Das geheime Reich des Maschinisten

Neue Fotos… !!

Datum: 19. Dezember 2017
Position: 14°36,1’N, 061°3,6’W
Etmal: 9 NM
Wetter: Wasser 28°C, Luft 29°C, Windstärke 4
von Theo B.

Hallo an Übersee, die Atlantiküberquerung ist überstanden und der Anleger ist sehr gut verlaufen. Wir hatten zwar heftigen Regen, aber das macht uns Schwerwetterseglern nach so langer Zeit auf See nichts mehr aus. Das Anlegemanöver wurde unter Maschine gefahren, aber jetzt, da wir fest sind, ist es im Maschinenraum ruhig. Wenn ihr wollt könnt ihr einmal mit mir kommen! In den Maschinenraum darf man nur mit einer Genehmigung des Maschinisten, da überall heiße Rohre und bewegliche Teile sind und man sich bei ein wenig Seegang schon mal schnell den Kopf anhauen kann, aber wenn man freundlich fragt, bekommt man diese fast immer. Also kommt, folgt mir einfach den Niedergang hinunter: Zuerst vorbei an einer großen roten Flasche, der MX200 Feuerlöschanlage, die im Notfall den ganzen Maschinenraum mit Gas flutet, um Feuer zu löschen, ohne alles zu zerstören. Und vorbei an dem Tagestank, in dem der Diesel für die Generatoren zwischengespeichert wird. Er ist ganz oben an der Decke befestigt und wird immer mal wieder, also alle zwei vielleicht auch alle drei Tage, mit Hilfe einer Pumpe mit Diesel aus dem Haupttank nachgefüllt. Vom Tagestank aus kann der Diesel mit Hilfe der Schwerkraft nach unten zu den Verbrauchern laufen und es muss nicht immer eine Pumpe bewegt werden. Alleine die Generatoren verbrauchen übrigens in den elf Stunden, die sie am Tag immer laufen, 40 bis 50 Liter Diesel. Das entspricht der Tankfüllung eines Kleinwagens. Eine Treppe tiefer, auf der ersten Ebene des Raumes, ist eine Werkbank mit vielen Schubladen voll Werkzeug, außerdem Schaltschränke mit Sicherungen und Schalter für die Generatoren sowie Verlängerungskabel und Lampen aufgehängt an Haken hinter der Werkbank.

Wenn man die Treppe weiter nach unten geht, steht man im Hauptraum und fast direkt vor „Emma“, der Hauptmaschine der Roald, die uns mit ihren 8 Zylindern und 300 PS fast überall dort hinbringt, wo nach einer Flaute wieder Wind weht. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Familienkombi hat 60 PS und 4 Zylinder. Dahinter sind auch schon „Paul und Willi“ oder „Max und Moritz“, die Namen variieren je nach Maschinist, und auf der anderen Seite von „Emma“ steht „Oscar“. Das sind unsere drei Dieselgeneratoren, die mit insgesamt 140 Kilowattstunden-Leistung (von diesen hat „Oscar“ 60 KWh und „Max“ sowie „Moritz“ je 40 KWh) den Strom, der hier an Bord doch recht oft gebraucht wird, erzeugen. Da der große grüne Zylinder ist „Hulk“, unser Bilgenwasserentöler. Die Bilge ist eine Rinne ganz unten im Maschinenraum, in der sich zum Großteil Kondenswasser sammelt, sowie Tropfwasser vom Stopfbuchsen. Dieses Wasser läuft durch „Hulk“, wird dort entölt und dann kommt es zurück ins Meer. Wenn man von der Treppe nach links abbiegt, kommt man zu „RosieOsmosie“ der Osmoseanlage des Schiffes, die aus Seewasser Trinkwasser macht. Wir bekommen also täglich neues Wasser, aber da „Rosie“ nur 70 Liter pro Stunde macht und nur höchstens 10 Stunden pro Tag laufen kann, und das nicht immer tut, müssen wir trotzdem sparen.

Durchschnittlich verbrauchen wir übrigens 1200 Liter und bekommen von der Osmoseanlage 560 Liter dazu. Das heißt, dass von unseren ursprünglichen 22000 Litern Tankvolumen jeden Tag 640 Liter verbraucht werden. Wir könnten also 35 Tage auf See sein und hätten am Ende sogar noch ein wenig Wasser übrig. So ausgereizt wurde die Roald aber noch nie. Weiter hinten in den Ecken befinden sich kleine orange Kästen, das sind „Blitz und Donner“, die Kompressoren, die das Typhon, also die Schiffshupe, mit Druckluft versorgen und die Anlassluft für „Emma“ erzeugen. Die Maschine braucht das für Starten und umsteuern. Diese Luft von „Blitz und Donner“ wird in zwei dicken gelben Flaschen gelagert. Wenn man von der Treppe nach rechts abbiegt und ganz nach hinten durchgeht, kommt man zum Fahrstand und kurz dahinter zu den Öltanks. Am Fahrstand steht der Maschinist während eines Manövers und stellt die Drehzahl der Maschine ein. So beeinflusst er die Geschwindigkeit der Schraube und dadurch die des Schiffes.

