„Keine Äpfel mehr ?!“

Datum: 27./28. Oktober 2020
Position: 90 Meilen nordwestlich von Cabo Finisterre
Wetter: durchwachsen
von Johannes

Dienstag, der 27. Oktober beginnt für uns Schüler, wie fast jeder andere Tag, mit dem Wecken um 7:00 Uhr morgens. Da sich zum Zeitpunkt des Frühstücks schon alle das Thema La Coruna aus dem Kopf geschlagen hatten, drehten sich unsere Gespräche bei Tisch hauptsächlich um die bevorstehenden Tage auf See und den bevorstehenden Landaufenthalt in Madeira. Auch als sich alle zu Norberts Wetter-Unterricht um 9:00 Uhr morgens in der Messe versammelten, hatte sich noch immer kein neues Gesprächsthema gefunden und alle unterhielten sich einmal mehr über Essen (hauptsächlich Pizza). Bereit zum Unterricht saßen wir also da, als Gerd unser Maschinist den Kopf durch die Schottür zur Messe hereinstreckte und rief: „Unterricht fällt heute aus; Seewache an Deck“.

Unser Zeichen zum Einsatz, denn natürlich hatte zu diesem Zeitpunkt meine Wache, die A-Wache „Dienst“. Wie schon so oft liefen meine Mitwachhabenden und ich zu unseren Kammern, um uns in unser Ölzeug zu werfen und unserem Steuermann beim Anker-Auf-Manöver zur Hand zu gehen. Schon kurz darauf ertönten die Glockenschläge, die vom Vordeck aus über das ganze Schiff schallten und sowohl das erfolgreiche Hochholen des Ankers, als auch das Zeichen zur verfrühten Weiterfahrt waren. So fuhren wir unter Maschine weiter an der spanischen Küste entlang und der Anblick, an den wir uns während der letzten Tage Ankern fast schon gewöhnt hatten, entfernte sich langsam, bis er kaum noch zu sehen war. Bei 7 Windstärken führten wir unsere Wache nun ganz normal weiter, bis uns die aufziehende Wache um 12:00 Uhr mittags ablöste.

Nachdem wir uns mit dem Mittagessen gestärkt hatten, sollte uns nun das tags zuvor Gelernte abverlangt werden, denn es war Zeit die Sturmsegel zu setzen und nach nur wenigen Minuten trugen uns das Try-Segel, die Sturm-Fock und der Sturm-Klüver hinaus auf den Atlantik, wo uns Norbert wegen des tiefen Grunds „moderaten Seegang“ versprach. Allerdings machte sich schon nach dem Aufstehen am nächsten Tag bemerkbar, dass wir unter „moderaten“ Seegang etwas ganz anderes verstanden als unser Kapitän. Denn noch am selben Tag sollte die Johnny von über sechs Meter hohen Wellen durchgeschaukelt werden. Aus diesem Grund war auch unser Frühstückstisch an diesem Tag nur halb so voll wie sonst, denn der Rest lag entweder noch in der Koje oder stand an Deck und versuchte vergeblich den Horizont zu fokussieren. Vergeblich deshalb, weil uns die Wellen einfach die Sicht versperrten, wenn sie sich meterhoch vor uns aufbäumten. So verbrachte die wachhabende Steuerbordwache ihre Zeit damit, ihren ganz normalen Wachtätigkeiten, die einem inzwischen sehr alltäglich vorkommen, nachzugehen und gelegentlich von Wellen gebadet zu werden.

Zur gleichen Zeit hielt sich die Unterrichtsgruppe, Norberts Wetter-Unterricht lauschend, unter Deck auf, wobei der eine oder andere Schüler von Zeit zu Zeit an Deck sprintete und mit einem etwas schlaffen Gesichtsausdruck (manche behaupten sogar, dass sie etwas grün im Gesicht gewesen sind) wieder zurückkehrte. Mir, wie den anderen „Sprintern“, kam deshalb auch die Ansage sehr recht, dass der Unterricht für heute beendet sei. Des Weiteren hob sich die Stimmung, als das bevorstehende All-Hands-Manöver auf einen „späteren Zeitpunkt“ verschoben wurde. Dieser „spätere Zeitpunkt“ ließ allerdings nicht lange auf sich warten, denn gleich nach dem Mittagessen kam die Ansage, dass nun die Zeit gekommen war, um eine „Wende“ zu fahren. Mit vereinten Kräften wurden Schoten geholt und gefiert und schon nach kurzer Zeit standen die Segel auf der anderen Seite. Um mehr Fahrt aufzunehmen machten wir uns gleich danach an das Schoner-Segel. Das Segelsetzen barg zwar ein Paar kleinere Schwierigkeiten, aber ansonsten verlief das Manöver reibungslos.

Nachdem das Segel stand und wir unsere kleine „Reflektionsrunde“ beendet hatten, wurden wir wieder in die Freizeit entlassen. Als ich wieder in der Messe ankam und mir fast routeniert einen Apfel aus der dafür vorgesehenen Kiste wollte, merkte ich mit Bestürzung, dass der letzte Apfel bereits gegessen worden war. „Keine Äpfel mehr ?!“ rief ich fast ein wenig hysterisch, denn mein Hauptnahrungsmittel der letzten Tage war versiegt. Abgesehen davon, verlief der restliche Tag zumindest verhältnismäßig ereignislos. Die Freizeit nach dem Abendessen wurde von den meisten zum Tagebuch schreiben, Musik hören oder Pokerspielen verwendet. Den Tag ließ ich blogschreibend im Seegarten ausklingen, wo sich auch einige andere versammelt hatten und fast nostalgisch von den Annehmlichkeiten, die sie zuhause hinterlassen hatten, schwärmten oder darüber diskutierten, welches Gericht man sich zu erst bestellen wolle, sobald man in Madeira an Land gehen würde. Unsere letzten Gespräche widmeten wir Lanas bevorstehenden 17. Geburtstag und dem morgigen Seemanns Sonntag (aka. Donnerstag), an dem es immer Nutella, heiße Schokolade und andere rationierte Lebensmittel gibt.
Johannes

P.S.: Valerie grüßt Sara in ihrem Mango-Paradies ??, bei mir ist es hoffentlich auch bald soweit ( Habe deine Nachrichten empfangen, konnte aber leider nicht antworten… schlechter Empfang und so )
Selma grüßt Oma, Omi, Opa und Evelyn:“ Ich find´s super, dass ihr den Blog mit verfolgt:) und ich hab euch lieb!!“ ??
Lara grüßt ihre Cousinchen
Jonathan grüßt Mama. Alles Gute zum Geburtstag. Hab dich lieb??
Jasmin grüßt Opa Peter und Heike- hab schon so nen Wasservogel oder so fotografiert :),
Gerd, und,Omi Waltraut und Oma Dorrit (falls ihr das hier seht freu ich mich sehr)
Hannes grüßt Mama, Papa, Noah und Clara, Opa, Opa, Oma, Paul, Christoph, Sabine, Vera, Roland, Sophia, Anna, Mathis, Merle, Mechthild, Chris, Malin, Mario, Sven und die 6b.
Caspar grüßt Papou.
Johannes grüßt seine Eltern und seinen kleinen Bruder und alle, die eifrig den Blog verfolgen ??