Hände weg vom Steuer!

Datum: 10. Februar 2021
Position: 22°07,6’N, 080°27.4’W (auf Reede vor Cienfuegos)
Wetter: bewölkt, heiß
von Selma

Es sind nun vier Monate der Reise vorbei. Drei ungewisse und aufregende liegen noch vor uns. Mit der schnell vergehenden Zeit, wird einem langsam klar, dass mit Beendigung der Zeit auf Kuba die Heimreise angetreten wird. Es geht Richtung Osten! „Es sind noch 3 Monate, da kann noch so viel passieren. Denk doch nicht schon über die Heimreise nach!“ Gleichzeitig sind es aber auch nur noch 87 Tage und wir wissen alle, die Zeit versegelt am schnellsten, wenn es am schönsten ist.

Nicht mal 12 Stunden nach der Vollendung von Fredos Blog-Eintrag haben wir gestern vor Cienfuegos geankert. Das Manöver war gegen halb sechs und wurde somit von der B-Wache gefahren. Da lag ich bereits wieder in meiner Koje und hörte es nur ein paar Mal ordentlich ruckeln. Vorher war ich noch die entspannteste 0-4 Wache gegangen, die ich je hatte. Wir waren so nah an Land, dass uns Großwetter erspart blieb und Ausguck gehen wurde uns vom Brückendach gestattet. Von dort aus hatten wir einen traumhaften Blick auf die Sterne und das nächtliche Kuba. Besonders groß ragte der uns allen bekannte „Große Wagen“ am Himmelszelt hervor, den wir hier aber verkehrt herum sehen, was mich anfangs schon ziemlich irritiert hatte. Natürlich war unser Blick aber nicht nach oben, sondern nach vorne gerichtet, um Tom, unserem Steuermann, Lichter wie Leuchttürme oder Fahrzeuge zu melden.

Und es wurde noch besser: Jonne und Caspar brachten uns warmen Kakao nach oben, den wir hinten am Ruderstand schlürften. „It was a vibe!“ In jener Nacht war es so „kalt“, dass wir sogar in Hoodies und Jogginghosen froren. Um euch zu schocken: Es hatte um die 24°C. In Deutschland laufe ich bei solchen Temperaturen in T-Shirt und kurzer Hose herum. Wenn man sich einmal an tropische Temperaturen gewöhnt hat, wird einem eben auch leicht kalt, sobald die Sonne „hasta luego“ sagt und still und leise hinter´m Horizont verschwindet. Vor uns erstreckte sich leuchtend und blinkend Kuba. Genau die Insel, auf die ich mich die ganze Reise lang so gefreut hatte. Es vergingen Monate voller Hoffen und Bangen. Lässt Corona es zu, dass wir Kuba überhaupt anpeilen werden können? Als in Grenada die Routenplanung vorgenommen wurde, war ich schon erstaunt, dass wir tatsächlich nach Kuba aufbrechen werden. Tage und Nächte vergingen und ohne dass man es merkte, wurde die Meilenzahl immer kleiner. Plötzlich waren es nur noch 500 sm, dann 100 und mit einem Mal ragte wie aus dem Nichts grünes Festland aus dem Nebel heraus und die ersten brüllten: „SCHLAND IN SICHT!“. Voller Erwartungen, was diese Insel für uns so alles zu bieten hat, fuhren wir in die Nacht hinein. Am Ende unserer Wache waren wir nur noch 5 sm von Cienfuegos entfernt.

Da der Kapitän angeordnet hatte, erst nach Sonnenaufgang in die Bucht zu fahren, schalteten wir die Maschine aus und trieben so dahin. „Hände weg vom Steuer!“, hieß es dann. So übergaben wir um 4:00 die Wache ohne Kompasskurs und berichteten der aufziehenden Wache, dass erstmal kein*e Rudergänger*in gebraucht wird. Glücklich fielen Anabelchen, Anselminsky (Johanni fehlte wegen Backschaft ?) und ich in unsere warmen Kojen und freuten uns mal so richtig auszuschlafen und erst um 12:00 für das Mittagessen aufzustehen.