Die Roald hat übrigens keine Kupplung, deshalb muss die Maschine zum Umsteuern, also zum Wechseln zwischen vorwärts und rückwärts, komplett stillstehen. Dann müssen die Zylinder mit der Luft von „Blitz und Donner“ durch verschieben der Nockenwelle in eine andere Position gebracht werden und erst dann können wir in die andere Richtung fahren. Das haben wir beim Anleger sogar ziemlich oft machen müssen, da wir rückwärst eingeparkt sind. So langsam wird es hier unten aber doch warm und da ihr nun alles gesehen habt, schlage ich vor, dass wir wieder nach oben gehen und die Sonne von Martinique bei einer kühlen Cola aus dem Konsum genießen.
Theo B.

 


22. Dezember
Neue Fotogalerie (Nr.6)…!!!
„Über den Atlantik“

 


Der Atlantik ist geschafft…!!! Anlegemöver der Roald Amundsen auf Martinique (Klick für GROSS)

Es geht ruhig los

Datum: 14. Oktober 2017
Position: 54° 22,1’N, 010° 08,3’E
Etmal: 0,5 NM
Wetter: Wasser 15°C, Luft 18°C, Windstärke 4
Name des Verfassers: Theo

Der 14.10.2017 nochmal aus Theos Sicht…
Hallo an Land, heute ist unser Abschiedstag. Als alle um 7:00 Uhr geweckt wurden, war ich schon seit 75 Minuten auf den Beinen: Backschaft, das heisst in der Kombüse helfen, Tisch decken – aber grösstenteils abwaschen. Nach dem Frühstück versammelten sich schon die ersten Eltern am Tiessenkai, wir aber durften noch nicht von Bord, da um 11:30h die Abschiedsreden begannen, die tatsächlich kürzer ausfielen als erwartet. Als alle Redner gesprochen hatten, durften wir noch einmal für 20 Minuten von Bord, um uns von unseren Verwandten und Freunden zu verabschieden. Als das Typhon (die Schiffshupe) ertönte, begaben wir uns alle wieder an Bord mit der Erwartung, dass wir von unseren Eltern in 10 Minuten nicht mehr allzu viel sehen würden.

Doch falsch gedacht. Denn der Kanallotse kommt erst, wenn die Schleuse auch wirklich frei ist. Das wusste aber keiner von uns, also haben wir alle Mann noch einmal 20 Minuten an Deck gestanden und gewartet. Alle wollten los oder zumindest wissen, ob man noch einmal an Land gehen könne, aber da der Lotse über Funk nur gesagt hatte, er komme gleich, konnte die Stammcrew nicht riskieren, dass alle von uns an Land sind und zu lange zurück aufs Schiff brauchen und womöglich noch unseren Schleusenplatz verlieren. Die sind nämlich heissbegehrt am NOK, dem Nord-Ostsee-Kanal. Schliesslich kam der Lotse dann auch mit dem gefühlt grössten Lotsenboot, was aufzutreiben war, und wurde mit Applaus an Bord der Roald begrüßt. Als es dann endlich richtig losging, haben natürlich alle gewunken und sogar der Regen, der uns den ganzen Morgen Gesellschaft geleistet hatte, lies kurz nach.

Das Ablegemanöver war schnell geschafft, und wir nahmen Kurs auf die erste Schleuse. Ich war schon längst wieder in der Kombüse, als wir in der Schleuse festmachten. Durch das achterlichste Fenster – das Fenster, was am weitesten am hinteren Ende des Schiffes liegt – konnte ich die Schiffe sehen, die mit uns geschleust wurden. Im Vergleich zu diesen wirkte unsere „40 Meter-Roald“ doch recht klein. Als alle Weinenden sich wieder beruhigt hatten, haben wir erst einmal unseren Proviant weiter gestaut. Das ist eine der mühseligsten Arbeiten an Bord, wenn man bedenkt, dass wir unter anderem 265 Gläser Nutella oder 200 Kilo Kartoffeln seefest verstauen mussten. Der Rest des Tages verlief ruhig. Eine Kanalfahrt ist ja auch nicht so anspruchsvoll für die Crew. Nur der Lotse musste die ganze Zeit konzentriert sein. Die ganze Zeit heisst: Trotz Wechsel in der Mitte des NOK circa 6 Stunden fahren, ausweichen, anhalten und weiterfahren.

Als wir am Abend in Brunsbüttel angekommen sind, hat es Lukas auf einem der „Festmacher-Dalben“ so gut gefallen, dass er gleich gesagt hat, er möchte da einziehen. Da wir im Kanal an „Bahnhofsdalben“ lagen, haben wir die Wache in zwei „Zwei-Stunden-Schichten“ geteilt, die jeweils von einem Mitglied des Stamms sowie zwei Vertretern der Schülercrew gegangen wurden. Abschließend kann man zum Tag sagen: Der Abschied fiel uns wohl allen schwer, aber wenn man daran denkt, was uns bevor steht, ist das wohl zu verkraften.
Theo B.

P.S.:
1. Trixi sendet Grüsse an alle an Land.
2. Andy schickt Grüsse an zwei Kartoffel-Wale am Ammersee.