Zora On Tour

Datum: 1. Februar 2019
Position: 08°42, 03′ N, 083°12,06′ W (La Gamba)
Etmal: –
Wetter: Luft 32°C, Wind SSE, 2 Bft
von Marlis

Ich, das Zopfgummi Zora, wurde heute früh wieder in Position geschoben, gezogen und gezerrt und konnte dann den Tag über die Aussicht von knapp ein Meter achtzig über dem Boden genießen. Beim Frühstück erhielten alle Schüler ein Lunchpaket bestehend aus einem Sandwich und Oreokeksen, denn um neun Uhr ging es los zu unserer ersten Ganztagsexkursion in und um La Gamba. Im Vorfeld verschwanden meine Freunde Fritz Flasche, Sonja Sonnencreme, Hanna Handtuch, Ben Badesachen und natürlich Lola Lunchpaket in einem Rucksack, der kurze Zeit später unter mir den Rücken runter hing. Dann ging meine tägliche Achterbahnfahrt los!

Erst immer den Hauptschotterweg entlang, bis zur Finca Modela – einem Gartenprojekt, in dem verschiedene Pflanzen angebaut und die Bäume für das Wiederbewaldungsprojekt großgezogen werden, so dass sie dann eingepflanzt werden können. In dem Garten konnten Pfeffer, Zitronen, frischer Kurkuma und Chilis verschiedener Schärfe probiert werden. Außerdem gab es vieles Wissenswertes über die Herstellung frischer Erde, oder wie man aus einer Pflanze Stevia (Süßstoff) gewinnt, zu erfahren. Viele lehmartige Finger kamen an mir vorbeigezischt als die Frucht herumgegeben wurde, mit dessen zerdrückten Kernen man sich bemalen kann. Ein Heidenspektakel….

Der lustigste Satz des Tages stammt von dem Arbeiter, der alle über die Finca geführt hat, als wir bei dem Schwein ankamen. Viele Schüler fragten, wie denn das Schwein hieße, worauf der Arbeiter antwortete: „Kurkuma. Ach nee, Chili, Kurkuma war das andere“. In dem Moment wurde einigen bewusst, dass es ja am Anfang ihrer Zeit an der Tropenstation Schweinefleisch zum Essen gab… Schade um „Kurkuma“ aber „Chili“ soll auch bald einen neuen Freund bekommen.

In der Gartenanlage trafen wir auch Johanna, die von ihrem Forschungsprojekt erzählt hat. Sie versucht Prachtbienen so zu trainieren, dass sie sich anhand von Formen merken, bei welcher es eine Belohnung gibt (in ihrem Experiment ist es ein Punkt) und bei welcher nicht. Im zweiten Schritt überprüft sie dann, ob sich die Bienen mehr auf die Anzahl von den Punkten oder die Farbe des Punktes oder der Punkte konzentrieren. Bei Menschenaffen, ihren eigentlichen Forschungsobjekten, ist es so, dass für sie Zahlen wichtiger sind als Farben. Die ganzen Neuigkeiten im Garten fand ich alle super interessant, ich fand es nur bedauerlich, dass ich die Bilder zu den Worten erst auf dem Weg zum nächsten Halt erhaschen konnte.

Nach dem Input an Informationen ging es vom Garten aus weiter in der nahenden Mittagshitze die Hauptstraße entlang. An einer Kuhweide hielten alle an, denn die bot den direkten Vergleich für das danebenliegende Wiederbewaldungsprojekt, was ebenfalls mal eine Kuhweide darstellte, auf deren Fläche aber nach Erwerb durch Spendengeldern, neuer Regenwald angepflanzt wurde. Flo (unser Exkursionsguide) erzählte allen, dass diese Fläche vor fünf Jahren mit 11.000 Bäumen bepflanzt wurde, die dann drei Jahre lang intensive Pflege genießen durften: Alle drei Tage wurden ihnen die Schlingpflanzen entfernt, bei Trockenheit wurden sie gegossen, bei Regen grub man zu ihnen führende Gräben und generell schaute man natürlich auch, wie sich entwickelten. Nach diesen drei Jahren dann werden sie in Ruhe gelassen, denn dann sind sie stark genug sich alleine zu einem sekundären Regenwald zu entwickeln.

Der direkte Vergleich zur benachbarten Kuhweide war enorm. Nach der Ansage „Jetzt geht es zum Wasserfall“, war die Freude auf eine Abkühlung den meisten anzumerken. Noch schnell ein Stück Straße wieder zurück, durch eine Palmölplantage, einen Waldweg hinab und über zwei Baumstämme am Fluss balanciert, dann hatten alle das Ziel erreicht. Mittagessen, Baden und die Natur genießen war dann für die nächsten zwei Stunden angesagt. Ich durfte mich in einem der oberen Becken abkühlen – der Weg dort hin war eine ziemliche Schaukelpartie – welches an einen Whirlpool erinnerte, da es dort sehr viele Strudel gab. Beim Abtauchen meiner Besitzerin wurde ich dadurch gut durchmassiert. Traumhaft nach der Hitze.

