Schlafen auf der Roald

Datum: 15. Februar 2016
Position: 22°47,1’N, 085°31,6’W
Wetter: Wasser 25°C, Luft 23°C, Wind ESE, 5 Bft.
von Daniel

Nach einer gelungenen Nachtwache, nach der Nachmittagsbackschaft oder einfach so zwischendurch in der Freiwache auf der Backskiste. Es finden sich so einige gute Gründe, um sich eine „Augen-zu-Pause“ zu gönnen. Doch ist es nicht immer ganz einfach, seinen Schönheitsschlaf zu finden. Stellen wir uns folgende Situation vor: Schönstes Wetter in der Karibik, fünf Windstärken, beinahe alle Segel gesetzt außer die Royals und die oberen beiden Stängestag-Segel. Den Jager/Flieger lassen wir auch mal ungeheißt. Es ist 0300 Bordzeit. „In einer halben Stunde wird die nächste Wache geweckt und dann darf man endlich schlafen gehen.“ So könnte ein Gedankengang eines Deckshandanwärters oder einer Deckshand sein. Da man nur in der halben Wache fährt wegen des Unterrichts, ist die Wache relativ knapp besetzt. Doch dann passiert folgendes: Ein nicht vorhergesehener Winddreher von Halbwind auf Wind von vorne lässt alle Segel backstehen und das Tuch fängt an zu knallen. Man könnte nun abfallen oder ein anderes Segelmanöver einleiten, um wieder aus dem Wind zu kommen, doch leider ist das Seegebiet begrenzt und von achtern kommt auch noch ein Überholer (überholendes Schiff). Also kommt das Kommando: „Klar zum Bergen aller Segel!“ „Weckt die aufziehende Wache nun jetzt schon und dann kann es losgehen.“ (Wahrscheinlich gibt es noch einige andere Möglichkeiten um die Segel stehen lassen zu können ohne alles bergen zu müssen. Doch wir gehen mal von dieser Situation aus.) Die aufziehende Wache kommt also noch recht verschlafen an Deck und die bald abziehende ist auch schon müde und vielleicht muss der ein oder andere auch noch auf die Toilette. Eine gute Stunde vergeht und angenommen es ist inzwischen 0430 und endlich ist das Manöver vorbei und die Maschine tuckelt in ihrem unvergleichlichen Rhythmus vor sich hin.

Wollen wir nun mal vergleichen, wer alles einen verkürzten Schlaf hatte in dieser Nacht. Die fahrende Wache kommt eine halbe Stunde später unter Deck, bis die Zähne geputzt sind und der Sicherheitsgurt an dem Haken hängt ist es sicherlich 0500. Die aufziehende Wache hat einen Schlafentzug von einer knappen halben Stunde. Der zu weckende Maschinist ist auf dieses Manöver vermutlich nicht vorbereitet und wurde komplett aus seiner Nachtruhe geholt und natürlich wird auch der Kapitän nicht die Nacht durchschlafen können. Dann endlich in der Koje angekommen liegt man müde auf dem Bauch oder Rücken und plötzlich fängt es an zu jucken. Da es in der Kammer doch recht warm ist kann es durchaus vorkommen, dass langsam aber sicher der eine oder andere Schweißtropfen sich seinen Weg über den schlafen wollenden Körper sucht. Man wischt sich entnervt die Tropfen von der Stirn und sucht eine neue Schlafposition.

Wenn man Glück hat liegt dann noch einer in der Kammer der gerne Bäume fällt und das Arbeiten in der Baumfällbranche hindert einen womöglich auch noch am schlafen. Endlich im Traumland angekommen und beim regelmäßigen Atmen, wird man von einem Druck im Unterleib geweckt. Die Blase meldet sich, da man wegen der Hitze viel getrunken hat. Und das konstante Schaukeln trägt auch noch dazu bei, dass sich ein gewisser unangenehmer Druck aufbaut. Also raus aus der Koje und zur Toilette gesprintet. Aber wie es so üblich ist auf der Roald, sind natürlich alle Toiletten besetzt wenn man dezent dringend die Nase pudern muss. In der Koje dann wieder angekommen schaut man auf die Uhr und stellt fest, dass man in 40 Minuten zum Mittagessen geweckt wird. Also schnell versuchen wieder einzuschlafen aber man kann sicher sein, dass irgendein Geräusch dich daran hindern möchte.

