„Dankeschön für die Rettung“ – Fryderyk Chopin

Datum: 14. April 2021
Position: Faial, Horta, Azoren
Wetter: meist sonnig, angenehm warm
Von Konstanze

Ich sitze gerade in der Kombüse und schaue Clara dabei zu, wie sie ihre Spinatlasagne macht, wovon sie mir schon ziemlich häufig vorgeschwärmt hat. Meinen Blog beginne ich etwa einen Tag zu spät am Donnerstagnachmittag, während der größte Teil der Schüler*innen-, die halbe Lehrer*innen- und die ganze Stammcrew von Bord ist. Und ob man es glaubt oder nicht, es kann auch so etwas wie Ruhe auch tagsüber an Bord herrschen. Aber nun genug von Donnerstag, denn eigentlich hätte ich ja für Dienstag und Mittwoch schreiben sollen. Aber ich möchte euch auch etwas über unseren ersten Tag hier auf den Azoren erzählen. Den Montag haben wir damit begonnen, dass frühmorgens die 4-8 Wache die ersten Lichter von Faial sehen konnte. Während des Vormittags kommen wir den Inseln, die vulkanischen Ursprungs sind, immer näher, bis wir an Horta mehr oder weniger schon vorbeigefahren sind. Das kommt davon, wenn man zu früh da ist. Also haben wir die Zeit genutzt um Großreinschiff zu machen, bis wir eine 180° Drehung gemacht und Kurs auf Horta genommen haben.

So gegen 13:00 Uhr haben wir angefangen, die Segel zu bergen und sind dann in den Hafen gefahren, wo kurz nach zwei die ersten Leinen an Land gingen. Nach dem Anlegemanöver haben wir uns auf dem Achterdeck mit Getränk in der Hand getroffen und unser Kapitän Jörn hat eine Ansprache gehalten. Danach hat Tim, einer unserer Steuerleute, ein Shanty angestimmt: John Kanaka. Es muss ziemlich aufsehenerregend gewesen sein, denn die Leute auf der Fähre die gerade vorbeigefahren ist, haben ordentlich Fotos und Videos gemacht. Im Seegarten stand derweil ein Buffet, von dem wir uns nach dem Singen etwas genommen haben. Ziemlich kurz darauf hat ein anderes Schiff direkt vor uns angelegt, das wir schon von unserem Weg nach Kap Verden vom AIS her kennen. Es war die Fryderyk Chopin, ein Segelschulschiff aus Polen. Wir standen alle währenddessen auf dem Vorschiff und haben zugeschaut, bis es angefangen hat zu regnen und nach und nach alle reingegangen sind. Am Abend aber haben schon die Ersten angefangen mit der Fryderyk zu sprechen, bzw. von Schiff zu Schiff zu rufen, da wir ja noch nicht an Land durften.

Der nächste Tag wurde zu Beginn vor allem mit Schiffsarbeiten gefüllt, darunter Segel nähen, Rost waschen, Backskisten im Seegarten sortieren und, und, und… bis zum Mittagessen. Aber danach ging es nicht weiter mit den Arbeiten, sondern zum Coronatest. Dort haben wir auch direkt unsere Nachbarn von der Chopin getroffen – natürlich mit gebührendem Abstand. Nach dem Test ging es wieder zurück zum Schiff, wo nur noch Malen und Klüver auf dem Programm standen. Die restlichen Personen hatten Freizeit. Ich persönlich hab sie genutzt um zu lesen, Quartett zu spielen und mit meiner Familie zu telefonieren, da wir die Handys Montagabend bekommen haben. Nach dem Abendessen kamen wieder Gespräche mit den Schüler*innen der Chopin auf, wobei die meiste Zeit der Englischlehrer mit uns gesprochen hat, da er nun mal am besten Englisch kann. Irgendwann ist anscheinend die Idee aufgekommen, Musikboxen von der Fryderyk Chopin mit den unseren zu koppeln und so die gleiche Musik zu hören, sowohl die von unserer als auch von anderer Seite. Letztendlich entstand eine lustige Tanzparty, bei der wir teilweise ihnen was vorgetanzt und sie uns das nachgetanzt haben und andersherum. Leider ist die Box von der Chopin leer gegangen und somit wurde anstatt zu tanzen wieder gesprochen. Nur hätte das über längere Zeit wenig gebracht, da wir danach alle heiser gewesen wären, also haben wir Funkgeräte benutzt.

