Dramen, die die Segel schreiben

Datum: 16. November.2018
Position: 28° 50,2 ’N, 018° 05,9 ‚W, Kurs: 200°
Etmal: 113 NM
Wetter: 21,4°C, b/c, Wind WNW, 2-3 Bft.
von Marlis

Gesehen wurden meine Lichter schon als die C-Wache zum Wachwechsel um 2 Uhr kam. Vormittags, nach dem stärkenden Frühstück, bekamen die Wachführer der Schülercrew die Verantwortung übergeben und sollten ihre Wache beim Setzen und Bergen der Segel anleiten. Dabei stellte ein groß gewachsener Junge auf dem Achterdeck fest, dass die Dirk des Großsegels verdreht ist. Einige Minuten später baumelte ein anderer Junge mit einem außergewöhnlichen Spitznamen im Bootsmannsstuhl, quasi ein hängender Sitz für Arbeiten in der Luft, um die Dirk auszuschäkeln und zu lösen, damit sie im Anschluss entdreht werden konnte.

Denn mit den Segeln sollte ja noch weiter geübt werden. Für einen Stationswechsel an andere Segel hat es vor dem Mittag nicht mehr gereicht. Aber die Schüler haben schon besprochen, wie das Setzen und Bergen der Segel koordiniert wird und wer welche Aufgabe übernimmt. Zum Mittag bekam die Crew der Johann Smidt Kassler im Brotteig mit roter Beete und Kartoffelstampf. Zum Nachtisch gab es Äpfel im Pfannkuchenteig mit Puderzucker.

Nachmittags beim Üben sah ich dann nur noch ein „Tuch“ dem Deck entgegenrauschen. Irgendetwas am Fall vom Großsegel war kaputt gegangen und das Großsegel kam herunter. So schnell hatte an Bord noch niemand ein Segel geborgen. Der Kapitän war immerhin begeistert, dass die Faulenzer so durchgeholt waren, dass das Segel gerade herunterkam und nicht außenbords fiel. Kurz danach stand der große Junge zum Klüverwechsel im Klüvernetz und bekam bedingt durch den Wellengang eine Gratisdusche. Gesetzt haben die Schüler dann den Klüver, die Sturmfock, den Schoner im 2. Reff und das Trysegel (das Sturmsegel am Großmast).

Am Steuer wollte die Rudergängerin vor meiner Küste dann unbedingt ein „N“ für den Kapitän in den Atlantik schreiben. Allerdings wurde es ein schiefes „N“, eher eine Zick-Zack-Linie, da der Kurs Richtung Süden geändert wurde. Die Segel wollten auch noch verpackt werden, wobei so mancher seine Aggressionen rauslassen konnte. Eingepackt erinnerte ein Segel am Ende an eine blaue Sushirolle. Nach dem Abendbrot neigte sich der Tag für die meisten dem Ende entgegen, außer für die Wachhabenden und die Doppelkopfabhängigen. Kleine Feststellung am Ende des Tages: Gut, dass heute Freitag, der 16. und nicht der 13. ist, sonst wäre vielleicht noch mehr kaputt gegangen.
Marlis

P.S.: Quizfrage für alle Marine-Traffic-Mitreisenden: Aus wessen Perspektive wurde dieser Tagesbericht geschrieben? (Auflösung folgt)