Und wo holt man dann den verpassten Schlaf nach? In der Wache schon mal nicht, da man einmal angemalt wird falls man einschlafen sollte, und zum anderen ist es nicht gestattet zu schlafen. Als Schüler ist es recht klar. Im Unterricht in der Messe in einem unbeobachteten Moment. Als Stammcew ist es schon schwieriger, den Schlaf nachzuholen, auch vor allem wenn überall junge Menschen rumalbern oder gerne mal lauter reden. In diesem Sinne: Eine erholsame gute Schlafenszeit!
Daniel

Grüße: Ich wünsche meinem Vater alles Liebe zum Geburtstag. Lass dich schön feiern, ich denke an dich und auch die anderen. Hab dich lieb. Bene

Aus dem Leben eines Lehrers an Bord

Datum: 14. Februar 2016
Position: 21° 43,4’N, 086°16,9’W
Etmal: 91 nm
Wetter: Wasser 26°C, Luft 25°C, Wind 5-6 Bft.
von Svenja

„He Svenja, du schreibst heute Tagesmeldung“, begrüßte mich Robin heute morgen. Schon so weit? Na dann, es wird bestimmt irgendwas zu berichten geben. Da sich mein Tag heute viel mit Listen und Listenschreiben befasste, hier ein kleiner Einblick in die Proviantplanung für einen HSHS-Törn. Um nicht zu verhungern unterwegs, muss selbstverständlich genug zu essen da sein und gekocht werden. Dass Essen auf den Tisch kommt und es schmeckt, dafür sorgen die Schüler täglich, manchmal mit etwas Unterstützung von uns Lehrern. Hier sei nochmal angemerkt, dass mittlerweile fast jedes Essen gelingt. Liebe Eltern, Sie können ab jetzt gefahrlos Ihre Kinder in die Küche lassen. Passen Sie aber auf, alle sind jetzt Portionen für 50 Personen gewöhnt, nicht dass Ihre Küche am Ende zu klein ist. Damit wir aber überhaupt kochen können, muss vor jedem Törn eine Liste erstellt werden mit all den Lebensmitteln, die wir benötigen. Bis Teneriffa hat sich darum unser Smut Otto liebevoll gekümmert (nochmals vielen Dank Otto!). Seit Teneriffa fällt mir und dem Proviantteam diese Aufgabe zu. Das Proviantteam besteht aus 5-6 Schülern, die sich darum kümmern, dass die Bestandslisten immer aktualisiert werden, also Ein- und Ausgänge verzeichnet werden.

Außerdem verstauen sie alle zugekauften Lebensmittel in den verschiedenen Lasten und kümmern sich darum, dass ich nie etwas aus den Augen verliere. Ich muss gestehen, sie machen einen verdammt guten Job. Gegen Ende eines Törns überlegt sich das Proviantteam, was wir auf dem nächsten Törn kochen könnten und was wir dafür alles brauchen. Nachdem ich alles auf Abwechslungsreichtum (bis auf die Nudelwoche sind es bis jetzt immer grandiose Speisevorschläge), Realisierbarkeit (Pizza geht z.B. nur im Hafen, Pommes Frites sind zu aufwendig) und Bezahlbarkeit (wir haben ein begrenztes Budget) überprüft habe, werden die Einkaufslisten geschrieben. Am Ende stehen wir vor der fertigen Einkaufsliste und freuen uns jedes Mal auf die Gesichter der Verkäufer im Laden oder im Markt. Es ist herrlich zu sehen, wie die Gesichter teilweise entgleisen, wenn man 80kg Käse oder 100 Liter Milch bestellt. Gerne kommt die Frage: „Sie meinten wirklich 80kg?“. Einige Supermärkte haben irgendwann resigniert und einfach direkt die Lebensmittel aus dem Lager geholt, nachdem wir das Regal zweimal leer geräumt hatten und es noch immer nicht reichte.

