Zwischen Sonnenuntergang und Nacht

Datum: 16. Dezember 2020
Position: 12° 54,9‘ N, 051°41,7‘ W
Wetter: Luft 29° Wasser 27°, leichte Bewölkung, Wind E 2-3 Bft.
von Clelia

Tja willkommen wieder zurück zu einem neuen Tagesbericht aus dem schaukelndem Klassenzimmer… Hier die Cle – wir sind seit guten 14 Tagen auf See, mal wieder, aber ich nehme diese Gelegenheit, euch zu erzählen, wie es eigentlich ist auf einem Schiff zu leben und über einen Ozean zu segeln. Stellt euch euer zu Hause vor, nur alles bewegt sich, beim Essen bewegt sich alles (und manchmal fällt alles runter), beim Schlafen, beim Unterricht, bei der Wache, auf der Toilette, einfach immer und überall. Jetzt stellt euch einen Fußball vor, der von einem Fußballer hin und her geschubst wird, genau das gleiche passiert bei uns, nur der Fußball ist die Johnny und die Wellen sind die Fußballer. Was auch lustig ist, wenn man Backschaft hat und in der Kombüse steht, versucht praktisch alles dich umzubringen; Messer, Töpfe, Pfannen, Ofen (der ist ganz fies), kochendes Wasser, fliegende Kaffeekannen, also wirklich ALLES!!! Auch im Schlaf spürt dein Körper jede Bewegung, die/ der ein/e oder andere von uns wacht zuweilen mit einen verspannten Nacken auf. Die Segel haben wir seit 14 Tagen nicht angefasst; sie stehen so seit 2 Wochen. Das einzige, was gesetzt und geborgen wird, ist das Rahtoppsegel. Sehr spannend!

Was ich persönlich lustig fand, waren die ganzen Leute, die mir gesagt haben, dass die Atlantiküberquerung „chillig“ wird. „Kaum Wellengang, man kriegt absolut nix davon mit; lange und gezogene Wellen, und man sieht sehr viele Delfine“. Jaja, das glaube ich auch. Das einzige spannende, was ich gesehen habe waren fliegende Fische und Seealgen. Jeden Tag ist die gleiche Routine. Jeden zweiten Tag hat man Wache oder Unterricht. Ein paar schlafen am Tag, aber haben Wache in der Nacht bis zum Morgen und ein paar schlafen in der Nacht und gehen Wache am Tag. Ich selbst habe die 08:00 bis 12:00 Wache und die 20:00 bis 00:00 Wache. Sich an diesen Rhythmus gewöhnen, sind Sachen, die alle schon gemacht haben. Ich bin zudem auch zum Schluss gekommen, dass Wache halten der perfekte Weg ist über`s Leben nachzudenken, vor allem beim Ausguck. Gut? Schlecht? Anstrengend? Das ist alles eine Frage der Perspektive, manche finden es sehr gut, viel Zeit zum Nachdenken zu haben und wieder andere können es gar nicht ab, so viel Zeit zu haben, um über jegliche Sachen nachzudenken. Das will wahrscheinlich die Reise auch bewirken, über sich selbst nachzudenken.

Es ist eine sehr große Herausforderung für viele von uns. Außer dem „normalen“  Unterricht haben wir letzte Woche die Ehre gehabt, von Christian (unserem Steuermann und Nautiker) die Astronavigation kennenzulernen. Zum ersten Mal ein Sextant in der Hand zu halten, war schon ein komisches Gefühl. Zu wissen, dass vor der Erfindung des GPS und des ganzen Krams, Leute mit diesem Gerät für Jahrzehnte die Welt umsegelt haben. Der Sextant wird zur Bestimmung der Position des Schiffes eingesetzt, indem man mit ihm die Sonne oder die Sterne „schießt“, damit man die Position berechnen kann. „Schießen“ bedeutet dabei grob gesagt, dass der Stand des Himmelsgestirns über den Winkel zum Horizont mit Hilfe des Sechstanten festgestellt wird. Mit diesem Winkel, der Uhrzeit (nach UTC) und zahlreichen Zahlen aus zahlreichen Tabellen des nautischen Jahrbuches und vielen Cosi, Sini und Tangenti, einer geheimnisvollen und nur mündlich überlieferten Formel und ein wenig Zauberei aus dem Taschenrechner (ok, die Jungs früher konnten das alles im Kopf oder mit dem Rechenschieber…) weiß man dann ganz plötzlich, wo man vor wenigen Stunden war. Denn die Position wird rückwirkend berechnet und anschließend zu einer aktuellen „gekoppelt“. Was „gekoppelt“ bedeutet, erspare ich euch an dieser Stelle. Viele haben jedenfalls bei gelegentlichem Haareraufen große Freude daran, in die astrologische Navigation in Ansätzen einzutauchen (Zitat Christian: „Ihr lernt gerade in drei Stunden, wofür ein Student der Nautik vier Semester Zeit hat!“).

