Eine Nachtwache

Datum: 9. März 2016
Position: 29°57,1’N, 079°32,9’W
Etmal: 161 nm
Wetter: Wasser 24°C, Luft 25°C, Wind 4-5 Bft.
von Jakob

23:30 Uhr Bordzeit. Irgendein ermüdeter 8-12 Wächter macht sich träge auf, um die nächste Wache zu wecken. Nimmt sich den Weckzettel aus dem Quergang, wo die gesamte Kojenbelegung aufgeschrieben ist, schaut auf den Backschaftsplan und torkelt den Niedergang in die Messe hinunter. Den Tigergang entlang, wo im schwachen blauen Licht das Ölzeug der Crew gespenstisch an den Haken schwingt, dann der Reihe nach in die Kammern. Hier und da im Schiff erwachen verschlafene Geister zum Leben, rappeln sich aus ihren Kojen auf und bewegen sich Richtung Messe. Am Ende seines Weckganges erreicht er das Messelogis, wo er Toppsgast und Deckshand weckt, sowie einen weiteren 0-4 Wächter – meine Wenigkeit. Noch nicht ganz wach bestätige ich die Nachfrage, ob ich denn wach sei, schließe die Augen wieder und erwäge die Möglichkeit, einfach wieder einzuschlafen. Bevor ich über diesen Gedankengängen einschlafe, stehe ich lieber auf, schließlich gibt es nichts ehrloseres und gleichzeitig keinen besseren Beweis seiner eigenen Unzuverlässigkeit als die Wache zu verschlafen. Gleichzeitig versuche ich mich zu erinnern, wer geweckt hat. Anhand dieser Information ließe sich nämlich überprüfen, wie vertrauenswürdig die erhaltenen Informationen über die aktuelle Wetterlage sind (warm, kalt, windig, etc.). Es ist sehr schwierig, und wie fast immer verfalle ich auf die simple und wahrscheinlich naheliegende Methode, mich wärmer anzuziehen als nötig. Inzwischen ist es 23:45 Uhr, also lieber etwas beeilen. Zehn Minuten später betrete ich das Deck, wo sich die abziehende Wache und Teile der aufziehenden Wache bereits zum Wachwechsel aufstellen.

Nach dem Wachwechsel werden Rudergänger und Ausguck gewechselt, die anderen beiden Wächter setzen sich auf die Brücke und werden für die nächste Stunde verzweifelt darum bemüht sein, nicht einzuschlafen. Natürlich sind Toppsgast und Deckshand hellwach und versuchen, die Anderen mit ihrer grenzenlosen Motivation anzustecken. Es klappt mehr schlecht als recht, und man ist froh, wenn man den Ausguck ablösen gehen darf – so hat man wenigstens seine Ruhe. Der Steuermann muss also meistens als Unterhaltung dienen, aber er hat ja zum Glück die Möglichkeit, sich bei überstrapazierter Geduld oder Toleranz in die Navi zu begeben und dort im Schutze seiner Karten und Geräte tief durchzuatmen.

Zwei Stunden der Wache sind schon vergangen, weitere zwei folgen noch. Jeder war inzwischen einmal Ruder oder Ausguck, und nun gilt es, den Posten zu belegen, den man noch nicht abgearbeitet hat. Die Lebensgeister der Trainees beginnen langsam zu erwachen, es entspannt sich eine schleppende, aber dann immer lebhaftere Unterhaltung auf der Brücke. Um 03:15 springt röhrend und brummend das Ungetüm des Generators im Maschinenraum an, das der Wache nun ein Zeitfenster von einer halben Stunde lässt, um für die nächste Wache Kaffee zu kochen. 15 Minuten später geht ein ermüdeter 0-4 Wächter den Messe-Niedergang hinunter, um die aufziehende Wache zu wecken. Weitere 15 Minuten später erstirbt der Generator wieder, und nun kann man es jedem Wächter im Gesicht ablesen: Geschafft! Gleich Wachwechsel, und dann endlich in die Koje. Die zehn Minuten vergehen wie im Flug, dann heißt es: Wache 1 klar zum Wachwechsel. Man regt sich noch auf über die endlosen Ausführungen des Toppsgasten über die heldenhafte Wache 1, die Ausguck und auch noch Ruder gegangen ist, Brotteig fertig gemacht hat und, man höre und staune, sogar Wetter gemacht hat! Ja mei! Gude Wacht, liebe Wache 2, wir gehen jetzt schlafen!

Zum Abschluss möchte der Autor noch bekanntgeben, dass diese Schilderung einer typischen Wache nicht speziell auf einen Tag zugeschneidert ist, sondern sich beliebig auf die meisten anderen Nächte übertragen ließe. Ich grüße außerdem nach langer Zeit mal wieder nach Hause, und informiere hiermit das Elternhaus, dass mein mobiles Endgerät aufgrund einer technischen Schwierigkeit nicht mehr imstande ist, zu laden, was die Kommunikation nach Deutschland erschweren könnte. Ich finde schon einen Weg. Also ganz herzliche Grüße, lachend und weinend zähle ich schon die Tage runter!
Jakob

Grüße: Alles Gute zum Geburtstag Omi. Ich hoffe dir geht es bald besser und das du es am 8. nach Kiel schaffst. Gute Besserung und frohes feiern. -Felix

High Seas Hai School

Datum: 7. März 2016
Position: 25°42,7 N, 079°18,5 W (Bahamas)
Etmal: 0 nm
Wetter: Wasser 25°C, Luft 22°C, sonnig, Wind 2 Bft.
von Anton

Heute starteten wir unseren Tag mit einem Shuttle zur wunderschönen Bimini Südinsel. Als wir dort alle angekommen waren, starteten wir eine Wanderung über die Insel, bei der wir durch einen Naturpfad liefen, bei dem man viele Schilder mit endemischen Tieren sah (die Tiere sahen wir natürlich nicht). Letztendlich liefen wir zu einer Haiforschungsstation. Zwei Biologen berichteten uns an einem schönen Strand von ihrer Arbeit und vom Verhalten von verschiedenen Haien. Außerdem durften alle einen Baby Zitronen- und einen Ammenhai streicheln. Danach durften wir selbstständig die Insel erkunden, wobei einige Gruppen mal wieder die Jagd nach dem WLAN eröffneten und im nahen Resort anstatt der heimischen Karnevalisten total besoffene amerikanische Springbreak-Touristen erlebten, während andere die Möglichkeit nutzten, auf eine aufgeschüttete Düne zu klettern, um von dort die Aussicht über die Inseln und unsere geliebte Roald zu genießen, bis es dann endlich wieder zurück aufs Schiff ging. Nach kurzer Zeit ging es dann gleich los mit dem Anker-auf-Manöver, das wir heute unter Segeln versuchten. Leider fuhren wir nicht wie geplant nach Norden, sondern wurden vom Wind unglücklich auf den falschen Bug gedrückt. Süden… Nochmal Kuba? -Nein, schnell fuhren wir eine gekonnte Halse und segeln jetzt weiter nach Norden. Leider haben wir morgen wieder Unterricht, deshalb gehe ich jetzt schlafen. Viele Grüße
Anton