Am nächsten Morgen (Mittwoch), war nicht viel zu tun, außer die Gangway wieder an Bord zu holen und auf das Go zu warten, dass wir an der anderen Pier anlegen dürfen. Ich hab also die Zeit damit verbracht den halben Vormittag zu lesen, bis zum ersten Mal die Ansage kam, sich zum Verholen bereit zu machen. Wieso das erste Mal? Naja wir konnten zu dem Zeitpunkt doch noch nicht rüber, weil es irgendwelche Probleme mit den Coronatests gab. Beim zweiten Mal allerdings so kurz vor elf, konnten wir dann endlich verholen – alle negativ. Nach dem Mittagessen haben sich die Leute, die beim Einkaufen helfen wollten, in der Messe getroffen. Diesmal ist es nämlich so, dass wir unseren Proviant nicht bestellt und geliefert bekommen haben, sondern wir gehen in den Supermarkt und können mehr oder weniger so einkaufen, wie man es von zu Hause kennt, nur in viel größeren Mengen. Während also einige Leute beim Proviant Kaufen dabei waren und andere noch Farbe über abgeriebene Roststellen gepinselt haben, hat es mich an die Pier verschlagen, wo, wie ihr wahrscheinlich wisst, alles bemalt ist. Ein schönes Gefühl da an der Pier entlang zu laufen und zu sehen, wer alles schon da war, die Logos anderer High-Seas-Jahrgänge zu sehen, sowie anderer Schulschiffe, die ebenfalls regelmäßig bei den Azoren vorbeischauen.

Hinter jedem davon ist eine Geschichte und wir sind auch schon dabei unsere auf dem Pier zu verewigen. Außerdem hab ich es auch endlich mal geschafft auf die Rah, unser Piratensegel, mit Vali hochzuklettern. Von dort aus konnte man den Großteil des Piers überblicken und die Fryderyk sehen. Die Crew darf leider nicht vom Schiff. Daher haben sie uns gebeten ihnen ein paar Süßigkeiten aus dem Supermarkt mitzunehmen, was dann auch spontan umgesetzt wurde. Am späten Nachmittag kamen diejenigen, die mit einkaufen waren, zurück und es gab Abendessen. Kurz nach 19 Uhr wurde der Proviant geliefert. Der war diesmal echt schnell verstaut. Das lag allerdings nur daran, dass wir nur für drei Wochen proviantieren mussten und wir auch vieles noch hatten, außer Zucker, von dem wir gerade mal noch 200 g hatten als wir in Horta eingelaufen sind. Während dieser Zeit sind zwei Schüler und ein Steuermann mit dem Dingi zur Chopin rübergefahren und haben die Süßigkeiten vorbeigebracht. Als Dank dafür haben sie ein Stück Stoff bemalt, auf dem die Johnny und die Chopin gegenüber vor einem Sonnenuntergang auf dem Wasser sind und darunter steht: „Von der Freyderyk Chopin für die Johann Smidt“. Darüber waren noch die Worte: „Dankeschön für die Rettung“…
Konstanze

Grüße:
Clara grüßt Tobias, Petra und Vincent von den Azoren. „Es ist wirklich echt schön hier!“
Caspar grüßt seine Mum und seine Schwester.
Anselm grüßt seine Familie und bedauert es, dass er seine Postkarten nicht abschicken konnte.
Jasmin grüßt Flöchen. „Wir machen gerade eine wilde Dingifahrt.“
Hannes grüßt seine Familie.