Wir haben den Passat gefunden!

Datum : 22. November 2019
Position : 25°58,2′ N; 019°44,0′ W
Etmal : 77 sm
Wetter : Wind N 4 Bft, Bewölkung 2/8, Druck, 1020, Luft 25°C
von Christian und Isa (Stammcrew)

Liebe Leute an Land, heute war ein herrlicher Tag! Für uns beide und den Rest der Wache 2 begann er im Dunkeln, morgens um halb vier. Eine halbe Stunde später übernahmen wir unsere Roald fast unter Vollzeug. Die ersten Stunden verliefen recht geruhsam: Wir sahen ein paar Sternschnuppen, hörten etwas über Segeltheorie, sorgten mit Zeisern an Schäkeln für noch ruhigeren Schlaf der Freiwachen und übten „voll und bei“-Segeln im Dunkeln. Gegen sechs Uhr wurde aus „voll und bei“ um ein Haar „voll vorbei“, denn eine kleine Front mit Nieselregen kam durch. Der Wind drehte und wir bargen den Flieger. Als der Wind wieder abflaute, blieb die Roald kurz stehen, als hielte sie nochmal mit schlappenden Segeln inne. Durch Umbrassen des Vortopps brachten wir das Schiff auf den richtigen Bug. Noch standen wir in der Flaute und Conni strahlte, als der Wind von WNW nach NNO dreht. In der Nachbesprechung des Manövers wies sie auf den Winddreher an der Front: Wir waren im Passat angekommen! Der Wind, der uns in den nächsten Wochen nach Martinique bringen soll!

Es ist schwer möglich, euch, die ihr leider nicht dabei gewesen seid, zu beschreiben, wie sich das anfühlt, plötzlich im Passat zu sein, und wenn danach noch die Sonne aufgeht (ganz zu schweigen von den unbeschreiblich langen, trägen, flachen Wellen des Atlantiks), hat das wirklich etwas sehr Erhabenes. Es macht einen ziemlich glücklich! Damit noch nicht genug der Ereignisse: Der Ausguck erspähte kurz vor Wachwechsel eine treibende Boje an Backbord. Wir drehten kurzerhand bei, setzten das Dinghi aus und brachten die Boje an Bord. Es handelte sich um Reste eines Fischernetzes, die sich wohl irgendwo losgerissen hatten. Daniela war völlig aus dem Häuschen, weil sie darin Krebse und Entenmuscheln für ihren Biologieunterricht fand. Nach dem durch und durch gelungenen (!) Mittagessen (Quiche mit wahlweise Lachs/Spinat oder Gemüse/Feta) stand Schiffserhalt an. Die es laut lieben, klopften achtern Rost, und Freunde der Stille erneuerten Webeleinen im Rigg.

Unbedingt möchten wir unseren tüchtigen Bootsmann Karlo erwähnen. Wir haben jetzt einen manuellen Öko-Geschirrspüler an Bord. Um unser Trinkwasser zu sparen, spülen wir das Geschirr an Backbord in einer roten Kiste auf Arbeitshöhe vor. Erst danach kommt der übliche Abwasch in der Kombüse. Funktioniert wirklich prima! Wir genießen noch einen Augenblick die Ruhe an Deck, während die Schüler*innen in der Messe eine Versammlung abhalten und beenden diese Tagesmeldung mit den besten Grüßen, die man in kurzen Hosen ausrichten kann. Wir haben wirklich sehr angenehme Temperaturen hier. Bis bald!!
Christian und Isa (Wache 2)

Grüße:
Christian und Isa grüßen alle Leser*innen und besonders die daheimgebliebene Stammcrew!
Isa grüßt Johanna, Jörg, Lisa, Ebse, Jörn, Laura, Hanni, Sascha und Lennart, Dieter und Tobias!
Christian grüßt Karo, Stefan, beide Eikes, JB und Anja.
Piraten Jenny, Conni, Verena und Christoph grüßen unseren Kommodore in Holtenau und auch ganz besonders unsere Krake und Uli. Vielen Dank!
Verena grüßt ihren kleinen Bruder: Alles Gute zum Geburtstag mein Lieber!
Conni grüßt die Familie in Wolfsburg, Ulf und Tina sowie Heike und Frank in Polchow ,
Alle grüßen den Smut! Danke für deine Anleitung, die Schüler*innen rocken die Kombüse!!!!

