SuS-Stammcrew-Wechsel und Passieren des 0-Meridians

Datum: 30. April 2021
Position: 51°53,0‘ N, 002°43,4‘ E (Englischer Kanal zwischen England und den Niederlanden)
Wetter: wolkenlos, Luft 7°C, spiegelglatte See
von Johannes

Guten Morgen, guten Mittag oder auch guten Abend ihr lustigen Knusperschneggen, ich habe heute das große Glück nochmal als einer der letzten das Geschehene zu dokumentieren (jey *hust hust). Also, was ist am Freitag, den 30., alles so passiert? Naja, eigentlich nicht viel. Halt ein ganz normaler Tag auf See. Aber halt!!! Gerade fällt mir ein, dass der liebe Emilowitch (Emil) 16 Jahre alt geworden ist. Happy Birthday Emil!!! Wie es sich gehört, haben wir beim Frühstück natürlich auch für ihn gesungen (das Vergnügen von der gesamten Mannschaft angestarrt und mit morgendlich-rauen Stimmen besungen zu werden, wollten wir ihm dann doch nicht ersparen :)) Auf unseren wunderschönen Gesang folgten dann auch schon die alltäglichen morgendlichen Ansagen von Jasmin, die uns schönes Wetter ankündigte, weshalb mal wieder Rostwaschen anstand (wir wollen ja, dass die Johnny beim Einlaufen glänzt wie bei der Jungfernfahrt).

Auch die neue SuS-Stammcrew soll nach dem Kaffee bekanntgegeben werden. Kaum das Kopfkissen aufgeschüttelt, ging es dann auch schon weiter mit Jürgen und Wolfgang, die in der Messe, bewaffnet mit der neuen Kartenaufgabe, auf uns warteten, um den SBF-See-Unterricht zu beginnen. Da die Kartenaufgaben zusehends schneller erledigt werden, ging diese Unterrichtseinheit echt super schnell vorbei, sodass einige von uns noch einen Rostwasch-Quicky vor dem Mittagessen einschieben konnten. Durchgefroren von den lauschigen 7° C an Deck, gesellten sich dann anschließend die Rostwäscher zu den übrigen Hungrigen in die Messe und erfreuten sich des Essens von Julius, Jonathan und Valerie (aka Vali, Jonni und Gonni). In der kurzen Mittagspause, in der wir die spiegelglatte See im Englischen Kanal bewundern konnten, gab es etwa gegen 16:00 Uhr kein Ein- oder Austreten in die Brücke mehr, da mindestens die halbe Schülerschaft, dicht an dicht gedrängt, gebannt auf eines der drei GPS-Geräte starrte, denn wir waren im Begriff den 0-Meridian, also den nullten Längengrad, zu überqueren und brachen in Jubel aus, als dann plötzlich „E“ (für East) auf dem Display zu lesen war. Im Anschluss folgte nun die zweite Kartenaufgabe des Tages, für dessen schnelles Erledigen die Unterrichtsgruppe mit einem großen Stück von Emils Geburtstagskuchen (den Julius und Jasmin den Abend zuvor gebacken hatten) belohnt wurde. Allerdings galt unsere Aufmerksamkeit nicht dem Kuchen, sondern Norbert, der jeden Moment aufstehen und die neue SuS-Stammcrew bekanntgeben würde. Und tatsächlich: Norbert erhob sich und in gewohntem, respektverheißendem Tonfall wird der alten SuS-Stammcrew für ihre Zeit und Arbeit gedankt und die neuen Vier werden ernannt. Jasmin wird als Schülerkapitänin von Robert abgelöst, Emil, Anselm und ich werden als Schülersteuerleute an Noah, Timana und Helene übergeben.

Ich persönlich freue mich schon sehr darauf zu sehen, wie sich die Vier in ihrem Job machen werden. Meine Erfahrung hat mir auf jeden Fall gezeigt, dass man mit solchen Aufgaben sehr wächst und einen ganz neuen Blick für die Segel, das Schiff und die Besatzung bekommt. Es hat mich immer mit Freude erfüllt, nach vorne zu den vom Wind geblähten Vorsegeln zu blicken und ein bisschen die Verantwortung zu spüren. Aber vor allem hat mir meine Zeit zusammen mit der restlichen SuS-Stamm einfach sau viel Spaß gemacht, auch wenn es eine Weile gebraucht hat, sich daran zu gewöhnen, das Kommando zu übernehmen, Leute einzuteilen usw. Am meisten Spaß machte es mir allerdings immer noch, das Segelsetzen anzuleiten, da man direkt mit dem Anblick eines im Wind stehenden Segels belohnt wird, dessen Bauch sich im Wind bläht und das Schiff in Richtung Heimat bewegt. Den restlichen Tag hatten wir dann „frei“, wenn man nicht gerade Wache oder Backschaft hatte, mit Bootsarbeiten dran war, Blog schreiben oder für den SBF-See lernen musste, mit Briefe schreiben beschäftigt war, Schulsachen von zuhause erledigte, die neuen Wachpläne schrieb, Karten berichtigte…

