Wieder auf See

Datum: 9. März 2019
Position: 19°44,1’N, 079°,3’W
Etmal: 139 sm
Wetter: 27,2°, Wind 4 Bft., viel Seegang
von Inja

Hallo ihr Lieben, heute ist außer einem Großreinschiff nicht sehr viel passiert, außer dass die Hälfte der Crew seekrank auf dem Achterdeck, im Seegarten oder in der Koje lag. Deshalb schweife ich über zu einem etwas allgemeineren Thema: dem langsam immer gegenwärtiger in den Blick rückenden Ende der Reise. Mittlerweile wird schon mehr und mehr über die Rückkehr gesprochen. Keiner sagt mehr, dass es schon der 150ste Tag der Reise ist, sondern alle reden plötzlich davon, dass es nur noch 56 Tage bis zur Rückkehr sind. Allerdings liegen noch gut 5000 Seemeilen vor uns, das ist die doppelte Atlantikstrecke! Besonders dann, wenn es einem wegen Seekrankheit nicht besonders gut geht, denkt man gerne einmal über bequeme und große Betten nach, die nicht schaukeln. Dennoch glaube ich, dass die meisten das Leben hier sehr vermissen werden.

Wir reden schon häufiger über unsere Zeit nach der Reise und über die Frage, ob wir jetzt lieber daheim wären, wenn wir könnten, oder nicht. Die meisten sagen, dass sie jetzt gerne eine Woche daheim wären und dann den Törn nochmal machen würden. Bis zum 4.Mai liegen mit kurzen Aufenthalten in Bermuda, auf den Azoren und auf Helgoland (wo wir den Sportbootführerschein machen werden, für den wir nun schon langsam pauken) nur noch Seetage vor uns. Jeder muss sich auf seine Weise wieder dazu motivieren, zu frühen Uhrzeiten aufzustehen und im Ausguck oder am Ruder zu stehen, mittlerweile sogar nachts schon wieder mit langer Hose, Pulli oder gar Ölzeugjacke. Auf dem Hinweg wussten wir die ganze Zeit, dass es immer wärmer wird, jetzt wird es nur noch kälter. Dennoch ist die Stimmung noch echt gut und wir genießen die letzten sonnigen Tage im Seegarten oder auf dem Achterdeck, bevor es auf den Nordatlantik geht.

Was ich zurück zuhause echt vermissen werde, ist der Platz oben auf der Rah bei ruhigem Seegang. Wenn man runterschaut, sieht man das Schiff von dort oben so friedlich von Steuerbord nach Backbord und wieder zurück nach Steuerbord schaukeln. Vor einem sieht man nur Wellen und Wasser, gelegentlich auch mal ein Schiff. Und dort oben – 14 Meter vom Deck entfernt – ist man irgendwie in seiner eigenen Welt. Welches sind die Lieblingsorte der anderen Schüler, die die nach der Reise vermissen werden?

Severin: das Vorschiff, weil man sich da hinlegen kann und Wind und Sonne hat
Jöli: auch das Vorschiff
Jonathan: den muss ich nicht mal fragen, er wird natürlich die Maschine vermissen
Lehan: meine Koje
Hannes: die neben dem Ruder befindliche Holztreppe zum Deckshaus. Wenn man dort steht, fühlt man sich wie Norbert.
Max R.: beim Großmast auf dem Messedach, da kann man sich entspannt hinsetzten
Justus: seine geliebte Koje
Locke: den Seegarten, da ist es sehr schön gesellig
Nathalie: nachmittags den Seegarten und abends die Messe

Mit lieben Grüßen,
Inja

P.S.: Ich grüße die Schmulia, ich vermiss dich! Meine Eltern, Cousine und Omi und Opi natürlich auch!

Adiós Sozialismus

Datum: 8. März 2019
Position: Auslaufen aus Cienfuegos, Kuba
Etmal: –
Wetter: Luft 27,4°C
von: Justus

Grüß Gott, lieber Leser dieses Tagesberichtes. Jetzt wird es wieder abgespaced, in meinem Tagesbericht über Freitag, den 8.März 2019! An diesem Tag erfolgte unsere Ausreise aus Kuba. Ab heute begann also gewissermaßen offiziell unsere Rückreise. Wir fahren jetzt nämlich nicht mehr nach Westen, sondern nach Osten in Richtung kalt und ungemütlich. Von ehemaligen Fahrern wurde uns ja prophezeit, dass die Stimmung an Bord nach Kuba meistens immer erst einmal ein bisschen mies ist. Also bei uns war eigentlich alles noch ganz entspannt. Ein wenig ungewohnt wird es allerdings sein, nicht mehr an jeder Ecke ein Foto von Fidel Castro oder Ché Guevara zu sehen, in gemütlichen Hotelbetten zu schlafen und sich im Restaurant jeden Tag zwischen Hühnchen, Schwein oder Fisch zu seinem Teller Reis und Bohnen zu entscheiden.

Aber es passt schon: Unsere 60cm-Koje ist sowieso mehr als genug und ich glaube, wir alle haben es vermisst, bei einem angenehmen Schaukeln einzuschlafen. Noch mehr haben wir natürlich alle die Backschaft vermisst. Endlich wieder in einer schwankenden Kombüse für 36 Personen kochen und abwaschen. Herrlich! Ok, das klang jetzt alles sehr negativ. Und ich kann diese Witze nur machen, was wir alle im Grunde wissen, dass wir uns an Bord doch heimisch fühlen. Und das Gefühl, nach einer Backschaft wirklich was geschafft zu haben, ist auch mal wieder schön und irgendwie erfüllender, als so viel mit einem Bus herumkutschiert zu werden. Grüße gehen raus an Hamburg,
Justus.