Landaufenthalt in Cherbourg

Datum: 21. Oktober 2017
Position: 49° 39,2 N, 001° 37,6 W
Etmal: 0 NM
Wetter: Wasser 16°C, Luft 14°C, Wind 6 Bft.
von Milena

Hallo an alle, bonjour à tous…. Heute Morgen durften wir bis 08:30 Uhr ausschlafen. Beim „All-Hands“ an Deck gab es zunächst ein paar Informationen zum weiteren Tagesablauf. Um 10:30 Uhr wurden wir dann von unserem Fahrer Jürgen per Dinghi nach Cherbourg ans Festland gebracht. Da es sehr windig war, zogen wir alle brav unser Ölzeug an, damit wir nicht zu nass am Festland ankommen. Da wir pünktlich um 12:30 Uhr wieder an der Pier zur Stelle sein sollten, mussten wir uns flott auf die Socken machen. Ich war in einer Landganggruppe mit Carlotta und Isabelle. Weil wir uns in unserem Ölzeug dann eigentlich ganz cool fanden, ließen wir es beim „Flanieren“ durch die Innenstadt und Geschäfte einfach an. Die Leute schauten uns an als kämen wir vom Mond, was daran gelegen haben könnte, dass wir vielleicht wirklich ein wenig so aussahen.

Da wir uns am Abend zuvor eine Einkaufsliste geschrieben hatten, wussten wir genau, was wir brauchten. Wir haben alles geschafft, doch wir hatten nur 2 Stunden Zeit für eine Liste, die gefühlt mehrere Kilometer lang war, und wir keinen Plan hatten, wo genau in der Stadt wir uns befanden und wo sich die entsprechenden Geschäfte befinden. Unser Motto: „Einfach drauf los“. Wir fanden dann doch einigermaßen gut ein Einkaufscenter, in dem wir dann Prioritäten setzten mussten. Wehleidig gingen wir an allen Shoppingmöglichkeiten vorbei und blieben bei unserem Kurs auf den Carrefour (ein französischer Supermarkt für alles). Ohne Plan rannten wir von Regal zu Regal, um unsere Besorgungen zu erledigen, wie zum Beispiel Shampoo und andere diverse alltägliche Dinge. Nicht weil wir es vergessen haben einzupacken, sondern weil wir alle nach der ersten Woche merkten, dass 7 Monate doch ganz schön lang sind, und ein Shampoo vielleicht doch nicht ausreichend ist. Nachdem wir den größten Teil der Liste abgearbeitet hatten, machten wir noch ein wenig „sight seeing“ – bis wir einen Bäcker fanden… Dort kamen wir dann in den typisch französischen Genuss von Macarons und Eclairs. Wir hatten uns bei unseren Einkäufen so beeilt, dass wir noch genug Zeit hatten, um entspannt zurück zur Pier zu gehen. Zurück auf dem Schiff hatte die Backschaft für uns alle Nudeln und Curry gekocht. Nach einer kleinen Mittagspause wurden wir noch einmal mit ein paar alltäglichen Dingen bezüglich der Regeln des sozialen Lebens an Bord vertraut gemacht. Danach gab es dann schon einmal eine kleine Schnupperstunde in Verenas Erdkundeunterricht, der uns dann im „regulären“ Unterrichtsbetrieb nach Teneriffa erwarten wird. Morgen dürfen wir uns auf einen neuen tollen Tag in Cherbourg freuen und auf einen gemeinsamen Museumsbesuch mit der ganzen Bordgemeinschaft (Schüler, Lehrer und Schiffsstammcrew).
Milena

P.S.:
1. Trixi sendet viele Grüße an den großen Bruder.
2. Andy grüßt seine Mama.


Hier noch ein Nachtrag zum 19.10.:
19.10.2017 – Sturmnacht (von Annika)

Der Himmel ist dunkel, kein Stern weit und breit – eine schwarze Nacht. Bis auf eine lange Lichterkette an backbord – ein 400 m langer Frachter, der so breit ist wie wir lang sind – ist kaum etwas zu sehen. Ich stehe am Mastgarten des Großtopps, gesichert am Strecktau, und verfolge gebannt das andauernde Naturschauspiel. Nieselregen benetzt mein Gesicht und spült das Salz aus meinem Ölzeug. Der Wind saust mit 8 bis 9 Windstärken übers Meer und durch unser Rigg, ein lautes Dauerdröhnen. Der Bug der Roald stampft in den rauschenden Wellenbergen beständig auf und nieder. Manchmal klingt das Landen auf den Wellen wie ein lautes Krachen. Im Schein der Positionslichter sieht man, wie das aufgespritzte Wasser über die Bordwand kommt. Die teilweise meterhohen Wasserwolken verteilen ihren salzigen Sprühregen übers Deck. Meine Lippen schmecken salzig. Strahlende Augen, ein breites Grinsen, tiefgreifende Freude und Faszination durchströmen mich. Ich fühle mich lebendig und dankbar. Beeindruckende Naturgewalten und wir mittendrin, sicher auf unserem Schiff.

Auf der Brücke hinter mir sitzt der Rest der Wache. Ich höre fröhliches Stimmengewirr. Trotz des Seegangs und Regens geht es dem Großteil heute sehr gut. Den meisten sind wohl schon Seebeine gewachsen. Sie feilen an einem Lied für den Wachwechsel zur Melodie von „Alle Jahre wieder“. Heute Morgen um 4 Uhr hatte uns schon die Wache 1 mit einem Ständchen zur Wachübergabe begrüßt. Das könnte eine schöne Tradition werden. Währenddessen steuern uns die verschiedenen Rudergänger und unsere Steuerfrau hochkonzentriert und kompetent durch das Unwetter. Unser Ziel ist der Hafen von Cherbourg, wo wir die vorhergesagten schwereren Unwetter sicher abwarten wollen.

Natur, Schiff, Menschen – genau wegen solcher Momente bin ich hier.
Annika