Über Routinen

Datum: 31. Oktober 2018
Position: 43° 44,3′ N, 008° 51,9′ W
Etmal: 107 sm
Wetter: 13°C, kalt und windig
von Linqui

Wir sind schon mehr als 20 Tage an Bord und die meisten von uns haben über die Tage ganz unterschiedliche Befindlichkeiten durchlebt. Manche von uns haben sich schon völlig an das Bordleben gewöhnt, andere hadern immer noch etwas mit Seegang und mit den Strukturen des Wachbetriebs. Auch heute gab es wieder seekranke Schüler, aber immerhin hat es diesmal nicht alle Backschafter getroffen. Wegen des Windes sind wir heute wieder einige Wenden gefahren, sodass der Schlaf einiger Schüler immer wieder von All-hands-Manövern unterbrochen wurde. Außerdem haben wir heute in der Ferne drei kleine Wale gleichzeitig gesehen. Völlig irre eigentlich, dass die Sichtung von Walen schon normal geworden ist, obwohl dieses Ereignis doch so etwas besonderes ist.

Ebenfalls besonders ist, dass heute Halloween ist. Geschminkt haben wir uns allerdings nicht und auch die Geister haben sich wohl nicht so weit aufs Meer rausgetraut. Wir scheinen hier gerade nahezu alleine auf dem Wasser unterwegs zu sein.

Das Leben auf dem Meer ist im Vergleich zum Leben an Land wirklich verschieden und faszinierend: Die Personen auf dem Schiff bilden eine Gemeinschaft und jedes Schiff als Ganzes ist dennoch so wie eine Person, die ihrem Weg folgt, auf dem es noch andere „Personen“ gibt, die aber wiederum für sich alleine sind. Zwischen ihnen gibt es zwar unabdingbar wichtige Signale, aber keine Kommunikation im eigentlichen Sinne. Jeder fährt seinen Weg für sich, den jeweils eigenen nächsten Zielort vor Augen. Und innerhalb des jeweiligen Mikrokosmos arbeitet die ganze Bordgemeinschaft für dessen Funktionieren und müssen hierfür auch manchmal das eigene Wohl zurückstellen.

Und so ist es dann auch eigentlich nicht mehr allzu schlimm für ein „All Hands“ aus dem Schlaf gerissen zu werden. „Einfach machen“ denken wir dann, inzwischen schon an Ungewöhnlichkeit gewöhnt. Und unser Mikrokosmos schlägt sich weiter seinen Weg durch die Wellen mit Kurs auf Madeira.
Mit lieben Grüßen, Linqui

Der nullte Tag auf dem Weg nach Madeira

Datum: 30. Oktober 2018
Position: 43° 25,9′ N, 008° 26,5′ W
Etmal: 7 sm
Wetter: 13°C, regnerisch
von Fynn Ranke, in Kooperation mit Bianca und Claudi

Hallo ihr lieben Marinetrafficstalker, vermutlich habt ihr euch heute ordentlich darüber gewundert, warum wir vor La Coruna ein wirres Zickzackmuster ins Meer gemalt haben. Der Grund dafür war dieser: Jede/r Schüler/in – egal wo er/sie sich an Bord befindet – sollte wohl einmal Gelegenheit dazu erhalten, auf der Leeseite (der windabgewandten) Seite des Schiffes zu stehen, um den eigenen Mageninhalt ungesehen den Fischen überlassen zu können. Nebenbei haben wir außerdem den richtigen Wind gesucht. Wohingegen einige von uns zum Frühstück noch fest behaupteten, dass sie nicht mehr seekrank werden würden, holte uns die Realität kurz nach unserem Auslaufen aus A Coruna schnell ein: Mit heftigen Stampfbewegungen kämpften wir uns vermeintlich in Richtung Madeira und genossen bei regnerischem Wetter die Endlosschleife aus Achterbahnfahrt und Freifallturm.

Insgeheim wissen wir, dass der Sinn und Zweck dieses Tages wohl darin bestand, das Wenden zu üben. Denn da wir gegen den Wind anfahren mussten, waren wir ständig gezwungen, mit „All-Hand-Manövern“ die Segel auf die andere Seite zu holen, wobei uns der Wind gleichzeitig auch immer wieder zurück in Richtung Land zu drängen versuchte.

Alles in allem haben wir heute also einige Seemeilen zurückgelegt, uns dennoch kaum in Richtung Madeira fortbewegt. Der Torre del Hercules hat uns also noch einen Tag länger bewacht und wir waren etwas frustriert. Aber dass wir auf den Wind keinen Einfluss haben und der Weg auf unserer Reise wohl das Ziel ist, ist wohl eine Erkenntnis, die wir nicht zum letzten Mal gewonnen haben. Mit schwankenden Grüßen
Fynn

P.S.: In Wahrheit haben Bianca und Claudi diesen Eintrag verfasst. Bianca grüßt alle, die an sie denken und die an ihren Geburtstag gedacht haben. Alex grüßt seine Mama. Max grüßt Familie Baumfeier. Und ich (Fynn) grüße meine Schule, die Tellkampfschule Hannover, und vor allem Frau Braune.