Die Reserven gehen zu Ende

Datum: 13. März 2019
Position: 20° 35,1′ N, 073° 55,2′ W
Etmal: 104 sm
Wetter: Luft 22,4°C, Wasser 26,6°C
von Jonathan

Wie immer ging ich heute um sechs Uhr in die Maschine, um Zählerstände zu nehmen. Als ich mein Notizbuch zur Hand nahm, fiel mir ein, dass wir immer noch die Ölfilter suchen. Doch beginnen wir diese Geschichte beim Anfang: Vor drei Tagen wollten wir einen Ölwechsel vornehmen. Deshalb habe ich wie immer einen Tag vor dem Ölwechsel die Filter rausgesucht. Hierbei stellte ich fest, dass wir keine Ölfilter im entsprechenden Fach haben. An solchen Faktoren merkt man langsam, dass die Reise in ein neues Stadium übergeht und wir uns auf die Rückreise begeben. Genauso merkt sicherlich auch jeder im Privaten, dass die mitgebrachten Vorräte an Hygieneartikeln, wie z.B. Zahnpasta, langsam aufgebraucht sind und an Land immer dies und jenes nachgekauft werden muss. Dabei merkt man erst einmal, in welchem Luxus wir in unserem regulären Alltag leben, wo man sich alles einfach sofort im nächsten Supermarkt nachkaufen kann.

Auch Dinge wie z.B. Hydrauliköl für die Ruderanlage gehen mit der Zeit zur Neige. Oder auch der Brennstoff, sodass man immer kalkulieren muss, ob noch genügend Brennstoff für den Hilfsdiesel vorhanden ist, damit uns nicht der Strom ausgeht. Und hierbei darf man ihn natürlich nicht bis auf den letzten Tropfen verplanen, da man nie weiß, ob nicht mal unvorhergesehene Manöver anstehen oder ein Anlegemanöver mal länger dauert. Aber Unvorhersehbarkeit ist ja ohnehin eine treue Begleiterin meiner Tätigkeit als Hilfsmaschinist hier an Bord. Zumindest vergeht wohl kein Tag, an dem ich nicht spontan eine Toilette oder Tür repariere oder beispielsweise den Wassertank umsetzen muss, damit in der Dusche niemand mit eingeseiftem Kopf stehenbleibt. Und all das macht mir auch noch Spaß. Schon ein bisschen verrückt, oder? Mit lieben Grüßen von See,
Jonathan

Auf nach Valhalla?

Datum: 12. März 2019
Position: 19°33,0’ N, 075°04,3´W
Etmal: 92 sm
Temperatur: Luft 27°C
von Fynn

Heute schreibe ich mal darüber, was man bei einem Tag auf See alles so zu sehen bekommt. In meiner heutigen ersten Wache sah ich zum Beispiel die kubanische Küste und konnte in der Ferne Guantanamo erahnen. Und natürlich das Bermudadreieck, das wir ansteuern. Highlight meines Tages war es auf jeden Fall, mit Hannes bei ordentlich Seegang den Klüver 3 – das Segel ganz vorne am Bug – neu anzuschlagen (d.h. zu befestigen). Und das, während ein riesiger Feuerball schon langsam im Ozean neben Kuba versank,

Also: Hannes und ich, beim Sonnenuntergang auf der Spitze des Klüverbaums, mit Blick auf unser Schiff. Dann begann unsere Mission: Während Bianca, Max S. und Claudi uns das Segel Stück für Stück anreichten, schlugen Hannes und ich Stagreiter für Stagreiter (Metallring) am Stag (vorderen Drahtseil) am. Und während wir noch mit dem Kopf des Segels beschäftigt waren, schoss die Spitze unseres Schiffes in Richtung Sterne. Dann kurz Schwerelosigkeit. Und wieder Richtung Spongebobs Ananas. Splash!!! Hannes inzwischen wieder an Deck und ich neben dem Stag, in meinem Sicherheitsgurt hängend. Um uns herum alles nass, unsere Kleidung vom Meerwasser nass und tropfend. Kurz einen Zeiser (ein Seil) zum Zusammenpacken des Segels vorne am Klüver befestigen. Und wieder hoch zu den Sternen, in das Gefühl von Schwerelosigkeit, Richtung Spongebob und Splash. Und dann wieder ich in meinem Gurt, und die Kleidung wieder nass.

Nach dieser Aktion duschte ich kurz und dann hatte ich Wache. In meiner ersten halben Stunde im Brückendienst schaute ich routinemäßig aufs AIS (dies ist ein Gerät, das uns über die Position der umliegenden Schiffe informiert). Und was sah ich dort? Das größte Kreuzfahrtschiff der Welt 18 Seemeilen neben uns: Ein 362 Meter langer und 66 Meter breiter Stahlklotz. Ich stürmte an die Reling und dort sah ich sie dann auch selbst: die „Harmony of the Seas“, voll beleuchtet am Horizont. Daneben die „Norwegian Jade“ und auf der anderen Seite die „Celebrity Sensation“. Drei große bis riesige Kreuzfahrtschiffe in Sicht – der Hammer!

Im Laufe der Wache sah ich auf unserem AIS dann übrigens noch ein weiteres Schiff in unserer Nähe, das den Namen „Spearhead“ trägt. Ein Blick auf die Eigenschaften des Schiffes verriet mir dessen Schiffslänge von 103 Metern und dessen Schiffsbreite von 29 Metern. Faszinierend allerdings fand ich den angegebenen Schiffstyp „in militärischer Operation“ und den angegebenen Zielort „Valhalla“. Mehr erfuhr ich über das Schiff allerdings nicht. Mein Tag endete wie alle meine Wachtage mit dem Ende meiner Wache um 24:00 Uhr und damit, dass ich in meine Koje ging und mein Leebrett küsste.
Mit lieben Grüßen, Fynn

P.S.: Liebe Grüße an meine Familie!