Der Passatwind, das himmlische Kind

Datum: 4. Januar 2019
Position: 09°32,9’ N, 078° 57,1’ W (San Blas, Panama)
Etmal: 1.078 sm (seit True Blue Bay, Grenada)
Wetter: Luft 30°C, 1011,5 hPa, Wind NNE 4 Bft.
von Robert (Steuermann)

Liebe Freunde der Seefahrt! Heute morgen hat die Johann Smidt, nach ihrer sechstägigen Überfahrt von der True Blue Bay auf Grenada, hier vor der Insel Wichub Wala im San Blas Archipel ihren Anker ausgeworfen. Die kommenden Tage wollen wir nun, als Gäste der hier einheimischen Kuna-Indianer, durch diese wundervolle und einmalige Inselwelt vor der Karibik-Küste Panamas kreuzen. Aber, habt ihr einmal auf die Wetterangaben oben geschaut, was für eine unglaubliche Hitze hier herrscht? Stellt euch vor: 30°C rund um die Uhr, dazu den ganzen Tag über glühende Sonne, und das Anfang Januar. Was sind wir froh, dass hier immer ein stetiger Wind geht! Der Passatwind, das himmlische Kind, der uns hier so angenehm erfrischt, weht, seit die Erde sich dreht. Von ihm will ich euch heute erzählen.

Wie wir alle aus der Bibel wissen, begann die christliche Seefahrt schon im Alten Testament, nämlich mit Noah, der mit seiner Arche in Gottes Auftrag unterwegs war, um die Menschen und Tiere vor der Sintflut zu retten. Das ist wirklich sehr sehr lange her! Aber schon damals schnuffelten die Kamele auf seiner Arche vergnügt und haben sich gefreut, als er nach langer Flaute in den Kalmen am Äquator den Passatwind zu fassen kriegte und es wieder voran ging. Mensch, am Äquator soll Noah gewesen sein? Ja, wo der sich überall rumgetrieben hat mit seinem alten Kahn! Ganz so weit südlich führt uns unsere Reise zwar nicht, aber auch wir freuen uns, dass wir den Pumakäfig im Bug der Johann Smidt nach den langen Tagen auf See mal wieder so richtig durchlüften können!

Auch Kolumbus mit seiner Santa Maria und den beiden Schwesterschiffen Nina und Pinta erreichte im Jahre des Herrn 1492 die neue Welt nur mit Gottes Segen und den Passatwinden. Wer von beiden ihm dabei mehr behilflich war, darüber streiten sich noch heute die Gelehrten. Spätestens seit Kolumbus’ Zeiten jedoch überqueren Segelschiffe vom stetigen Passatwind getrieben von den Kanarischen Inseln aus kommend den Atlantik mit Kurs Karibik. Vom weiter nördlich herrschenden Golfstrom lassen sie sich dann wieder zurück begleiten nach Europa.

Nun, den Passatwind verdanken wir der Kraft der Sonne. Am Äquator, wo sie uns senkrecht auf den Kopf scheint, erwärmt sie die Luft. Da aber warme Luft leichter als kalte ist, steigt sie nach oben, ganz so wie sie das jetzt bei euch zu Hause im kalten Deutschland über dem heißen Bullerofen tut. Vom Norden, vom Pol, wo es einfach immer eisig ist, strömt nun kalte Luft nach. Dieser Luftstrom wird auf seinem Weg nach Süden durch die Drehung des Erdballs abgelenkt, so dass er schließlich aus Nordosten kommt. Wer’s nicht glaubt, der möge doch noch einmal sein gutes altes Physik-Buch vom Speicher holen und die Coriolis-Kraft studieren. So entsteht jedenfalls der Nordost-Passat. Auf der Südhalbkugel ist es genau so: Der kalte Wind aus der Antarktis wird auf seinem Weg vom Südpol zum Äquator abgelenkt, er heißt dann Südost-Passat.

So folgen wir auf unserer großen Seereise mit der Johann Smidt dieser uralten, durch den Passatwind vorgezeichneten Spur. Und, nachdem was wir nun von den alten Seefahrern Noah und Kolumbus gehört haben, segeln wir nicht in schlechter Gesellschaft!
Robert (Steuermann)