Nur ein Traum?

Datum: 1. Mai 2016
Position: 51°25,2’N, 002°54,0’E
Etmal: 13 nm
Wetter: Wasser 10°C, Luft 13°C, Wind 1-2 Bft.
von Benjamin

Die Roald, unser großer Kahn,
treibt uns in den Größenwahn.
Fegen, schrubben und auch fetten,
machen auch noch unsre Betten.
Michael schaut streng hinüber,
und ist’s nicht recht, gehst du hinüber.
Unsre Freizeit voll als voller,
doch es wir noch toll und toller.
Labsalen gehört auch dazu
und glänzen tut das Rigg im Nu.
Arbeiten mach ich doch sehr gern,
doch lieber schau ich weiter fern.
Doch an Bord geht’s leider nicht,
„An die Arbeit du fauler Wicht!“
Beim Mittagessen kurz gegessen,
Pause vom groß‘ Kräfte messen.
Und die Paus‘ ist schon vorbei,
zu tun gibt’s wieder allerlei.
Hier mal putzen, da mal wischen
Lüfterhutzen, Tonki mischen,
ach wo ist denn jetzt mein Besen,
eben doch noch da gewesen,
hol mal hier, und kannst du da,
müssen wir?, und tralala
Chaos wie im Bilderbuch,
da fiel eben doch ein Fluch,
Überblick komplett vergeigt,
doch das wird hier nicht gezeigt,
mach das hier wenn du noch magst,
wenn du dich mit Freizeit plagst,
putz zum dritten Mal das Klo,
doch das Schiff ist drüber froh.
Raus geputzt von Top bis Kiel,
gearbeitet ham‘ wir wohl viel.
Doch morgen ist er wieder dran,
Schiffserhalt der neue Mann.
Sehn mich zurück an Chillige-Tage
während ich mich mit Arbeit plage.
Ganz zum Schluss,
gibt’s viel Verdruss,
der ganze Farbeimer fällt um,
alle gucken ganz schön dumm,
und ich merk‘ zu Recht verwirrt,
wie hat sich diese Zang‘ verirrt?
eben doch da vorn an Deck,
auf einmal war sie komplett weg.
und mein linker Schuh fehlt auch,
ist ja klar, dass ich den brauch.
Und plötzlich fehlt mir auch mein Hut,
ohne Hut ist gar nicht gut,
eben noch ganz obendrauf,
plötzlich wach‘ ich ganz schnell auf,
und lieg verdattert in meiner Koje und denke mir: „Ein Traum?“
wohl kaum.

Dieses Gedicht enthält möglicherweise Hyperbeln, Klimaxe und weitere rhetorische Figuren, mit denen mich Robin, mein Deutsch- und Biolehrer, bekannt gemacht hat. Die Entscheidung, ob es sich bei diesem Gedicht tatsächlich um einen Traum handelt oder ob es die pure Wahrheit ist, überlasse ich Ihnen, meine verehrten Leserinnen und Leser.
Benji

Grüße: Viele Grüße an meine Eltern, die sich aufgrund solcher Tagesmeldung nicht einbilden sollen, dass ich zu einem „guten Schüler“ mutiert bin. Ich hab euch lieb und erwartet bitte kein allzu gutes Zeugnis. Benji <3 🙂
Ganz liebe Grüße von Mama in die Mühlenstraße und nach Bad Saulgau

Ein letztes Mal

Datum: 30. April 2016
Position: 51°13,5’N, 002°56,0’E
Etmal: 0 nm
Wetter: Wasser 10°C, Luft 12°C, Wind 3 Bft.
von Saskia

Ein letztes Mal die Kalenderseite umblättern.
Ein letztes Mal Landgang.
Ein letztes Mal aus der Landgangsliste austragen.
Ein letzter gemeinsamer Abend an Land.
Ein letztes Mal die Füße im Sand vergraben.
Ein letztes Mal den Sonnenuntergang am Strand genießen.
Ein letztes Mal mit Musik über die Promenade laufen.
Ein letztes Mal Schiffserhalt im Hafen.
Ein letztes Mal die neue Stammcrew begrüßen.
Ein letztes Mal die Sicherheitseinweisung.
Ein letztes Mal aus einem Hafen auslaufen.
Das letzte Mal Fender halten.
Das letzte Mal Wurfleinen werfen.
Das letzte Mal zurückblicken.

All diese Sachen haben wir nun zum letzten Mal gemacht und vielleicht diesmal mit einem anderen Gefühl. Auch wenn ich gerade die banalen Sachen hier vermissen werde, bin ich froh dass diese Reise nun endet. Wir durften so viel lachen, so viel weinen, so viel lernen, so viel erleben, so viele neue Leute kennenlernen und so viele alte Leute verabschieden. Doch ich glaub“, nun ist es für uns alle Zeit loszulassen, wieder nach Hause zurück zu kehren, das alte Leben neu zu beginnen.
Saskia

P.S.: Liebe Grüße an meine Mama. Ich hab gestern Abend noch deinen Namen in den Sand geschrieben und bin mit den Füßen durchs Wasser gelaufen, um dich vom großen Meer zu grüßen. Ich hab dich lieb und freu mich schon, dich bald wieder in die Arme schließen zu können. Liebe Grüße auch an Ennes, danke, dass auch wenn wir so weit voneinander weg waren, du immer für mich da warst.
Judith grüßt alle, die sie kennen und bedankt sich für die netten Geburtstagskarten. Vor allem viele Grüße an Schmiri und Rahela, meine Kleene.