Tja… falsch gedacht! Morgenstund´ hat Fieberthermometer im Mund! Um 09:00 wurden wir aus den Kojen geholt. Es hieß wir sollten unsere Temperatur von kubanischen Ärzten messen lassen, die dafür extra per Motorboot an Bord kamen. Im Anschluss stand dann wieder unser Lieblingsritual an: der PCR-Test. Mittlerweile ist das aber so zur Routine geworden, dass es sich nicht mehr so schlimm anfühlt, wie damals auf Barbados. Und außerdem erwartete uns an Land noch eine positive Überraschung und wenn ich positiv schreibe, meine ich nicht den Corona-Test. Sondern es war Nathalie, die uns hinter einer Absperrung zuwinkte. Was mehr wie eine Filmszene wirkte, war leider wahr. Wir durften nur auf Distanz durch einen Zaun mit ihr reden. Aber, dass wir sie wiedertrafen, war „mit Abstand“ das schönste an diesem Tag. Jetzt müssen nur noch unsere Testergebnisse negativ sein, dann kann sie uns endlich an Bord besuchen kommen.

Nach dem Mittagessen, das wir alle 36 im Gewächshaus eingenommen hatten, erreichte uns eine weniger erfreuliche Nachricht. Fritzi kündigte eine Mathearbeit an, die nacheinander erst von Steuerbord und anschließend von Backbord geschrieben wurde. Die Gruppe, die gerade nicht in der Sauna (alias Messe) die Klausur schrieb, musste das Deck schrubben. Meine Gruppe war für´s Vorschiff verantwortlich und was passiert, wenn man mir den Wasserschlauch überlässt? Nicht nur das Deck wird ordentlich nass, sondern auch alle anderen die zu ihrem Unglück danebenstanden, das Beiboot und die Kombüse. Johannes kam hochgesprintet und teil, dass ich gerade dabei sei, die Kombüse zu fluten. Wir hatten vergessen der Backschaft Bescheid zu geben, die Kombüsenluke zu schließen. Upsii! Shit happens! Die restliche Zeit bis zur Prüfung hustelten wir noch Mathe und dann ging es auch für uns in die Höhle des (Party-) Löwens Fritzi Schu (sound effect: tam tam tam). Um ja keine Vor- oder Nachteile zu haben, verließ die Steuerbordgruppe über die achternen Niedergänge den Tatort, während die Backborder am Vorschiff auf das Signal von Fritzi warteten, über den Pumakäfig in die Messe zu gelangen. Da sich die Luft in der Messe ordentlich staute, war es trotz offener Bulleyes unerträglich schwül und ich kam mir vor wie in einem Gewächshaus. Um uns die 70 Minuten angenehmer zu machen, fächelte Fritzi uns mit einem Pappkarton frische Luft zu. Diese kühle Brise – wenn auch nur für eine Momentaufnahme – war göttlich. Was ein Luxus ala Fritzi Schu!

Nach dem Abendessen wurden auf dem Vorschiff wieder Whiteboard und Beamer aufgebaut und sich mit Kissen und Schlafsäcken gemütlich gemacht. Alle, die Interesse hatten, konnten nochmal die ersten 3 Teile der Kuba-Doku schauen. Der Regen prasselte auf die Sonnensegel und alle quetschten sich unter die Plane, um noch halbwegs trocken zu bleiben. Das Kinoflair war gelungen!

Heute früh hatten wir dann ganz normal einen Unterrichtstag vor Anker. In Spanisch übten wir nochmal typische Floskeln zur ersten Kommunikation in Kuba und übten diese in Zweiergruppen. Danach hatten wir PoWi bei Raphael, wo wir unsere in den letzten Tagen und Wochen vorbereiteten Vorträge final vorstellen konnten. Jede Gruppe bestehend aus 3 Personen hatte sich zu ihrem Thema Wissen angeeignet und überlegt, wie sie es dem Rest möglichst in einer kreativen Form beibringen konnte. So gestaltete eine Gruppe zum Thema „Bundespräsident“ eine Präsentation mit einer selbstgezeichneten Karikatur, wieder eine andere hatte einen selbstaufgenommenen Podcast über den „Bundestag“ für uns vorbereitet.