Bald ist ja Weihnachten und der 4. Advent (hier möchte ich euch trotz Corona eine wunderschöne Zeit wünschen) – die Weihnachtsstimmung fühlt man hier, trotz der 30 Grad Temperatur, die draußen herrschen, mittlerweile auch. Gerade gestern haben sich viele von uns bei einem Bastelabend mit ganz unterschiedlich festlicher Musik zusammen gefunden, um unsere Johnny weihnachtlich zu schmücken. Auch Johann Smidt, den Namensgeber unseres Schiffes, von dem eine hübsche Zeichnung in unserer Messe hängt, ziert nun Bart und Mütze.

Einer der schönsten Momente der Überquerung ist es immer wieder, den Sonnenuntergang und in der Nacht die Sterne zu sehen. So einen klaren Himmel kann man einfach nicht mit Worten beschreiben, vor allem wie sich die Sterne im Wasser spiegeln. UNGLAUBLICH! In einer einzigen Nacht ist es leicht, 60 Sternschnuppen zu zählen. Noch 3-4 Tage und wir kommen in Barbados an. Neues Land, neue Leute, neues Essen und neue Erfahrungen. Was uns dort erwartet, weiß niemand, aber es wird eine unglaubliche Zeit. Ich bin so dankbar, jeden Tag hier zu sein und wünsche mir, dass diese Zeit nie enden wird. Auch wenn sich alles irgendwie gleich angefühlt hat, war immer etwas anders und besonders. High Seas war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.
Cle

Grüße:
PS: Hallo Mami Cle hier, ich habe dich ganz dolle lieb und vermisse dich auch sehr! Ich hoffe, du passt auf dich auf, ich schicke dir sehr viele Fotos, wenn wir wieder Wifi haben, liebe dich und ich hoffe, du magst mein Tagesbericht!  Vali liebt dich auch.
PPS: Selma wünscht ihrem Cousin Leo alles gute: „Tanti auguri!! Ich hoffe, dir geht es gut! Bis hoffentlich bald mal wieder??“
PPPS: Nico grüßt seine überalles geliebten Eltern.
PPPPS: Hannes grüßt Mama, Papa, Clara und Noah, Oma, Opa, Opa, Sven und Mario, die 6b, Sabine, Paul und Christoph, Mechthild und Volker, Mathis, Merle und Malin, Ulrich und Ingrid, Moritz Kalvelage mit Charlotte, Noah und eventuell schon einem zweiten Baby. Imperator und Stolldriane nicht zu vergessen.
PPPPPS: Hippolyt grüßt seinen Bruder, der heute Geburtstag hat. Er denkt viel an ihn und freut sich ihn zu umarmen.
PPPPPPS: Johannes grüßt seine Freunde Fanny und Amelie: Ich wünsche euch eine schöne Vorweihnachtszeit!
PPPPPPPS: Lara grüßt Moritz ,,hab dich lieb, dieses Jahr musst du wohl die Schoki für uns beide essen…“
PPPPPPPPS: Anabel grüßt ihre Eltern und Schwester „ich liebe euch und vermisse euch!“
PPPPPPPPPS: Vallii aka Vivi wie Cle mich immer nennt grüßt als aller erstes Cle´s super tolle Mutter,deine Tochter hat einen einzigartig bomastischen Blog geschrieben und ist in super Stimmung!  und Julia und Laura meine Mädels how is it going  on with your dancing partners?
PPPPPPPPPPS: Ronja grüßt ihren Bruder Marvin und Raffaela: Ich hoffe ihr macht immer ausreichend  Party, auch wenn die Leute um euch nur am Rumlungern sind:) Ich habe euch lieb!!!

Santa Cruz!

Datum: 9. November 2020
Position: Santa Cruz de Tenerife
Wetter: sonnig, warm, kaum Wind
von Clelia

Willkommen zurück zu einem neuen Tagesbericht aus dem schaukelnden Klassenzimmer. Endlich Land in Sicht! Nach so gefühlten vier Wochen auf hoher See sind unsere Helden in Teneriffa angekommen. Vier Wochen, die schon einen kompletten Monat von der Reise ausmachen, ist die Zeit schnell oder eher langsam vergangen? Ich glaube viele können diese Frage nicht so leicht beantworten. Es gab Momente, in denen die Zeit vieeeeeeel zu langsam verging und Momente, in denen die Zeit einfach viel zu schnell vergangen ist. Wir hatten so viele persönlich und allgemeine Herausforderungen zu überwinden und zu meistern. In Situationen, in denen man sich nicht wohl fühlt, realisiert man, wie viel wert einem manche Sachen sind und man vermisst auch die kleinsten Sachen von zu Hause wie z.B. Mehl (oder das Brot vom Bäcker des eigenen Vertrauens). Was wir vermisst haben? ESSEN. Nicht falsch verstehen, das Essen an Bord ist unglaublich lecker aber recht seemännisch und nicht so fettig wie mancher von uns es gerne hätte: Pizza, Burger, Pommes, Eis, Frozen Yoghurt, Döner und jeden Tag, mit dem wir uns Teneriffa näherten, stieg auch die Lust auf Tapas, Churros, Nachos und Gerichte, die es nur auf Teneriffa gibt. Heute kommen wir in Teneriffa an (wie viele von euch schon beobachtet haben) und natürlich musste das Schiff aufgeklart werden, das heißt Segel in die Segelkleider verpacken, Müllsäcke auf das Achterdeck einordnen (ich hatte das Vergnügen mit den Müllsäcken zu chillen und glaubt mir, das war ekelhaft), da, wo der Müll war, das Deck schrubben, das Tauwerk aufschießen und im Ankerkasten das ganze Wasser manuell abpumpen (das dauert eine Ewigkeit).