Der Rückweg wurde durch die Gruppe unterschiedlich bestritten: Entweder zu Fuß oder in einem Pickup, oder aber durch eine Kombination aus beiden. Zuerst lief man ein Stück und wurde dann von dem Pickup aufgesammelt, indem man auf der Ladefläche Platz nahm. Nahm man den Pickup, so wie meine Besitzerin, so erfuhr man durch den Fahrtwind die zweite Abkühlung des Tages, die dritte gab es dann unter der heiß ersehnten Dusche. Danach durfte ich dann schlafen gehen, denn offene Haare trocknen besser als im Dutt. Man hört voneinander!
Eure Zora

P.S.: Charlie grüßt alle ehemaligen und zukünftigen Schülercrewmitglieder, ihre Familie und ihren Schatz Falk – noch zehn Mal schlafen 😉

Neue Welten aus achtbeiniger Perspektive

Datum: 7. Januar 2019
Position: 09°26,5’N, 078°49,1’W
Etmal: 21 nm
Wetter: sonnig-schwül, äußerst warm
von Marlis

Liebes Tagebuch, um ca. 05:45 Uhr fühlte ich mich heute in meiner Nachtruhe gestört. Langsam trudelte die B-Wache an Deck ein. Als um 06:20 der Anker gehievt wurde, war meine Ruhe endgültig vorbei. Beim Ankerlichten wird nämlich ein Knopf gedrückt, der dafür sorgt, dass die schöne Nachtruhe wortwörtlich auf Knopfdruck vorbei ist. Wenn dann immer Gradzahlen hin- und hergerufen werden und ich mich gerade auf dem Steuerrad niedergelassen habe, beginnt die Achterbahfahrt. HUUIII! Dabei muss ich ganz schön aufpassen, nicht herunterzufallen. Aber wenn ich schnell ans Innere vom Steuerrad klettere, kommt mir die Physik zugute.

Vom Frühstück bekomme ich leider nichts ab. Alle hauen so rein, dass nichts mehr übrig bleibt. Aber sie haben ja auch viel vor: Heute geht es für die Schüler in den Regenwald! Wieder vor Anker kommt Lisa, eine Kuna-Indianerin, mit ihren Begleitern in einem Boot zu uns, um uns – das erste Mal seit unserem Aufenthalt in La Coruna (!) – wieder ans Festland zu bringen. Mit der 2. Fuhre schaffe ich es, auf einem Rucksack als blinder Passagier mit an Bord des kleinen Bötchens zu gelangen. Am Strand warten die anderen schon. Als das Boot über eine kleine Sandbank hinweggeschoben ist, nehmen alle an Bord Platz. Kuschelig! Und ich muss aufpassen, nicht zerquetscht zu werden.

An das Flussufer werde ich dann wieder getragen. Praktisch so ein Gratis-Taxi! Sollte man überall einführen. Der Regenwald erinnert mich übrigens eher an eine Plantage, aber spätestens nach dem Kuna-Friedhof, den uns Lisa zeigt, fühlt man sich so richtig im Regenwald angekommen. Kleine Pflanzen erschweren manchmal auf dem kleinen Pfad das Weiterkommen, aber ich muss mich eher vor herabhängenden Ästen in Acht nehmen. Die Äste haben auch übrigens auch einen Vorteil, denn dort mache ich Bekanntschaft mit einer Armada aus Blattschneideamerisen. Von ihnen erfahre ich auch viel aus der aufregenden Welt des Regenwaldes. Aber ich glaube, von Tiergesprächen versteht die Menschenwelt eh nicht so viel.

Kurz nachdem ich das Rauschen von Wasser höre, sehe ich den Wasserfall. Mit Freude springen die Jugendlichen in das Becken hinunter und tauchen unter einem Stein durch. Beim Zugucken an einer Steinwand erschrecken sie sich vor mir und machen einen großen Bogen um mich. Dennoch kriege ich auch ein paar Krümmel von ihrem Zwieback ab. Und während die anderen pausieren, unterhalte ich mich weiter mit der Armada.

Auf dem Rückweg teilen wir uns ungewollt auf. Die Armada aus Blattschneideamerisen übernimmt das Taxi durch den Wald zurück und macht es sich bei den Taschenträgern bequem, die für den Großteil der Gruppe, die den Rückweg durch den Fluss nimmt, das Gepäck wieder zurück zum Ausgangspunkt tragen. Ich hingegen werde in einem wasserfesten Beutel eingesperrt und bin ab jetzt quasi in einem Amphibienfahrzeug und begleite die Jugendlichen beim Hinunterspringen Wasserbecken und bei abenteuerlichem Warten durch Wasser. Bald sind wir an einer Naturrutsche, das Rutschen bringt allen Spaß. Anschließend noch ein Sprung, dabei wurde so mancher Kunstsprung ausprobiert. Weiter ging es durch den Fluss, über Baumstämme drüber und auch mal darunter durch. Dabei gilt es für alle, nicht auf Steinen auszurutschen. Ich fühle mich sicher in meinem Beutel und genieße die Achterbahnfahrt.

Am vereinbarten Punkt treffe ich dann Armada und die anderen wieder und wir gehen gemeinsam das letzte Stück durch den Wald. Dort steht auch das Boot wieder und es heißt wieder: Kuscheln! Während die anderen wieder aufs Meer hinaus und der Johnny entgegenfahren, bleibe ich an Land. Die mit einigen Schülern mitreisende Armada wird mir aber später berichten, dass unsere Kuna-Reiseführerin Lisa an Bord noch ihre wunderschönen Molas verkauft hat.

Von Land aus beobachten wir abends noch, wie der Anker der Johnny gehievt wird und mein altes Heim sich in Richtung des neuen Ankerplatzes macht. Und hierbei übrigens an der Thor Heyerdahl vorbeifährt, die ebenfalls hier vor Anker liegt. Die wechselnden Gradzahlen und die Begrüßungslaute der beiden Schiffe dringen noch bis ans Land zu uns. An Bord der Johnny ließen die Schüler den Abend noch gemütlich mit Lesen und Kartenspielen ausklingen. Und ich freue mich nun darauf, im Regenwald einen weiteren Teil meines Lebens zu verbringen. Eine neue Welt zu entdecken. So wie auch die Schüler jetzt wieder neue Welten entdecken werden. Ich bin mir sicher, dass sie – so wie ich – diesen Tag nie vergessen werden. Es grüßt euch ganz lieb aus Panama,
eure Spinne Paula.