Versteckt im Kettenkasten

Datum: 7. November 2019
Position: Porto Santo, 33°03,6′ N, 016°18,9′ W
Etmal: 53 nm
Wetter: Luft 21°C, 1027 hpa, Wind NNW, 4 Bft., Bed. 1/8
von Chris

Moin, ich bin`s, Chris, Toppsi aus der Wache 1! Ich habe mich im Kettenkasten versteckt und schreibe nun heimlich diese Nachricht an euch, liebe Eltern der HSHS-Schüler. Ich schreibe extra leise, damit es keiner bemerkt, aber es gibt Dinge, die mal gesagt werden dürfen. Es fällt mir echt schwer und ich weiß auch nicht, ob ich mich anschließend noch an Deck zurück trauen kann, doch es ist mir sehr wichtig mal Klartext zu reden. Natürlich kann das nicht jeder gut verkraften und daher bitte ich euch, euch hinzusetzen, damit ihr von der nächsten Böe nicht umgehauen werdet. Fester Stand, eine Hand für Dich und eine fürs Schiff… oder so ähnlich.

SCHRITTE… Ich mache eine kurze Pause… bin gleich zurück …
Okay, alles gut gegangen. Es war nur der Bootsmann, der seine tägliche Portion Labsal abholen wollte.

Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, mal Klartext reden! Nun sind wir schon über einen Monat unterwegs, haben Strapazen aller Art gemeinsam durchgestanden, wie früh aufstehen, Kammer aufräumen, zeitig ins Bett gehen, Toilette putzen, andere ausreden lassen und den Tisch decken! Das hat natürlich Spuren bei den Kids hinterlassen, ja förmlich gezeichnet wurden sie von diesen widrigen Umständen bzw. gewünschten Verhaltensmuster! Aus reiner Rücksicht euch gegenüber möchte ich hier auf Bilder verzichten, aber vielleicht gelingt es mir ja dies mit ein paar Worten zu beschreiben: es gibt Zeichen des Lächelns, vielleicht sogar Lachens in den Gesichtern, es erfreuen sich alle großer Beweglichkeit und Tatendrang. Nur mit viel Mühe können wir ausgelassene Hüpfbewegungen unterbinden und müssen aufpassen, dass die Schüler nicht bald das Schiff übernehmen! Natürlich haben wir das selbst erzeugt! Wir förderten die Selbstständigkeit, vermittelten, was es bedeutet Verantwortung zu übernehmen, erzählten ihnen was von Navigation und sie bekamen immer wieder Raum, um eigene Vorschläge einzubringen und eine Umsetzung derer mitzugestalten. Möglich machten das besonders die Lehrer*innen, welche wohl akzentuiert ihre begleitende Führungsrolle einsetzen und für die Kids einen wahnsinnigen Spagat zwischen Coach, Lehrer, Stammcrew, Trainee, Instandhalter, Kummerkasten und Mensch hinlegten.

Naja, nun haben wir den Salat! … und das nach so kurzer Zeit! Da ist das bisschen Welle, Schwell, Wind der Stärke 7 und 4 Stunden Dauerregen in der 0-4 Wache echt nicht der Rede wert. Das machen die Kids mit links! Und es hat wirklich heftig geschaukelt. Eine Krängung bis 35° wurde einfach nur belächelt. Kleine Seemänner und -frauen, die wir da begleiten dürfen.

Ich habe nicht mehr viel Zeit! Das nächste All-Hands wird ausgerufen und ich darf mich kurz fassen: Es erfüllt uns mit großen Stolz, Demut und Dankbarkeit eine so tolle Gruppe auf einem ihrer wichtigsten Lebensabschnitte begleiten zu dürfen. Es macht Spaß, jeden einzelnen an seinen Aufgaben wachsen zu sehen und wahrzunehmen, wie sich die ganze Crew entwickelt! So, jetzt wird`s aber Zeit! Es klopft am Luk! Schnell noch die Meldung raus…
Es grüßt Chris aus der Wache 1

Natürlich dürfen auch die Grüße von mir nicht fehlen! Danke an alle, die mir die Reise ermöglicht haben und mich in Gedanken begleiten!
Mike grüßt Vera, Jac Kri, Ole und alle Camp-III-er.