Wäsche waschen á la Johnny

Datum: 9. April 2021
Position: 37°01,0’N, 033°09,8’W
Wetter: Gewitter und Regen
von Lana

Da war dieser Sonntag – ich hatte frei – hier etwas echt Besonderes. Und frei ist auch nur so relativ zu sehen. Denn, oh Wunder, wirklich frei gibt es hier nicht. Das Schiff braucht garantiert noch etwas. Aber immerhin hat man Zeit, das zu machen, was man die letzten zwei Wochen nicht geschafft hat. In meinem Fall eigentlich immer Wäsche waschen. Aber wie läuft das eigentlich ab? Dieser freie Sonntag ist vor allem auf See. Denn an Land gibt es ja noch Programm und Landgänge. Und an Land können wir unsere Waschmaschine dann auch nutzen. Das trifft sich ganz gut. Auf See ist die jedoch nicht zu gebrauchen. Waschmaschinen sind so eingestellt, dass sie sich automatisch abschalten, wenn sie glauben, sich zu bewegen. Das glauben sie nur leider auch bei Seegang. Daher schaltet sie sich dann ab, um nicht weiter durch den Raum zu springen. Beim ersten Mal kann man sie einfach wieder einschalten, beim zweiten Mal muss schon Fachpersonal kommen und beim dritten Mal zerstört sich die Waschmaschine selbst.

Wenn wir jetzt im Hafen liegen, hat unser Wäscheteam, also Noah und Nico, die Aufgabe die zu planen, dass jeder waschen kann. Die Sorge um die Temperatur wurde uns gleich zu Anfang abgenommen. Denn die kann man nicht mehr einstellen, weil da ein Teil fehlt. So gibt es nur 60° für alles. Als Erstes wird immer die Bordwäsche gewaschen. Also Feudel, Handtücher aller Art und Lappen. Das muss natürlich auch auf See ab und an geschehen, aber dazu gleich. Noah schreibt sich immer einen sehr interessanten Plan, den nur er versteht und sagt uns dann immer Bescheid, wann wir unsere Wäsche zusammenpacken und zur Waschmaschine legen sollen. Die wäscht er Tag und Nacht, lässt sich oft sogar extra wecken, um die Maschine wieder anzustellen, die Wäsche aufzuhängen etc. Zum Trocknen haben wir einen Trockenschrank, ein recht kleiner, hoher Schrank (für Land klein, für uns schon recht groß), der beheizt ist und dadurch Wäsche sehr schnell trocknet. Das Ding hat nur den Nachteil, dass die Wäsche oft sehr eigenartig riecht, wenn sie rauskommt. Auch glauben einige immer noch, es sei ein Kleiderschrank und lassen ihr Zeug über Tage da drin. Ansonsten hängen wir viel an die Reling oder spannen noch extra Leinen.

Wie bereits erwähnt, müssen wir auf See andere Wege finden. Jeder hat ein bisschen seine eigene Technik, im groben ähnelt es sich aber. Man sucht sich irgendwo eine Pütz mit Süßwasser und dann wird von Hand gewaschen. Die einen bevorzugen direkt im Waschbecken zu waschen, andere nehmen lieber eine Pütz. Die letzte Option ist, die Wäsche mit in die Dusche zu nehmen und sie während Duschens gleich mit zu waschen. Oder wie die 6er-Kammer: Auf See wird gar nicht gewaschen! Auch wenn es 4 Wochen sind (um die Eltern zu beruhigen: Ich glaube zumindest, dass auch die Jungs waschen, die Kammer ist nur für ihren wunderbaren Duft bekannt…).

Ich mache es gerne so, dass ich mir eine Pütz in die Dusche stelle. Die fülle ich mit warmem Wasser und Waschmittel. Bevor ich die Klamotten da reinpacke, mache ich erst einmal alles nass, da sonst das ganze Wasser aus der Pütz gleich wieder aufgesogen wird. Dann schmeiße ich die Sachen nacheinander in die Pütz, aber immer so wenig Teile, dass ich es noch gut durchkneten kann. Nachdem ich das Gefühl habe, es ist sauber genug, da die Wäsche so sauber, wie mit der Maschine nicht wird (Das ist einfach so.), wasche ich daraufhin alles nochmal mit Klarwasser durch. Das Auswringen wird dann nochmal spannend. Denn dafür habe ich einen wirklich guten Trick gelernt. Die Sachen um irgendetwas stabiles Legen, z.B. der Griff vom Schott, Haltegriffe o.ä. Daran kann man beim Auswringen viel mehr Kraft aufbringen. Dann natürlich noch aufhängen. Auch das ist hier manchmal interessant. Im Trockenschrank geht das noch. Wobei da der Trick ist, dünne Sachen, wie z.B. T-Shirts, übereinander zu legen, denn sonst hat man schnell ein Platzproblem. An der Reling herrscht eigentlich immer Wäscheklammermangel. Eigentlich braucht man die eigentlich nur für Socken, einige Handtücher und Elefantenhäute. Wobei auch sogar das im Notfall anders geht. Durch alles was Löcher hat, kann man gut eine Wurfleine oder einen Zeiser durchziehen und dann irgendwo festknoten. Handtücher kann man gleich mit einem Knoten befestigen.