An der Kasse dann folgt der ungläubige Blick der Kassierer, wenn man diverse Einkaufswagen voll auf das Laufband legt. Hier gerne gestellte Frage „Alles zusammen?“, in Verbindung mit ungläubigen Blicken. Weil wir nette Menschen sind erklären wir dann immer, dass wir von einem Schiff kommen, 50 Personen ernähren müssen und gerade unseren Provianteinkauf machen. Daraufhin werden wir oft noch über das Schiff befragt (es wird natürlich Werbung für das Schiff und HSHS gemacht) und man wünscht uns eine angenehme Reise.

Eine andere Möglichkeit ist natürlich auch, die Lebensmittel beim Schiffshändler zu bestellen, der dann alles direkt zum Schiff bringt. Dies lohnt sich insbesondere bei Tiefkühlware. Hier ist jedoch der Lieferant große Mengen gewöhnt und es fehlt ein bisschen der Smalltalk beim Bezahlen. Wenn dann alle Lebensmittel am Schiff sind ist der nächste große Schritt dran, alles muss verstaut werden. Manchmal glauben Leute, die noch nicht auf der Roald waren, dass wir das alles nie verstauen könnten. Aber dafür haben wir ja das Proviant-Team, die sich in den Lasten bestens auskennen und denen im Stauen so schnell keiner was vormacht. Problemlos werden da 150l Milch mal eben in der Ecke verstaut und alles systematisch in Kisten gepackt und seefest verzurrt.

Also liebe Eltern, seien Sie beruhigt: hier verhungert uns so schnell keiner und kochen, einkaufen und verstauen haben Ihre Kinder nebenbei auch noch gelernt. Wenn wir gerade mal keine Lebensmittelplanung machen sieht der Alltag für uns Lehrer allerdings immer relativ ähnlich aus, wir bereiten Unterricht vor oder nach, geben Unterricht, überlegen uns, wie wir die Schüler in der nächsten Unterrichtsstunde besonders quälen können (zumindest glauben das manche) oder wir verstecken uns (was auch nicht stimmt, in Wahrheit laufen wir nur in die andere Richtung wie die Person die uns sucht oder sitzen gut getarnt bei der Wache auf der Brücke). Nebenbei hören wir uns gerne auch an, dass man das, was wir machen ja nicht Arbeit nennen kann, sondern Urlaub und freuen uns, wenn wir keinen Unterricht haben, die Sonne scheint und wir mit den Schülern an Deck das gute Wetter genießen können.
Svenja

P.S.: Svenja grüßt ganz herzlich ihre Familie. Wenn ich zurück bin müssen wir grillen! Außerdem herzliche Grüße an das Proviantteam, vielen Dank für eure Unterstützung, ohne euch hätte ich schon mehrfach das Handtuch geschmissen!

Grüße:
Ich grüße ganz herzlich meine Familie und Freunde, ich hab euch lieb und ich freue mich, von euch bald wieder etwas zu hören. <333 LG Lisa
Ich schicke ganz ganz viel Liebe an meine Familie. Ganz besonders grüße ich meine beiden kleinen Geschwister. Ich vermisse euch schon ziemlich hier auf der Roald. Wahrscheinlich könnt ihr euch gar nicht vorstellen, dass ich in 2 Tagen in Kuba sein werde, aber ich versuche so viel wie möglich von meinen Erlebnissen mit nach Hause zu bringen. Ganz liebe Grüße auch noch an dich, Jutta Oma. Ich hoffe, dir geht es gut und ich freue mich, dich in Kiel wiederzusehen. Liebe Grüße Melli ?
Heike grüsst die Bremer Roald-Stammtischrunde. Der nächste dann im März.