Aja, das Leben hier an Bord ist wirklich pure Entspannung :). Der letzte Punkt unserer Tagesplanung war der Diskussionsabend, zu dem alle herzlich eingeladen waren. Während die einen sich in hitzige Debatten zum Thema „Sollte man Cannabis legalisieren?“ verwickelten, saßen die anderen bastelnd oder Briefe schreibend da und schenkten der Diskussion ein Ohr. Der restliche Tag verlief ohne größere Ereignisse. An Deck lässt man noch den Abend fröstelnd und den wunderschönen Sonnenuntergang beobachtend ausklingen, während an Backbordseite ein Schiff nach dem nächsten vorbeizieht und auf Steuerbordseite langsam die französische Küste zum Leben erwacht und ein Licht nach dem anderen aufleuchtet (Solche Anblicke werde ich auf jeden Fall krass vermissen). Ja das war‘s dann eigentlich auch schon von mir. Tschau mit V und bis in einer Woche (oh Gott nur noch eine Woche?!).
Johannes

So weit weg und doch so nah

Datum: 28. April 2021
Wo: 49°40,7′ N, 007°07,3′ W (Höhe Islands of Scilly)
Wetter: wolkig und kalt
von Hippolyt

Oft liege ich in meiner Koje und denke nach: Ich denke darüber nach, dass wir in einer Blechkiste hin und her tuckern, auf dem Atlantik, zwischen großen Wellen und über Tausenden Metern von Wasser. Das Motto ist, dass die Kinder nach der Reise als junge Erwachsene zurückkommen. Ich stelle es mir gerne so vor, dass wir hier wie Blumen wachsen, alle in anderen Farben, Größen und Arten. Wir sind eine Blechkiste, die überfüllt ist mit Leben, Liebe, Freude und natürlich auch Frust. Die Blumen und ihre Gefühle geben ihr Farbe.

Wir machen richtig Fahrt gerade, heute Morgen haben wir versucht, das Schonertopsegel zu setzen (das hat wegen des zu starken Windes nicht geklappt). Trotzdem fahren wir mittlerweile zehn Knoten und wenn es so weiter geht, sind wir bald an unserem Ziel angekommen. Daher mussten wir gestern all unsere exportierten Waren bevor der Zoll an Bord kommt sammeln und gut verstecken. Unser Versteck: Der Zollschrank.

Am heutigen Tag jedoch habe ich Backschaft und während die Kombüse, ähnlich wie eine Sauna, heiß und stickig ist, dringt bei meinem Frischluftgang an Deck eiskalte Seeluft im Überfluss durch meine Kleidung hindurch auf meine nackte Haut. Draußen frieren mir beinahe die Hände ab, daher begebe ich mich lieber früher wieder unter Deck und flüchte weniger oft aus der zwar stickigen, jedoch warmen Kombüse. Ich verstehe heute, wo ich nicht da draußen stehe, nicht, wie die Wachgänger es schaffen, vier Stunden in der Kälte zu stehen. Doch, wie die Weisen es sagen: Es ist nicht zu kalt, man ist nur zu dünn angezogen.

Der Himmel ist mittlerweile auch nicht mehr hellblau mit einer strahlenden gelben Sonne in der Mitte, sondern eher eine große weiße Masse, die ausschaut wie ein Becken voll Watte. Naja, solange sich dieses Becken nicht dazu entscheidet, auszukotzen, was in ihm ist, ist alles in Ordnung. Nass werden wir genug von den Wellen, die andauernd über die Reling schlagen. Zwischen den ganzen dunklen und nichtssagenden Wolken dringt manchmal doch die Sonne hervor, und bringt den schönen Himmel, den sie braucht um ihre gesamte Pracht vorzuführen, mit. Diese Momente lernt man dann, wenn sie seltener werden, immer mehr zu schätzen.

Während die Wellen nun wieder, anstatt im Wasser zu bleiben, an Deck schwappen, denke ich wieder an die Zeit im Englischen Kanal am Anfang der Reise. Nun befinden wir uns wieder da und ich merke jetzt richtig, dass wir am Ende unserer Rundtour angelangt sind. Und während ich gerade die letzten Akzente in meinem Blog setze, schneiden wir noch immer mit unserem bunt geschmückten Schiff durch die Wellen und sind in zehn Tagen in Kiel. Ich freue mich auf meine Familie und will sie nun mit meinem letzten Blog-Eintrag alle grüßen!
Hippolyt

Grüße:
Fritzi grüßt ihre liebste Staphanie und wünscht ihr alles alles erdenklich Liebe und Gute zum Geburtstag! Ich freue mich schon, wenn wir gemeinsam nachfeiern können <3
Merle grüßt ihre Familie und ganz besonders Ben: Viel Erfolg beim Lernen, du schaffst das, hab dich lieb!
Caspar grüßt seine Schwester Elena und seine Großmutter und wünscht alles Gute zum Geburtstag!!
Lara grüßt ihre Großcousins in Irland: „Sind quasi an euch vorbei gesegelt“ 🙂
Selma grüßt ihre Eltern, Nuki und Jimbo: Genießt noch die letzten Tage ohne mich:)
Clara: „Lieber Papa, sorry ich hab den letzten Blog verpasst, aber ich wünsche dir noch alles, alles Gute nachträglich zum Geburtstag. Ich hoffe Dir geht’s gut und du hattest einen schönen Tag. Dein Geschenk kriegst Du, wenn ich dann bald wieder da bin.:)“
Emil grüßt seine Familie und hofft das Mahdi ihn fährt 🙂