen. Wieder zur Ruhe kommen im Kreis der Vertrauten. So hab ich mich damals gefühlt, am Ende unserer Expi, der 6 tägigen Tour, auf der wir Costa Rica auf eigene Faust in einer kleinen Gruppe (ohne den Rest von HSHS) erkundet haben. Heimkommen hieß damals, zurück zur Roald kommen, zurück in eine kleine, aber feine 4er Kammer, die liebgewonnenen Mitreisenden wieder sehen und in die tägliche Schiffsroutine unter der karibischen Sonne zurückkehren.

Heute schwingen bei den Gedanken an zu Hause natürlich dieselben Gefühle wie im ersten Absatz mit, jedoch ist es dieses Mal nicht so einfach. Dieses Mal heißt Heimkommen auch unser – mittlerweile gar nicht mehr – „neues“ Zuhause, die heiß geliebte Roald verlassen, nie wieder mit den lieben Weggefährten dieser unglaublichen Reise so eng zusammen zu sein. Es heißt – zumindest für die meisten von uns – jetzt lange nicht mehr den Wind in den Haaren spüren, am Morgen von einer frische Meeresbrise in der Nase begrüßt zu werden und ringsum das unendliche, Abenteuer versprechende Blau zu sehen. Die Emotionen und Stimmungen, die sich gerade in den meisten von uns um die Oberhand streiten sind, unmöglich auf einem Blatt Papier festzuhalten. Überhaupt ist es verdammt schwer die unzähligen Facetten dieser wunderbaren Reise in Worte zu fassen. Ich weiß noch nicht, wo meine Geschichten anfangen werden, ob ich überhaupt alle von ihnen teilen möchte oder ob manche davon vielleicht einfach nur mir gehören sollen. Womöglich wird bei unserer Rückkehr jeder Zwiespalt in einer Explosion an positiven Gefühlen verschwinden, aber vielleicht wird es auch anders sein. Falls dem so ist, bitte ich euch, ihr in der Heimat Gebliebenen, versteht, dass ein wehmütiger Blick oder ein anfängliches Schweigen nicht heißen, dass ihr uns weniger bedeutet als vorher. Es sagt einfach, dass wir ein wenig Zeit brauchen, um wieder anzukommen in einem Leben, von dem uns in den letzten sieben Monaten Weltmeere getrennt haben.

Für uns alle war es eine Zeit, die so nie wiederkehren wird und noch ist sie nicht vorbei. Noch höre ich Ole Gitarre spielen und ich sehe Ana in der Kammer herum turnen. Obis tönendes Lachen schallt durch die Messe und Fanny hat wieder die leckersten Gerichte gezaubert. Ich höre Vitus über Burger und Landwirtschaft philosophieren und lausche Benjis bühnenreifen Gedichtvorträgen. Von Sabine bekomme ich Antworten auf alle Fragen (und auch auf alle, die ich nicht gestellt habe ) und Stella spricht mal wieder in den verschiedensten Dialekten gleichzeitig. Robin sucht den nächsten Tagesmeldungsschreiber während Markus bastelt und Svenja Titellieder von Kinderserien singt. Ceci kommt auf einen Plausch über die sozialen Belange der Gruppe in der Lehrerkammer vorbei und ich führe Planungsgespräche mit Jorge und Judith. Niko verbringt seine Freiwache tagräumend in der Messe und Melli tuschelt kichernd mit Saskia während Josha die nächste Wizardrunde ausruft. Hannah schaut mich erst verwirrt an und bricht dann in schallendes Gelächter aus während Tobi über Anarchie diskutiert (die Fische füttert er schon lange nicht mehr). Felix steckt mal wieder in der Maschine oder schneidet Haare wie ein Profi und Lukas läuft geschäftig in Bootsmannstimmung durchs Schiff. Daniel betrachtet kritisch den Ordnungszustand von Kammern & Gängen und bei Jakob ist es mal wieder bewölkt, gutes Wetter also. Leo tüftelt an einem neuen Gruppenspiel und Jona arbeitet schon an Strategien um es zu gewinnen. Julian sorgt mit Hingabe für Hygiene und Ordnung in der Kombüse und Bene und Luisa sind wie immer untrennbar. Ein lautes „Och nööö“ von Susi tönt durch die Gänge und Lisa verbreitet mit ihrem Lächeln harmonische Stimmung. Anton ist mal wieder der Mann für alles und Tabea plant neue Events für die Gruppe.