Das Anlege-Manöver klappte einwandfrei. Wir fuhren mit Motor im Hafen ein, kamen an unseren Anlegeplatz, warfen die Mittelspring, Achterspring und Vorspring und „parkten“ so ein. Als alles an seinem rechten Platz war, wollten wir so früh wie möglich an Land, deswegen beeilten wir uns mit der Gangway, die am bordeigenen Ladebaum fest gemacht wurde und aufgrund der Tide im Hafen knapp über der Pier schwebt. Wir mussten dann auf der Pier sogar unseren K2 Klüver wieder richtig ordentlich falten und packen. Es ist sooooo groß, dass es eigentlich unmöglich erscheint, das auf dem Schiff zu machen, aber es geht auch – muss ja. Lustig, dass der K1 Klüver noch größer ist. Am Abend hatten wir dann unsere fünfte Schüler-Versammlung, bei der wir immer Themen oder auch Probleme allein von uns Schüler*innen diskutieren. Heute war einer der Themen Pizza zu bestellen und das haben wir auch gemacht. Also heute Abend PIZZAAAA.

Wieder an Land zu kommen… man kann es nicht fassen, dass wir nach einem Monat segeln endlich wieder Land sehen und erst recht wieder darauf laufen. Man merkt schon, wie abgetrennt wir vom Rest der Welt sind. Wir haben es geschafft, uns ein kleines Universum herzustellen, in dem wir uns jeden Tag auf das Hiersein konzentrieren und das ist uns super gelungen. Ich wollte auch von dem gestrigen Tag erzählen, weil es echt etwas Besonderes war.

Gestern hatten wir die Chance mitten auf dem Atlantik das Schiff Eugen Seibold (a Sailing Yacht for oceanic research) zu treffen, auf dem Dr. Ralf Schiebel (Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie) uns viel über die Forschungsarbeiten, die auf der Yacht vorgenommen werden, erzählte. Der Schwerpunkt des Projekts ist die Mikropaläontologie. Hierbei wird der Ozean in Zusammenhang mit dem Klima bzw. auch dem Klimawandel genau betrachtet. Man untersucht die verschiedenen Wasserschichten bis auf 3.000 m Tiefe und hierbei spezielle Lebewesen und Bakterien, die in diesen Schichten leben. Zusätzlich werden spezielle Messinstrument eingesetzt, die den Gehalt verschiedener Gase in der Atmosphäre messen (Sauerstoff, Stickstoff, CO2 und so weiter). Wollt ihr mehr über das Projekt wissen (und weil ich so nett bin ??)? Hier ist eine Webseite: www.wernersiemens-stiftung.ch

Ich komme so zum Ende dieses Tagesberichts. Uns erwarten nun zehn wundervolle Tage auf Teneriffa: schwimmen, essen, das Land besuchen (mit Masken natürlich und die richtigen Maßnahmen wegen Corona) essen, wandern… Ich hoffe, ihr Landratten bleibt immer gesund und passt immer alle auf euch auf!
Tschüss, Clelia

Grüße:
Clara grüßt ihre Großeltern aus Dresden, Göran & Familie, Doris & Familie, die Erbsen, Iris & Familie und Tobias, Petra und Vincent.

Fredo schickt Grüße aus Teneriffa an Uschi, Aicha, Kathi, seine Großeltern, seine Schwester
Pauli, sein Hund Bella, seine Katzen und an seine Eltern und wünscht ihnen einen schönen November. „Ich vermisse euch und hab euch total lieb!“

Cleli: Hey Mum ich wollte dich gestern anrufen habe es leider nicht geschafft weil ich leider kein Kredit mehr hatte, ich wurde dich dann anrufen wenn du es schafft mein Handy aufzuladen. Es tut mir sooo Leid Mum, ich hab dich ganz doll Lieb, ich fragt dann ob ich mit dir telefonieren kann.

Johannes grüßt seine Großeltern aus Schliersee und wünscht seinem Großvater gute Besserung. (Ich kann es kaum erwarten euch wiederzusehen!).

Selma grüßt Volker: „Das Moskitonetz ist bisher nicht zum Einsatz gekommen. Aber mit dem warmen Wetter kommen auch die Mücken. Ich bin auf jeden Fall ausgestattet! Vielen Dank nochmal ??! Liebe Grüße auch an Agnes und Simon und euren Welpen! Ist er schon bei euch eingezogen?“

Hannes grüßt seine Verwandten, Freunde, Nachbarn und die 6b.

Caspar grüßt Opapa und wünscht ihm alles Liebe zum Geburtstag (leider ein bisschen zu spät).