Gedanken aus dem Bus

Datum: 2. März 2019
Position: Kuba
Etmal: –
Temperatur: sehr warm
von Myriam

Wir sitzen im Bus, der von unserem freundlichen, irgendwie verspielten Busfahrer gefahren wird und lauschen der Stimme unserer herzlichen Reiseführerin Lazara de Monte. Schon seit einiger Zeit nun begleiten uns beide und fährt uns unser Bus über diese vom Sozialismus geprägte Insel. Er ist definitiv einer der modernsten Fortbewegungsmittel für Touristen hier. Seine Erscheinung ist groß, weiß und an der Seite verziert den Bus mit blauen und grünen, wie Eyelinerstrichen geschwungenen Linien, der Name der Reisegesellschaft. Innen zwei Zweierreihen mit bequemen Lehnen, verstellbaren Polstersitzen, einer Toilette und vielen Wasserflaschen für uns. Unter den Sitzen gibt es sogar Auflademöglichkeiten für unsere Handys. All diesen Luxus genießen wir auf unserer Reise im Bus und bekommen hierbei nicht viel von den Transportgewohnheiten der Einheimischen mit. Aber da wir eine große Gruppe sind, wäre es vermutlich auch nicht einfach, uns an Orte zu bringen, die weniger touristisch sind. Nur wenn wir in kleineren Grüppchen alleine unterwegs sind, wenn wir nicht an den ganzen Touristenattraktionen anhalten, entdecken wir ein wenig das wahre Kuba.

In Havanna fahren wir für umgerechnet unter 0,40 € mit dem gut genutzten öffentlichen Bus in die Altstadt, was ein Erlebnis für sich ist. Wir kaufen uns beim Markt um die Ecke des Hotels unser Mittagessen und das für genauso wenig Geld wie für die Busfahrt. Bei unseren Erkundungstouren erleben wir ein wenig das wahrhaftige Kuba. Heute sind einige von uns am Abend zu Copelia, einer beliebten Eisdiele gegangen. Menschen stehen dort ewig Schlange, um in den Laden gelassen zu werden. Im Takt geht es rein, die Besucher setzten sich an die Tische und jeder bekommt Eis für umgerechnet 4 Cent pro Kugel. Sie essen auf, gehen und machen so Platz für die nächste Menschentraube. Wir haben irgendwann aufgegeben, da wir nicht vor Ladenschluss reingekommen wären. Trotzdem war die Stimmung gut und es hat Spaß gemacht, zu warten. Eine Gemeinschaft von wartenden Menschen, die sich unterhalten, Musikhören, Spaß haben. Zwischendrin kamen sogar Nussverkäufer, um uns die Wartezeit zu versüßen.

Wenn wir im Bus sitzen, sehe ich aus dem Fenster. Ich sehe Zuckerrohr-, Mais- und Tabakfelder vorbeiziehen. Wir kommen an Dörfern mit wunderschönen, farbenfrohen und mit Säulen geschmückten Häusern vorbei. Und an Schlangen vor Läden, in denen es günstig Essen gibt. Und natürlich immer und immer wieder an Autos aus gefühlt längst vergangenen Zeiten und an Pferden, die Menschen in einer Art Kutsche transportieren. An WLAN-Hotspots sitzen viele Leute an ihren Handys. Verkäufer laufen herum und verkaufen Erdnüsse, Popcorn und natürlich ETECSA-Karten, die man hier braucht, um sich in das öffentliche Internet einzuloggen.

Rachel, eine Schülerin der Partnerschule aus Pinar del Rio, mit der ich nun über WhatsApp in Kontakt stehe, hat mir von den nervigen Umständen erzählt. Es gibt theoretisch eine Art „Kuba-Flat“, aber sie ist nicht günstiger als sich für 1 CUC – dies entspricht dem Geld, was ein Kubaner pro Tag durchschnittlich verdient – eine Stunde Internet zu kaufen. Rachel findet das mühsam, da man immer gucken muss, wieviel Zeit einem noch verbleibt und man dann plötzlich einfach „weg vom Fenster“ ist.

Andererseits hat dieses System auch seine Vorteile: Immerhin gibt man sich nicht ständig der Internetberieselung, wie wir sie aus Deutschland kennen, hin und verbringt nicht so viel Freizeit in sozialen Medien und dadurch vielleicht mehr Zeit mit Freunden im echten Leben. Und wenn man denn einmal im Internet ist, dann konzentriert man sich vermutlich auf das, was wichtig und notwendig ist. Und das kennt ihr ja bestimmt auch: Es ist herrlich, übers Handy Nachrichten austauschen zu können, aber weniger ist manchmal mehr und um so häufiger man manchmal das Handy liegenlässt, umso mehr kann man manchmal das Leben genießen und entspannen.
Pura Vida Kuba,
Myriam