Zwischendurch werden Weltrekordversuche dazu unternommen wie viele Schüler man zwischen untere und obere Koje stapeln kann (also sieben waren es mindestens ). Dann gibt“s ein All Hands und über kurz oder lang hängen alle wieder im Rigg. Ach, wie werde ich sie vermissen…
Olivia

Grüße: Svenja grüßt ganz herzlich ihre Familie. Keine Sorge, wir sind nicht vor Sonntag in Kiel-

Aufhören, wenn’s am schönsten ist

Datum: 2. Mai 2016
Position: 53°25,7’N, 004°53,5’E
Etmal: 153 nm
Wetter: Wasser 10°C, Luft 12°C, Wind 5 Bft.
von Julian

Jaja, ich glaube jede Person an Land und auf See hat in den letzten 20 Tagesmeldungen selber lesen können, dass es jetzt langsam mit unserer Reise zu Ende geht. Dies ist auch der Grund, warum ich mich jetzt bei den ganzen melancholisch werdenden Schülern entschuldigen muss, denn ich will nicht, dass so viele Tage einfach nur durch diese Trauer in den Tagesmeldungen geprägt sind. Ich will nicht, dass wir uns weinend voneinander verabschieden, sondern mit einem Lächeln im Gesicht. Deshalb schreibe ich auch nicht dasselbe wie die ganzen vorherigen Schreiber. Nicht über den Abschied, sondern über einen verdammt guten Tag….

Es fing alles damit an, dass ich von Stella zur Backschaft geweckt wurde. Jedoch war irgendetwas anders. Irgendetwas war nicht wie sonst. Ich hatte nicht diese „oh nein, ich habe Backschaft Laune“. Ich war selten so gut gelaunt gewesen und habe noch nie mit so einer Laune Backschaft gehabt. Deshalb blieb ich auch noch kurz in meiner Hängematte liegen und habe mir darüber Gedanken gemacht, was es am 08.05. zum Frühstück geben soll (Ich übernehme eine zusätzliche Backschaft, da ich unbedingt am letzten Morgen in der Kombüse stehen wollte). Mit einer Verspätung von ca. 5 Minuten kam ich dann auch in die Messe, die aufgeräumt war und wo Saskia bereits die Teller gedeckt hatte (was bei 5 min. nach Backschaftsbeginn nicht üblich ist). Der Postkasten, in welchem das dreckige Geschirr landet, war fast ganz leer, was ich bei den letzten beiden Vormittagsbackschaften auch nicht erlebt hatte (hier nochmal ein kleiner Dank an die Nachtwachen). Somit ging es dann auch daran, den Grießbrei für das Frühstück zu machen, also habe ich schnell Milch aus der Dosenlast geholt. Zum Glück genug, damit wir für uns auch noch ein bisschen warmen Kakao machen konnten. Dann habe ich mich in die Messe gehockt und nicht, wie sonst meistens, mit dem Essen beeilt, sondern blieb ganz ruhig sitzen und habe keinen Finger gerührt, bis das nächste Brot aus dem Ofen musste.

Während des Frühstücks hat unser Kapitän Michael uns dann noch ein paar Informationen zum Einklarieren gegeben. Als wir mit dem Abräumen der Messe fertig waren fiel mir ein, dass ich gar nicht wusste, was es zum Mittag geben sollte. Sabine sagte mit, dass es Nudelsalat gibt. Also haben wir uns gleich daran begeben, die Nudeln zu kochen und die ganzen Sachen zu schneiden. Um 11:15 Uhr waren wir dann komplett fertig. Weil es keine Essensausgabe oben gab, hatten wir also mehr oder weniger frei. Deshalb habe ich , während Saskia und Sabine sich um den Abwasch gekümmert haben, dafür gesorgt, dass die Kombüse auf Hochglanz poliert war. Nachdem wir die Kombüse an Melli, Niko und Jorge übergeben hatten, konnten wir auch selber was essen und waren fertig mit unserer Backschaft.

Um 12:15 Uhr ging ich dann schon gut gelaunt in die Wache, wo ich zusammen mit Vitus sofort den Innenklüver ausgepackt habe. Nach dem Setzen war ich ziemlich erstaunt. Wir fuhren ohne Maschine 8,5 Knoten und hatten fast alle Segel gesetzt. Während meiner häufigen Gänge zur Navi ist mir aufgefallen, dass unser Kapitän in der Messe Unterricht gab. Nach einem kurzen Blick auf den heutigen Stundenplan habe ich gemerkt, dass er uns etwas über Krisenkommunikation beibringen will. Leider hatte ich heute keinen Unterricht, aber Leo hat mir bereits gesagt, worum es so ging.

Der Begriff Krisenkommunikation ist ja an sich ziemlich selbsterklärend. Genau, es ging um Kommunikation während einer Krise. So wurden während dieser Unterrichtseinheit mehrere reale Beispiele behandelt. Zum Beispiel die Pressekonferenzen nach dem Unglück eines Germanwings Flugzeuges oder nach der Loveparade 2010. Dabei traten ziemliche Unterschiede zu Tage, die zeigen, womit sich die Unternehmen eher beschäftigt haben. Die Schüler haben also gelernt, worauf es bei einer erfolgreichen Pressekonferenz ankommt. Den restlichen Tag ist nicht viel Interessantes passiert. Deshalb lasse ich die langweiligen/melancholische Sachen aus.
Julian

Grüße: Ich grüße meine ganze Familie und alle, die in ein paar Tagen in Kiel dabei sein werden.