Unsere Eltern sind aufgeregter als wir

Datum: 11. April 2016
Position: 37°44,1 N, 025°40,1 W
Etmal: 0 NM
Wetter: Wasser 15°C, Luft 14°C, Wind 4 Bft.
von Melinda

…und wieder neigt sich ein Landaufenthalt dem Ende zu. Für die meisten von uns der letzte Aufenthalt mit Handys, da wir unsere Handys auf freiwilliger Basis nach den Azoren abgeben werden (für die Handyboje in der Biskaya werden diese natürlich einmalig für eine kurze SMS nach Hause ausgeteilt). Jetzt stell‘ ich mir schockierte Elterngesichter stumpf in den Laptopbildschirm blickend vor! Ja, jetzt könnt ihr eure Kinder für einen ganzen Monat nicht sprechen! Frechheit…. Aber sind wir doch mal ehrlich… wir lieben alle unsere Eltern und freuen uns total auf zu Hause, aber auch uns bleiben die ein oder anderen Dinge nicht vorenthalten, für die unsere Eltern in unserer Abwesenheit das Internet genutzt haben! Tägliche E-mails mit dem Inhalt: es sind noch 34 Tage, es sind noch 33 Tage, es sind noch…etc. Ich freue mich sehr darüber, dass ihr wisst, wann wir ankommen, aber das weiß, glaube ich, jeder. Jetzt sind es noch übrigens…keine Ahnung wie viele Tage! Zudem gibt es Eltern, die uns schon in Rendsburg in Empfang nehmen wollen und von der Brücke im NO-Kanal vor haben zu winken! Wir kommen nicht ohne Grund in KIEL an, oder? Oder vielleicht begrüßt man uns doch mit einer Reihe Eltern, die auf ihren T-Shirts „H-E-R-Z-L-I-C-H W-I-L-L-K-O-M-M-E-N!“ gedruckt haben. Wenn es dann mal zu einer Koordinatenverwechslung kommt, denken manche Eltern ernsthaft, dass wir im Himalaya sind… so schnell sind wir mit der Roald jetzt auch wieder nicht, meine Lieben! Auch bis in die Karibik nach Kuba haben uns die Eltern begleitet mit 9kg-Paketen! 9 verdammte Kilo?! Naja, eins muss man euch lassen: Kreativität altert nicht! 🙂

Ein ganz großer Tipp für alle Eltern da draußen, die sich Gedanken über unsere Ankunft, unsere Entwicklung und unsere Geschichten und Erlebnisse machen: Wir waren jetzt 7 Monate auf See und machen uns keine Gedanken darüber, wie wir in Kiel aussehen werden, was wir anhaben werden, was wir essen werden [Naja, zumindest das Essen an Tag 1 ist hier schon ein häufiges Gesprächsthema, Anm.]. Wir lassen diesen Tag einfach auf uns zukommen! Auch diese Fragen: Wann GENAU kommen die Schüler in Kiel an? Wann dürfen unsere Kinder von Bord? Sollen alle gemeinsam noch was essen? Wisst ihr was? Wir konnten noch nie auf die Minute genau sagen, wann wir in einem Hafen einlaufen werden und das wird sich bis zu unserem Anlegen am 8. Mai in Kiel auch nicht ändern. Aber ich hoffe die Sonne wird scheinen, damit ihr beim Warten keine kalten Füße bekommt. Wir freuen uns alle riesig auf den 8. Mai und auf unsere Familien, Freunde und Verwandten, aber ihr könnt nichts von uns erwarten. Ihr könnt keine Jugendlichen erwarten, die immer noch dieselben wie vor 7 Monaten sind oder Jugendliche, die diese Reise bis auf das kleinste Detail mit euch teilen möchten. Ich weiß, dass viele Eltern ein Teil dieser Reise sein möchten, weil sie stolz auf ihre Kinder sind, aber ich weiß auch, wie enttäuscht wir wären, wenn Eltern schon in Rendsburg antanzen würden. Wir wollen jetzt noch die letzten dreieinhalb Wochen miteinander genießen und dann habt ihr uns endlich wieder.

Aber bitte lasst uns jetzt noch diese letzten Wochen für uns haben und uns am 8. Mai in Kiel, wie es vorgesehen ist, ankommen! Wir brauchen diese Zeit für uns! Damit ihr auf dem neusten Stand seid: Heute hatten wir Crewwechsel und Patrick hat uns verlassen. Er war einer der Kapitäne, die uns mit am meisten nochmal für die letzten Meter mitgegeben hat. Danke! Zudem müssen wir uns von Verena verabschieden und somit auch von der besten Schwarzwälder Kirschtorte der Welt! Tschüss Georg, Katha, Johannes, Helmi und Marion! Danke für den tollen Törn! Wir hoffen natürlich, dass der nächste Törn mit der neuen Stammcrew genauso toll wird.
Melli

Grüße: Ich grüße ganz herzlich meine Tante Margarete und den bestimmt schon groß gewordenen Alexander, Onkel Peter und Onkel Hanne und natürlich auch meine 2 Lieblingscousinen Linnea und Louisa, Krisztina und Jutta Oma und Onkel Hanne! Nochmal alle Gute nachträglich Ganz viele Grüße auch nach Kronberg an Juliana <3 Es war schön wieder mit dir zu telefonieren 🙂
Trixi grüßt alle an Land!
Ole: Ich grüße ganz ganz herzlich meinen Bruder und wünsche ihm alles alles Gute zur Konfirmation. Hab leider die Wochentage vergessen. Hoffe, du hattest eine schöne Feier. erzähl mir in Kiel, wie es war 🙂