In der Mittagspause versteckten sich alle vor der Hitze. Ob unter den beliebten Sonnensegeln, dem „Kühlschrank“, wie die 4er Jungs-Kammer von Hippo und Julius genannt wird oder dem schön gekühlten Pumakäfig, sich sonnen wollte keine*r. Komisch, nicht wahr?! Von Merle und Jan weiß ich aber, dass Mondlicht zum Sonnen völlig ausreicht. „Man muss ja Prioritäten setzen!“ Ansonsten lässt sich nur noch „VIVA CUBA LIBRE“ sagen und macht´s gut!
Eure Selmo…

…die sich für die flachen Witze in diesem Blog entschuldigt, aber nach so vielen Tagesberichten gehen einem auch irgendwann die Ideen aus… 😉

P.S.: Falls ihr euch übrigens Wissen rund um Kuba aneignen wollt oder dieses erweitern möchtet, empfehle ich euch Fredos Blog vom 09.02.2021 oder die Dokus „Geheimes Kuba“ von ZDF Info.

Grüße:
Selmo grüßt ihre Familie und freut sich schon auf´s telefonieren! Ganz besonders Nukipuki: „Du fehlst mir sehr, schwesterherzl.“
Robert grüßt die Familie Eichmann-Prusch und wünscht Melodie nochmal alles Gute zum Geburtstag /Außerdem grüße ich Naschi und wünsche ihm auch nochmal alles Gute zum Geburtstag!!!
Jasmin grüßt Die ganze Schwiebusser 42!! Wir sind wunderbar auf Kuba angekommen und ich bin sehr gespannt, was uns hier so alles erwartet?? ich hoffe der Winter in Berlin ist schön. Liebe Grüße auch nochmal an Ingo Ebert und Danke fürs Kontaktvermitteln??
Apfelsine grüßt Gewürzgurke: „Freu mich auf alle Updates von dir und vermisse dich mucho<3!!“
Fredo grüßt seine Familie. An Mama:“ Ich freue mich, dass es geklappt hat mit Gran Canaria, die Fotos konnte ich leider nicht laden. An Papi:“ Danke, dass du das mit dem Praktikum organisiert hast. An Kathi:“ Such du aus wie es aussehen soll, ich konnte das Foto nicht laden“.
Vali wünscht Julia alles gute nachträglich!!!! „Ich hoffe du hast schön gefeiert Süße ?? (trotz Corona yk..) Oh und ich freu mich mega mal wieder was von dir zu hören ich glaub da gibt es einiges nachzuholen“
So dann gibt´s da aber noch ein paar mehr die ich grüßen muss:
Ich grüße Franzi meine Sicherheitsfrau, Elsbeth meine Elsbeth, Lettiii wir müssen wieder Horrorfilme schauen, Maja I am still searching your sugar daddy, Laura Mausi, Johanna wie ist Physik so ohne mich, Kekemek Eslem, Isaaaaabeeellaaaa, Ilke die Milkte hahahahah Spaß Spaß, Jule geht’s du immer noch gerne in die Schule ach nee stimmt online schooling, Lea Bauer von dir hab ich auch ewig nichts mehr gehört und zur guter Letzt Sara ich sag dir hier ist es so heiß wie in der Sahara hahahah
Anabel grüßt ihre Eltern, „Ich hoffe die beiden Chaoten zuhause sind nicht zu anstrengend! Hab euch lieb!“ und ihre Großeltern, „Ich vermisse euch und hoffe, dass ihr trotz Corona nicht zu viel Langeweile habt. Aber ihr könnt ja den Blog hier lesen ??. Hab euch lieb!“ und an die beiden Chaoten zuhause, „Brennt das Haus nicht ab!“