Die Bordwäsche kocht Noah regelmäßig abends in der Kombüse aus. Das läuft aber nicht wirklich anders als die restliche Handwäsche. Da das Wasser deutlich heißer ist, nimmt er dann unseren größten Kochlöffel. Zum Glück hatten wir mehrere, weil bereits einer durchgebrochen ist. Aber hey, wo gehobelt wird, da fallen Späne. Also genießt den Luxus der Waschmaschine.
Liebe Grüße, Lana

Das Hier und Jetzt

Datum: 9. April 2021
Position: 37°01,0’N, 033°09,8’W
Wetter: Gewitter, Wind 4 Bft.
von Frederick

Nun sitze ich hier mit meinem viel zu süßen Tee in der Messe und schreibe meinen letzten Blog-Beitrag. Es ist kalt und nass. Gestern war es noch schön. Was nicht so schön war, war die Deutscharbeit. Nach dem Friederike mit uns „gechillt“ eine Doku über einen kubanischen Friseur (eigentliches Thema war Devise oder Bildung) angeschaut hat, machte Stefan jetzt ernst. Wir mussten von 14 bis 16:00 Uhr eine Charakterisierung über Figuren aus dem Roman Tschick schreiben (Bitte stellen Sie sich jetzt dramatische Musik vor). Zusätzlich wurde die Uhr von 13:00 Uhr auf 14:00 Uhr vorgestellt und wir hatten keine Mittagspause, um uns auszuruhen oder für die Arbeit zu lernen. Nun schrieben wir verzweifelt die Arbeit bei schlimmstem Wellengang (Vorsicht: Übertreibungen, wobei das ist noch untertrieben, es ist einfach nur überdramatisch und damit ist nicht der Wellengang, sondern der Text von Fredo gemeint. Anmerkung von Koko). Zur Belohnung bekamen wir von der Backschaft – bestehend aus Jasmin, Lara und Timana – tolle Muffins, gefüllt mit Nussnougatcreme. Am nächsten Tag gab es ein Gewitter und wir hatten Wache von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr. Falls es bis hier noch nicht klar ist, wir wurden nass. Während der Wache bargen wir unter der Leitung von Emil den Klüver.

So, jetzt, da ich so über die letzten Tage berichtet habe, befinden wir uns wieder im Hier und Jetzt. Das Jetzt zieht so schnell vorbei, dass das letzte Wort, was du gelesen hast schon Vergangenheit ist und das nächste noch Zukunft. Es ist ein so unbeschreiblich kurzer Moment in dem wir physisch leben. Doch geistig passiert es allzu oft, dass wir in der Vergangenheit schweben und über längst vergangene, schöne oder schlechte Momente nachdenken. Sie erscheinen besonders hier auf dem Schiff ganz kurz, wenn man viel Zeit zum Nachdenken hat. Dann wird versucht, sie solange wie möglich zu halten und zu hoffen, man könnte sie nochmals erleben. Es gibt auch Menschen, die leben viel in der Zukunft und warten vergeblich darauf, dass etwas Erwünschtes passiert. Doch beides ist sehr gefährlich, da man häufig dabei schöne Momente im Hier und jetzt verpasst. Man ärgert sich nur all zu oft darüber, dass man einen Moment verpasst hat oder die Zeit zu schnell vergeht. Das liegt häufig daran, dass der Moment nicht gelebt wurde, da man sich geistig woanders befand.

Ich denke nicht ohne Grund über so etwas nach, denn seit gestern hat der letzte Monat begonnen. Es fühlt sich auf der einen Seite so an, als wäre alles erst eine Woche her. Besonders, da wir wieder wie in der Biskaya in kälteren Gewässern sind. Auf der anderen Seite fühlt es sich wie Jahre an, da wir an so vielen verschiedenen Orten waren, die so unterschiedlich sind. Ein halbes Jahr, das muss man sich Mal auf der Zunge zergehen lassen. Die sieben Monate fühlten sich so unendlich an und jetzt ist es nur noch einer. Wir haben in ein paar Tagen schon Horta erreicht. Ich weiß noch, wie krass es sich angefühlt hat, als wir kurz davor waren, den Atlantik das erste Mal Richtung Karibik zu überqueren. Es war ein so komisches Gefühl, von allem so weit entfernt zu sein. Die Zeit auf See hat auch dabei geholfen, eine Auszeit von Corona zu nehmen und mit so vielen Leuten ohne Maske und Abstand etwas zu unternehmen. Deswegen wirkte es jedes Mal wie eine andere Welt, als wir an unseren Zielen ankamen und die Menschen wieder mit Corona kämpfen mussten. Ich wünsche allen ein schönes Wochenende und ich hoffe, ihr habt besseres Wetter als wir!
Fredo

P.S.:
Ich grüße meine Familie und Freunde. Ich freue mich schon, euch wieder zu sehen!
Hannes grüßt seine Familie und freut sich auf ein Wiedersehen in 29 Tagen!