Da war dann vielleicht doch noch was…

Datum: 7. April 2016
Position: 38°31,8 N, 028°37,5 W (Horta, Azoren)
Etmal: 0 NM
Wetter: Wasser 17 C, Luft 23 C, Windstärke 3-4
von Fanny

In einem Monat werden wir ankommen. Und da sich wahrscheinlich alle Eltern auf ihre ja so weiter entwickelten und so erwachsen gewordenen Kinder freuen muss ich, glaube ich, leider doch vorwarnen. Bei einigen scheint das Geld zum Fenster rausgeworfen zu sein. Hätten Sie doch lieber in ein neues Auto investiert. Vor einem Monat wurde in der Schülerversammlung entschieden, den Bordkiosk für die Schüler zu schließen. Wieso? Es fehlten zum nun, glaube ich, dritten Mal über hundert Euro in der Abrechnung. Wir beklauen uns hier gegenseitig. Die Lehrer und die Crew haben sich anfangs noch für uns eingesetzt, aber nichts hat geholfen. Aber nun gut. Als würde das nicht schon reichen, bedienen sich einige jetzt so an den Softdrinkdosen und lassen sie auch noch leer getrunken in der Dosenlast stehen.

30 Eltern denken sich beim Lesen natürlich „mein Kind würde so etwas doch niemals tun“. Aber irgendjemand muss es ja gewesen sein. In der Kühllast liegen Schalen von aufgegessenen Bananen rum und ach ja, eigentlich scheißen wir doch sowieso auf alle anderen hier. Da hätte ich ja fast vergessen, dass sich hier auch die Süßigkeiten untereinander aus den Kojen geklaut werden und dann die Verpackungen bei anderen in die Fächer gelegt werden um schön von sich abzulenken. Wir sind ja so eine zusammengewachsene Gruppe geworden. Aber trotzdem bleiben bei den Landgangsteams immer welche über und niemand kann akzeptieren, mal nicht mit seinen besten Freunden in einer Gruppe zu sein, egal worum es geht.

Misskommunikation. Manchmal ist man sich hier auch zu gut, um mit den anderen zu sprechen und schickt wen vor, zum hin und her laufen. Und wenn dann mal nach stundenlanger Diskussion in der Gruppe etwas entschieden wurde, fällt meistens einigen zwei Stunden später ein, dass sie doch noch nicht ihre Extrawurst bekommen haben und dann muss wieder alles von vorne durchgekaut werden. Aber wenn man nach sechs Monaten täglichem Putzen hört, dass man stolz darauf ist, es geschafft zu haben, nicht einmal eine Toilette putzen zu müssen, fragt man sich schon mal ob hinter den ja ach so süßen und tollen Gesichtern irgendetwas falsch gelaufen ist. Wenn man abends in seiner Koje liegt und am einschlafen ist, erfährt man die besten Dinge über die anderen und manchmal auch über sich selber, von denen man einfach nichts wusste. Schalldichte Räume an Bord würden auch helfen.
Fanny

P.S.: Thank you for writing this, Fanny. Not every Tagesmeldung should be a love letter and reality can be hard to accept. I can understand very well your feelings and you will remember that I had observed your disappointment a few days ago. You told me you were a bit tired. To be honest, I didn´t believe you. Now I understand your bitterness. It is great to have met you. Patrick

Erster Tag auf Horta im Peter Café Sport

Datum: 6. April 2016
Position: 38°31,8’N, 028°37,5’W
Etmal: 157 nm
Wetter: Wasser 17 C, Luft 22 C, Wind 2 Bft.
von Vitus

Nachdem ich geweckt wurde zu meiner Wache von 8-12, genoss ich erst mal meinen Pfannkuchen mit Banane und fett Nutella (ok. vielleicht waren es auch mehr als nur einer J). Leider musste ich dann an Deck zur Wache ohne meinem gemächlichen Verdauungsschläfchen nachzugehen, wie ich es von zu Hause gewohnt war. Ich weiß nicht wie lange ich geschlafen hatte, doch als ich an Deck war sah ich, neben unserer Roald, Horta, mit ihrer Irland ähnelnden Landschaft . Ich freute mich sehr, denn das ist die Seglermeile schlechthin. Dort treffen sich alle Segler nach der Atlantiküberquerung um sich, nach all den Strapazen der Fahrt, einen ordentlichen Schluck zu genehmigen in der berühmten Peter Café Sport Bar. Ich bereitete alles Nötige für das Anlegemanöver vor. Festmacherleinen auslegen, Fender vorbereiten und ich weiß nicht was. Aber ich war eigentlich ganz froh drüber, denn während ich an Deck gammelte schrieben meine Schülerkollegen unter Deck eine Englischarbeit. Als es dann soweit war und wir unseren Liegeplatz hatten ging dann das Anlegemanöver los, was in Horta nicht ohne Anker zu schaffen ist.

Die Kette ratterte raus und es schepperte. Der Anker war am Grund angekommen und er saß gut. Wir waren schon nah an der Pier, doch noch nicht nah genug. Die Wurfleinenwerfer kamen leider, ganz zu ihrer Enttäuschung, nicht zum Einsatz, denn die Distanz zur Pier war viel zu weit. Also musste die Festmacherleine mit dem Dinghi an Land gefahren werden (Nicht Segler-Style-1). Am Heck waren wir jetzt fest an der Pier, doch vorne am Bug war die Pier noch weit entfernt. Unsere liebe Maschine Emma arbeitete fleißig, doch es half alles nichts. Das Dinghi kam wieder zum Einsatz. Es schob mit voller Kraft an unserem Bug (Nicht-Segler-Style-2) und tatsächlich kamen wir der Pier näher und dann war auch die Vorleine fest an der Pier. Wir bauten die Gangway auf und ich ging mit einem Grinsen im Gesicht an Land, denn jetzt kann mir keiner mehr unterstellen, dass ich nicht Segler genug bin.

Am Abend durften wir in der legendären Bar Peter Café Sport eine schöne gekühlte Cola genießen. Das hat mir soooo gefehlt. Ich bin noch bis 22:00 Uhr dort geblieben und dann zurück zum Schiff gegangen wo ich müde, aber mit einem Lächeln in meine Koje gefallen bin.
Vitus Maschine

Grüße:
Fanny grüßt Ella!
Aloha von Marion an die AlpenmatrosInnen!
Melli grüßt Chiara und Chiara! Ich vermisse euch so sehr und freue mich so darauf, euch in Kronberg wiederzusehen <3