Der „beste“ Tag meines Lebens

Datum: 9. April 2016
Position: 37°48,0’N, 026°26,2’W (Azoren)
Etmal: 117 nm
Wetter: Wasser 15°C, Luft 16°C, Wind NNE, 4 Bft.
von Julian

Es gibt verschiedene Wege, wie Leute am liebsten aufstehen. Manche machen gerne Sport und andere hätten am liebsten ein Frühstück am Bett. Meistens kommt es jedoch auf den Weckenden an, als ich von Robin aus meinen Träumen gezerrt wurde, verkündete er die frohe Botschaft, dass ich heute eine Klausur schreiben werde. Als ich dann aus meiner Koje gehüpft bin (nachdem ich mir mal wieder den Kopf am Bullauge geschlagen habe) und etwas ungelenk aufgekommen bin, musste ich erst mal die Toilette aufsuchen. Da alle besetzt waren, stand ich im Gang und hab meinen Gedanken freien Lauf gelassen. 10 Minuten später war endlich ein Klo frei geworden, doch es roch, als hätte dort jemand einen Gasangriff verübt. Damit fertig spürte ich, wie mein Magen sich meldete und ich bin zum Frühstück gegangen. Nachdem ich durch den Tiegergang „gestolpert“ war, hoffte ich in Ruhe essen zu können, aber dem war nicht so. Ich habe schnell ein Brötchen und etwas Obstsalat vertilgt, bevor ich mich dem Reinschiff widmete.

„Endlich fertig“ dachte ich, „so jetzt noch ein bisschen für die Arbeit lernen“. Deshalb setzte ich mich bei laufendem Motor in meine Koje und habe versucht, Englisch zu lernen. Für jene, die noch nie mit einem Schiff unterwegs waren, stellt euch vor ein Fernseher ist auf die lauteste Lautstärke gestellt und es kommt ein durchgängiges Störgeräusch, dazu werdet ihr noch von einer Wand zu der anderen geworfen und ihr versucht euch zu konzentrieren. Als ich den von Anfang an zum Scheitern verurteilten Versuch zu lernen aufgab, musste ich schon in die Messe, um mich der Klausur zu stellen. Als ich kurz vor der Vollendung der Arbeit war und mir schon vorstellte, wie ich mit einem Lächeln aus der Messe rausgehe, schoss mir auf einmal etwas durch den Kopf, was ich seit ungefähr 5 Wochen verdrängt hatte. Meine nächste Tagesmeldung.

„Und das ausgerechnet heute“ dachte ich, als ich mir in der nächsten Unterrichtsstunde den Kopf zermarterte, weil mir nicht einfiel worüber ich schreiben sollte. Nach dem Mittag kam die nächste Hiobsbotschaft. Ich habe morgen fast den ganzen Tag Backschaft. Vormittags laut Plan und Nachmittags ab 15:00, weil ich ab da Luisas Backschaft übernehmen muss. Und als wäre das alles nicht genug, ist morgen auch noch viel zu tun, da Leo Geburtstag hat und ein Großreinschiff ansteht. Mit diesen freudigen Nachrichten startete ich in den Nachmittag. Als ich Geschichte und Politik überlebt hatte und ich Deutsch auch fast geschafft hatte, freute ich mich schon darauf, dass es um 16:00 Uhr ein All Hands gibt um alles fürs Anlegen in Ponta Delgada (Azoren) fertig zu machen. Nach Stundenende hieß es also erst mal Gurt und Jacke an, schnell das Kuchenstück essen und dann ab zum Segel packen.

Dann kurzes Einteilen für die Stationen, ich wollte mich für das Landkommando melden, doch kam ich leider zu spät, also nahm ich einen Fender. Wir kamen immer näher und wir hatten vor dem Einlaufen ein gutes Gefühl, da wir neben einer Aida anlegen sollten und die Anlegestelle sehr nah an der Stadt war. Doch als wir gerade die Hafenmauer passiert hatten kam die Nachricht, dass uns ein anderer Platz zugewiesen wurde. Uns wurde schnell klar, dass es von dort ein sehr viel weiterer Weg in die Stadt ist. Trotzdem ließen wir es uns nicht nehmen, nach dem Anlegen (es war bereits 19:30) noc hmal an Land zu gehen, deshalb haben wir schnell die Hafenwachen eingeteilt. Ich hatte 22-23 und da Landgang sowieso nur bis 22 Uhr war, hatte ich auch nichts dagegen. Als ich dann mit Bene und Luisa losgegangen war, um die Stadt zu sehen, fiel mir ein, dass wir in unserer Wache Brötchenteig machen mussten. Am Schiff angekommen haben wir darum gespielt und ich habe natürlich, wie könnte es auch anders sein, verloren.

Also stand ich eine ganze Stunde in der Kombüse, bis ich endlich mit den 6 kg Brötchenteig fertig war. So, Brötchenteig fertig, Wache vorbei und jetzt nur noch schlafen gehen, aber mein Unterbewusstsein hatte noch ein Ass im Ärmel. Ich musste noch meine Sachen für den Kammerwechsel packen. Um 23:45 Uhr konnte ich dann aber auch meine 6 verdienten Stunden Schlaf ausnutzen. Das Schreiben der Tagesmeldung habe ich einfach (zu Robins Leidwesen) um einen Tag nach hinten verschoben .
Julian

Grüße: Karo grüßt Ella

Abendliche Verse

Datum: 8. April 2016
Position: Horta, Azoren
Etmal: 0 nm
Wetter: Bewölkt, Wind NNE, 0 Bft.
von Josha

Wenn ich Nachts im Ausguck stehe
sehe ich aus nächster Nähe
Delfine tanzen und springen
und die uns’ren leise singen.
Tage und Wachen vergehen
wir können es nicht verhindern
die Zeit bleibt nicht für uns stehen
wir sind nur kleinliche Kinder.
Auch jeden Morgen merkt man nun
wir können nichts and’res mehr tun
Als uns“re Zeit hier zu nutzen
doch wir müssen dauernd putzen.
Ponta Delgada liegt vor uns
der Wind ist jedoch gegen uns
So läuft Emma den ganzen Tag
auch wenn das hier niemand mehr mag.
Doch ist’s in 4 Wochen so weit
man denkt an jene, die sich freut
uns in die Arme zu schließen
die Gesellschaft zu genießen.
Uns’re Glocke läutet nun
jetzt kann ich daraus erschließen
hab vergessen die Sonn‘ zu schieß’n
bin nun essen, Brötchen mit Thun.
Josha