Ein ganz normaler Tag im April

Datum: 1. April 2016
Position: 36°23,8’N, 045°06,6’W
Etmal: 116 nm
Wetter: Wasser 18°C, Luft 22°C, Wind 3 Bft.
von Melinda

Glücklicherweise hatten wir heute volle Wachen. Normalerweise gibt es dann immer viel zu bereden. Statt einer Stunde Ruder und einer Stunde Ausguck pro Person gibt es nur noch 20 Minuten pro Person, allerdings gibt es eben auch nicht nur drei, sondern gleich 8 andere Schüler*innen, mit denen allerlei zu bereden ist. Heute gab es aber außerordentlich viel zu tun. Wir, die 0-4 Wache, setzten alle Segel bis auf die Royals und die Brigg und das in nur zehn Minuten inklusive auspacken und brassen.

Es war das Ziel nach langem Kampf und großer Jagd. Halb zwei morgens. Voll in Ölzeug bekleidet und mit Bommelmütze getarnt. Ich gehe mit Übermut den Niedergang runter, enttäuscht wurde ich in der Kombüse, doch als ich in das Marmeladenfach schaute wurde ich angelächelt. Plötzlich steht Stella vor mir und fängt an zu lachen. Mist jetzt muss ich mein Essen teilen. Beide hatten wir in fünf Minuten Abstand unserem Toppsi erzählt, dass wir uns eben nur ein Brot holen würden. Doch jetzt erhielt die Vorstellung eines Brotes eine neue Dimension. Wir fischten den heiligen Apfel-Birnen-Bananen Mark aus dem Fach, fingen gerade an, ihn in uns hineinzuspachteln, als plötzlich der Wal wieder auftauchte. Jetzt wussten wir, womit wir es zu tun hatten, deswegen war er heute gekommen. Stella und ich schauten uns an, packten unsere Schälchen und schlichen den Gang runter. Ohne Ziel, bis sich plötzlich die Dosenlast in unser Blickfeld schob. In Windeseile schraubten wir die Verschlüsse auf und verschwanden unter der Klappe. Durch diesen Eingang würde unser großer, ehrfurchterregender Verfolger es nicht schaffen. Wir waren in Sicherheit und vor uns eröffnete sich noch ein viel größeres Glück. Eine ganze Kiste voll mit Apfelmus. Aber jetzt war es zu spät. Mein allbeliebter Magen meldete sich wieder. Aber im weiteren Kampf gegen eine Apfelmusübelkeit war der Wal uns überlegen…

Heute gab es zu Kaffee und Kuchen Schoko-Haferflockenkekse. Hier das Rezept, denn Nachbacken ist empfehlenswert:

3/4 Tasse weiche Butter
3/4 Tasse braunen Zucker
1/2 Tasse weißen Zucker
1 Ei
2 EL Wasser
2 EL Vanilleextrakt
3/4 Tasse Mehl
1 EL Zimt
3/4 EL Backpulver
3 Tassen Haferflocken
1 1/2 Tassen (am besten Zartbitter-) Schokoladenstückchen
Ergibt etwa 30 Stück.

Den Backofen auf 180° vorheizen und ein Backblech mit Backpapier auslegen. Butter, Zucker Ei, Wasser und Vanille schaumig schlagen, dann den Rest der Reihe nach dazu. Die Masse mit 2 Esslöffeln aufs Backblech geben, dabei nicht zu flach verteilen, sie laufen beim Backen noch auseinander. Etwa 15 Minuten in den Ofen und fertig!

Bei der Wachübergabe wurden wir erst einmal durch Ruhestörung aufgeweckt. Die 8-12 Wache hat einen Chor gebildet! Aufgestellt in verschiedenen Stimmen – oder war es doch die Wachaufstellung?! Auf jeden Fall war ich dann wach. Gute Nacht

Für mich als 4-8ler verlief der Tag sehr unspektakulär, da ich einen riesigen Aufstand um den 1. April erwartet hätte. Klarsichtfolien auf den Toiletten, an den Türen der Lehrer, Salz und Pfeffer vertauschen, Unterwäsche hissen? Nein, ein ganz normaler Wachtag ohne jegliche Aufregungen. Ich glaube ich bin die einzige, die an dem heutigen Tag auf die Schulter genommen wurde. Beim Deckspulen: „Melli, zieh mal die Bordwand ab, aber bitte gründlich, das ganze Salz muss weg!“ Ich natürlich stell“ mich mit dem Abzieher an die Bordwand und ziehe ab. Dumm bin ich mir schon vorgekommen, aber auf die Idee gekommen, dass das totaler Schwachsinn ist, bin ich auch nicht. Nach meiner brillanten Aktion wurde ich dann mit schallendem Gelächter meiner Mitwächter empfangen! Danke Jorge und Anton, der unlustigste und einzige Aprilscherz an diesem Tage. Ah doch nicht der einzige… Vitus, Robo und Robin haben sich ganz originell die Hälfte ihres Bartes abrasiert. Jetzt sehen alle 10 Jahre jünger aus, insbesondere Vitus 🙂 Alle Ereignisse haben sich genau so zugetragen wie hier beschrieben. Tag der Skeptiker, nicht Scherztag, wäre passender.
Melinda & Die Wache 0-4

Grüße: KP grüßt seine Sippe.
Stella grüßt ihre Suppe 😉
Johannes auch. Sehr lecker.
Melli grüßt die Bordwand